Bottrop. Früher gab es After-Work-Partys bis in die Nacht, jetzt nur Kaffee bis 19 Uhr: Warum das Bottroper Corretto auf der Gastromeile früher schließt.

„Beschämend“, „echt unfassbar“, „was für ein Schwachsinn“ – die Stimmung kochte hoch, als das Corretto vor wenigen Tagen bei Facebook kommunizierte, dass es künftig nur noch bis 19 Uhr öffnen dürfe. Keine After-Work-Partys mehr, keine Live-Fußball-Übertragungen bis in den späten Abend in dem Lokal auf der Gastromeile. Grund sei die „ausdrückliche Anordnung“ des Vermieters, dazu der Hinweis, dass diese nicht mit einer Reduzierung der Miete einhergehe. Das Gebäude gehört Oliver Helmke, gegen den sich im sozialen Netzwerk viel Ärger richtet. Doch die rechtliche Sachlage ist eine andere.

Als das Corretto 2013 an den Start geht, ist es baurechtlich bei der Stadt als Café angemeldet – mit Öffnungszeiten von 10 bis 19 Uhr. Unter diesen Konditionen, mit einer Zulassung als Tagescafé, hat auch Ilhan Durdu vor vier Jahren das Lokal auf der Gladbecker Straße übernommen, erklärt Stadtsprecher Andreas Pläsken. Es habe also nie eine Genehmigung gegeben, länger zu öffnen.

Corretto in Bottrop: Keine Baugenehmigung für längere Öffnungszeiten

2019 hat Oliver Helmke dann einen Bauantrag gestellt, so Pläsken, um bis 3 Uhr morgens öffnen zu dürfen. Helmke und Durdu hatten sich von Beginn an darauf verständigt, dass sie an längeren Öffnungszeiten interessiert sind; das bestätigen beide.

Die Stadt habe den Antrag geprüft und sei zu der Einschätzung gekommen, dass das unter Lärmschutzaspekten nicht machbar sei. Hinzu kam: Das Corretto warb damals auf Facebook und Instagram bereits für Partys mit „Open End“, obwohl sie dafür keine Genehmigung hatten. Das kam bei der Bauaufsicht nicht gut an.

Dann begann die Corona-Zeit, der Antrag wurde nicht erneuert, aber auch nicht abgelehnt von der Stadt, er sei einfach ausgelaufen. Eine Genehmigung, bis nach 19 Uhr zu öffnen, hatte Durdu also zu dem Zeitpunkt nicht. Er öffnete aber immer wieder bis in den späten Abend und die Nacht hinein.

Stadt Bottrop überprüfte Gastronomien während Corona mit Augenmaß

„Wir haben in der Corona-Zeit die Gastronomie mit Augenmaß überprüft“, sagt Andreas Pläsken mit Blick auf die schweren Bedingungen, unter denen Gastronomen arbeiten mussten. Man habe nach dem Prinzip „Wo kein Kläger, da kein Richter“ gehandelt, die längere Öffnungszeit also geduldet und ein Auge zugedrückt. Schließlich aber hätten sich aber die Beschwerden von Anwohnern wegen Ruhestörungen gehäuft, sowohl beim Kommunalen Ordnungsdienst als auch bei der Polizei.

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Also sei die Stadt auf Oliver Helmke als Besitzer zugegangen und habe ihn aufgefordert zu handeln. Das hat er nun getan. „Er ist damit nur einer städtischen Reaktion zuvorgekommen“, sagt Andreas Pläsken und betont, dass sich die Stadt hinter Oliver Helmke stelle.

Der wiederum will sich im Detail nicht zu der Sache äußern, „da ich damit meinem Mieter schaden würde und das möchte ich nicht, auch wenn ich sehr enttäuscht bin“. Allgemein sei es so, dass die Gastromeile nur gemeinsam und miteinander weiter in eine positive Richtung entwickeln könne. „Dazu gehört auch, dass man sich gegenseitig unterstützt.“

Corretto-Betreiber: „Wirtschaftlich ist das ein großer Schaden“

Ilhan Durdu hingegen sieht sich in seiner Existenz bedroht. „Wirtschaftlich ist das für uns ein großer Schaden, die Situation ist für mich extrem bedrohlich.“ Er könne nicht verstehen, warum die Lokale um ihn herum bis in die Nacht geöffnet sein dürfen, er aber um 19 Uhr schließen muss. Und warum es jahrelang geduldet worden ist, dass er länger öffnet, sich das aber jetzt plötzlich ändert. „Es ist nicht fair, dass eigentlich jeder in der Stadt länger öffnen darf.“

Corretto-Betreiber Ilhan Durdu: „Wirtschaftlich ist das ein großer Schaden.“
Corretto-Betreiber Ilhan Durdu: „Wirtschaftlich ist das ein großer Schaden.“ © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Er habe sich darauf verlassen, dass Oliver Helmke sich um die Erlaubnis, bis in die Nacht ausschenken zu dürfen, kümmert. „Ja, ich fände es auch sinnvoll, wenn das Corretto länger geöffnet ist“, sagt Helmke. „Aber nur, wenn es ordentlich geführt wird.“