Bottrop. Von 1919 bis 1922 waren in der jungen Großstadt Bottrop Polizisten städtische Beamte. Dann verstaatlichte Preußen die Polizei im Vest.
Im Oktober feiert das Polizeipräsidium Recklinghausen sein 100-jähriges Bestehen: Am 1. Oktober 1922 machte Preußen auch aus Bottroper Polizisten Staatsbeamte. So lief das damals ab.
Staatliche Polizei gab es im alten Preußen in der Rheinprovinz zunächst nur in Köln und Aachen seit 1816 und 1818. Mit dem Aufblühen der Montanindustrie im Ruhrgebiet explodierten die Bevölkerungszahlen im Ruhegebiet, auch durch die Anwerbung oberschlesischer Gastarbeiter ab 1880. Im Jahr 1910 stellten Polen in Bottrop rund ein Drittel der Bevölkerung, 1919 holte die „Polenliste“ bei der Gemeinderatswahl die zweitmeisten Sitze, berichtet der Bottroper Heimatforscher Josef Bucksteeg in seinem Werk „Wie eine Pflanze in fremder Erde: Zur Geschichte der oberschlesischen Polen in Bottrop.“ Und er beschreibt, wie viel problematischer als heute bekannt das Zusammenleben in „Klein-Warschau“ war, wie Bottrop damals genannt wurde.
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Überall im Ruhrgebiet häuften sich mit der Bevölkerungsexplosion soziale Konflikte und Kriminalität. Der preußische Staat reagierte darauf mit dem Aufbau staatlicher Polizeistrukturen. 1909 bekamen die Landräte von Bochum und Gelsenkirchen Polizeiaufgaben übertragen, für Essen und Oberhausen entstand eine Polizeidirektion im damals neu errichteten Präsidium. „Hiermit stand der Kern des Ruhrgebietes unter staatlicher Polizeikontrolle“, fasst Josef Litta in seinem Aufsatz „Die staatliche Polizeiverwaltung in Recklinghausen 1922 bis 1945“ zusammen.
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Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Sicherheitslage im Ruhrgebiet ab März 1920 zu einem Alptraum für die Reichsregierung: Kapp-Putsch, Ruhrkrieg, Arbeiter- und Soldatenräte gegen Freikorps, Generalstreiks, Massenerschießungen. 1920 beschloss das preußische Innenministerium, in Städten der Rheinprovinz und in Westfalen „die Sicherheitspolizei staatlichen Beamten zu übertragen“. Zwei Jahre später folgte die Ausführungsbestimmung für die „neuen staatlichen Polizeiverwaltungen“. Sie wurden unter anderem errichtet in Witten, Oberhausen, Mülheim und Wuppertal. Beschlossen wurde dabei auch die Gründung des Polizeipräsidiums Recklinghausen „mit den Polizeiämtern Buer, Gladbeck und Bottrop“. Es folgten Präsidien in Dortmund (1923), Bochum-Gelsenkirchen (1925), Duisburg und Hamm (1927).
Bottrops Polizei: Neuaufstellung am 1. Oktober 1922
Zum 1. Oktober 1922 wurde die Polizei im Vest und in Bottrop neu aufgestellt und verstaatlicht. Bottrop bekam die Polizeiinspektion IV der Schutzpolizei mit den Revieren Eigen (Gladbecker Straße 291), Boy (Horster Straße 410), Innenstadt (Rathaus mit Zweigstelle in der „Ebelkolonie“) und Osterfeld bis zur Eingemeindung nach Oberhausen. Das Revier Boy zog wenige Jahre später an die Kraneburgstraße. Die Bottroper Kriminalinspektion bestand aus den Kommissariaten Gladbeck, Boy, Eigen und Stadtmitte.
Die Zuständigkeiten der neuen Behörde definierte das Innenministerium damals so: „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung… einschließlich des Nachtwachdienstes … sowie die Festsetzung der Polizeistunde“. Die „politische Polizei“ überwachte Presse, Vereine und Versammlungen. Die „Fremdenpolizei“ übernahm für die Stadt Bottrop das Pass- und Meldewesen. Neben der Verkehrspolizei und der „Gewerbepolizei“ gab es die Kriminalpolizei. Es liest sich heute hübsch, was das Ministerium seinerzeit formulierte: Neben der Verhütung und der Verfolgung von Straftaten gebe es die „mit der Kriminalpolizei untrennbar verbundenen sittenpolizeilichen Aufgaben, namentlich die Überwachung des Kost- und Quartiergängerwesens und der Konkubinate“. Meint: Prostitution.
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Ach ja, und dann gab es noch die Feuerpolizei, die sich um explosive Stoffe kümmerte. Zusatz des Innenministeriums: „Die Feuerlöschpolizei verbleibt den Gemeinden.“ Und darum feiert auch die Bottroper Berufsfeuerwehr in diesem Jahr 100-jähriges Bestehen - als städtische Einrichtung. Doch das ist eine andere Geschichte.