Bottrop. Premiere nach 102 Jahren – beim Schützenfest auf dem Eigen schießt eine Frau den Vogel ab. Warum das Königspaar zusätzlich was Besonderes ist.

Auch nach 102 Jahren kann es noch Premieren geben. Das gilt zumindest für die Eigener Schützen. Denn dort herrscht seit Sonntag eine Frau. Kathrin Jäger holt um 14.08 Uhr den Vogel von der Stange. Damit ist sie die erste Schützenkönigin des Vereins, die selbst zum Schießen angetreten ist und nicht von einem König ausgewählt wurde. Gegen zwei Männer setzte sie sich am Schießstand durch. Wobei einer der beiden kein wirklicher Konkurrent war.

Denn mit Kim Jung saß Kathrin I. schon einmal auf dem Thron der Eigener Schützen – von 2005 bis 2007. Damals hatte er den Vogel abgeschossen. Weil die beiden so viel Spaß gemeinsam hatten, folgte dann die Überlegung, das zu wiederholen. Und um die Chancen zu erhöhen, treten sie eben beide an, erklärt Kathrin Jäger im Vorfeld. Der Deal: Sollte einer erfolgreich sein, wählt er oder sie den jeweils anderen zum König oder zur Königin.

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Ein Königspaar wie schon 2005 – und doch ist diesmal alles anders

Ein Plan, der aufgeht. Am Ende zieht Kathrin I. durch das Spalier der Schützen und wählt Kim zu ihrem König. Also alles wie 2005 – und doch ganz anders. Die Königin jedenfalls ist glücklich, als nach dem Schießen die Anspannung weg ist. „Ich freue mich riesig.“ Die Entscheidung anzutreten, habe sie erst am Samstagabend getroffen. „Es war im Gespräch, da haben wir überlegt, dass es eine Option wäre, weil wir es so gern noch einmal machen wollten“, berichtet die frisch gekürte Königin von den Überlegungen im Vorfeld. Holger Möller, der dem Duo im Wettbewerb um die Krone unterliegt, gratuliert am Ende fair.

Freude nach dem erfolgreichen Schuss – Kathrin Jäger kann es anfangs gar nicht fassen.
Freude nach dem erfolgreichen Schuss – Kathrin Jäger kann es anfangs gar nicht fassen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Und auch wenn die Schützen sich über ihre neue Königin und den neuen König freuen, ein paar Frotzeleien muss sich Kim Jung dann doch anhören. Ob er denn jetzt die Königin sei, das wird er mehr als einmal gefragt. Aber das geht bei ihm zum einen Ohr rein und zum anderen raus. „Das geht schon seit gestern so“, sagt er nach dem letzten Schuss, lacht und versichert glaubhaft: „Ich freue mich wirklich. Auch, weil es für uns hier ein Novum ist, dass eine Frau den Vogel abschießt.“

Schützen in Bottrop feiern ein rauschendes Jubiläumsfest - wenn auch verspätet

Tatsächlich hat es das in der 102-jährigen Geschichte des Eigener Bürgerschützenvereins noch nicht gegeben. Immerhin feiern die Eigener an diesem Wochenende auch endlich ihr Jubiläum. Eigentlich hatten sie die große Feier schon zum 100-jährigen Bestehen geplant, doch zweimal machte Corona den Eigener Schützen einen Strich durch die Rechnung. Also feierten sie in diesem Jahr 100+2 Jahre – und es ist ein tolles Fest, freut sich der Vorsitzende Norbert Ahlmann.

„Die größte Freude war, dass die Leute hier mit lachenden Gesichtern rumgelaufen sind, alle haben gelacht und Spaß gehabt, das hat mir am besten auf dem Schützenfest gefallen“, sagt der langjährige Vorsitzende nach der langen Coronazeit. Das gelte auch insbesondere für die Party und das Konzert im Zelt an den Abenden zuvor.

Vorsitzender kündigt nach fast einem Vierteljahrhundert den Rückzug an

Für Ahlmann schließt sich mit dem (verspäteten) Jubiläumsfest auch ein Kreis. Seit 52 Jahren ist er bei den Schützen, seit 30 Jahren arbeitet er im Vorstand, 24 Jahre davon als Vorsitzender. Zur nächsten Jahreshauptversammlung will der 73-Jährige aufhören. Dass nun zum Abschluss noch einmal eine Premiere folgt und bei den Eigenern erstmals eine Königin herrscht – das freut ihn besonders. Zumal er auch persönlich jubeln darf. Beim Schießen der Trophäen ist er erfolgreich, sichert sich mit dem 200. Schuss einen der Flügel. „Das erste Mal überhaupt“ – sozusagen auch noch eine persönliche Premiere.

Die Trophäen

234 Schüsse waren nötig, um den Vogel von der Stange zu holen. Mit der 34. Königspatrone gab er nach und fiel zu Boden. Vorher hatten sich die Schützen aber schon die Trophäen gesichert.

Mit dem 18. Schuss sicherte sich Manfred Weiner die Krone. Das Jubiläumssiegel mit der 100 + 2 ging mit dem 36. Schuss an Felix Brum. Ralf Waßmuth schoss mit dem 53. Versuch das Zepter ab, beim 70. Schuss ging der Apfel an Andreas Insel. Mit dem 148. Schuss sicherte sich Ralf Brum den rechten Flügel, mit dem 200. Schuss ging der linke Flügel an Norbert Ahlmann.