Bottrop. Nur noch eine Bahnlinie hält in der Boy. Und jetzt lassen auch die Verkehrsplaner den Haltepunkt im Wortsinn links liegen.

Das Lied ist alt. Eine neue Bahnstrecke wird gebaut, und sofort fordern Gemeinden am Streckenrand: Wir brauchen einen Bahnhof. In der Boy haben sie das lange vergeblich gefordert, bis an der 1901 eröffneten Strecke Hamm – Osterfeld 1925 der Bahnhof Boy gebaut wurde.

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In den letzten Jahren hat dieser Haltepunkt massiv an Bedeutung verloren. Der RE 44 hält hier nicht mehr auf seinem neuen Weg von Bottrop über Oberhausen und Duisburg nach Moers. Die S 9 mit ihrem ausgedünnten Fahrplan hält hier nur noch alle halbe Stunde in jede Richtung. Das hat einen einfachen Grund:

Die Barrierefreiheit am Bahnhof Bottrop-Boy

170 Meter lang mit einer Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern und durch einen Aufzug statt Treppen erreichbar sollen die Bahnsteige nach der Modernisierung sein.
170 Meter lang mit einer Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern und durch einen Aufzug statt Treppen erreichbar sollen die Bahnsteige nach der Modernisierung sein. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die ist nämlich schlicht nicht vorhanden, zwei Treppen führen hinunter zu den Gleisen. Mit dem Fahrrad ist der Auf- und Abstieg gerade noch zu schultern, mit Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen ohne viel fremde Hilfe völlig unmöglich. Seit Jahrzehnten fordert die Politik dort einen Aufzug. Seit Jahrzehnten heißt es bei der Bahn, der sei „in Planung“.

Was heißt das konkret? „Der Bahnhof Bottrop-Boy wird zukünftig barrierefrei modernisiert“, antwortet ein Bahnsprecher auf WAZ-Anfrage. „Von der Straßenüberführung soll zukünftig ein neuer Aufzug den barrierefreien Zugang zum Bahnsteig ermöglichen.“ Und wenn die Bahn schon mal dabei ist, gibt es neue Schilder, Wartehäuschen, Sitzbänke und Vitrinen. Soweit gut. Aber jetzt kommt’s: „Aktuell befindet sich die Modernisierung noch in einer frühen Planungsphase. Ein konkreter Bauzeitraum kann daher noch nicht genannt werden.“ Logische Folge für:

Das Umsteigen am Bahnhof Bottrop-Boy

Das bleibt also bis auf Weiteres beschwerlich und begrenzt auf zwei Buslinien (260, 265). Radstellplätze gibt es nicht, Park & Ride auch nicht. Zwar wollen die Verkehrsplaner von Stadt und Verkehrsverbund ein Netz von „Mobilstationen“ aufbauen, um mehr Verkehrsteilnehmer zum Umsteigen auf Bus und Bahn zu bewegen, und natürlich soll auch die Boy so eine Station bekommen. Aber nicht am Bahnhof, sondern am Boyer Markt 200 Meter weiter. Begründung der Planer: Dort sei „sowohl die tägliche Fahrgastzahl in etwa doppelt so hoch als auch die Anzahl der dort verkehrenden Buslinien höher“. Kein Wunder. Immerhin: Auch der Haltepunkt soll Mobilstation werden: „in einer späteren Umsetzungsstufe“. Wahrscheinlich, falls dort die Bahn endlich den Aufzug baut.

Die Aufenthaltsqualität im Bahnhof Bottrop-Boy

Ein Witz von einem Wartehäuschen: die Betonbunker auf den Boyer Bahnsteigen.
Ein Witz von einem Wartehäuschen: die Betonbunker auf den Boyer Bahnsteigen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Wie auch immer die beiden Betonbunker auf die Bahnsteige gekommen sind: Sie schützen vor Regen. Vor Wind nicht wirklich. Die Profitester des Verkehrsverbundes (VRR) urteilen im aktuellen Stationsbericht: „Verbesserungswürdig“. Um das Mindeste zu sagen.

Die Fahrgastinformation im Bahnhof Bottrop-Boy

Wie in Vonderort und Feldhausen: das Minimum. Aushangfahrplan, Laufschrift, Lautsprecher für Zugansagen. Warum auch immer die VRR-Tester das „hervorragend“ finden.

Das Gesamturteil über den Bahnhof Bottrop-Boy

„Entwicklungsbedürftig“, sagen die VRR-Tester. Nur dass diese Entwicklung nach den aktuellen Bahn-Ansagen wohl weiter auf sich warten lassen wird. Immerhin: Wenn die Modernisierung kommt, dann kommt wohl alles neu.