Bottrop. Der Fall in Wermelskirchen zeigt die Aktualität des Themas Kindesmissbrauch. Mit „Fritz und Frida“ will der Bottroper Verein Gegenwind aufklären.
3,5 Millionen Bilder und 1,5 Millionen Videos mit Kinderpornografie, insgesamt 32 Terrabyte an Daten. Immer mehr widerliche Details des neuen Missbrauchsfalls von Wermelskirchen kommen ans Tageslicht. „Gegenwind“ kämpft seit 30 Jahren gegen den sexuellen Missbrauch an Kindern. Nun hat der Film „Fritz und Frida“ des Bottroper Vereins seine Premiere gefeiert.
Der Hauptfilm dauert knapp 15 Minuten. Inhaltlich geht es um die Aufklärung und Prävention von sexualisierter Gewalt durch digitale Medien an Kindern und Jugendlichen. Hauptdarsteller sind die Kinder Fritz und Frida. Vor vier Jahren entstand vonseiten des Vereins die Idee zu diesem Film. Zum einen, weil es keinen in dieser Form gab. Und der zweite Grund: „Weil wir in der Arbeit festgestellt haben, dass die Kinder immer mehr Nachfragen zum Thema Internet hatten“, sagt Johanna Wagner von „Gegenwind“. Gesprächsrunden dazu dauerten früher eine Viertelstunde, heute fast eine Stunde.
Professionelles Filmteam drehte in Bottrop im Sommer 2021
Mit einem professionellen Team aus Kinderdarstellern, Ton- und Kameraleuten, Drehbuchautorin Kerstin Kramer (RTL-Serie: „Alles was zählt“) und Regisseurin Anna Sowo Koenning wurde im Sommer des vergangenen Jahres in Bottrop an verschiedenen Orten gedreht.
Neben dem Hauptfilm sind drei weitere Filme mit jeweils circa zehn Minuten Länge entstanden. Davon ist einer für Kinder und Jugendliche geeignet, einer für Eltern und Erziehungsberechtigte und einer für Pädagogen. „Uns war wichtig, dass wir jeden abholen“, sagt Johanna Wagner, „weil bei der Lösung des Problems die Verantwortung je nach Situation unterschiedlich verteilt ist.“ Zum Beispiel: Eltern und Großeltern sollten wissen, was mit Kinderfotos passieren kann, wenn sie diese achtlos ins Netz stellen.
Der Film „Fritz und Frida“ ist jeden Cent wert
Circa 45.000 Euro hat der Film gekostet. „Das ist richtig viel Geld“, sagt Doris Wagner vom Vorstand des Vereins. Die WAZ hat ihn vorab gesehen. Fazit: Er ist jeden Cent wert. Jede Schule, Kita und Kindergarten aus Bottrop sollte den Verein kontaktieren und dieses Thema behandeln. Die Ausleihe ist für Bottroper Einrichtungen kostenlos.
Nur so viel sei vom Inhalt verraten: Es fängt harmlos an. Frida fotografiert ein Foto von Fritz aus einem Album ab, als er ein Baby war und Windeln trug. Aus dem anfänglichen Spaß wird schnell bitterer Ernst. Die Aufnahme landet im Internet mit schlimmen Folgen für Fritz. Frida selbst wird von einem Unbekannten in einem Spiele-Chat kontaktiert. Nach einer freundschaftlichen Plauderei bittet der Unbekannte sie, ein Foto von sich hochzuladen – im Bikini.
Viele Bottroper helfen bei der Finanzierung des Films
Ohne die finanzielle Unterstützung zahlreicher Privatpersonen aus der Stadt und lokaler Unternehmen hätte der Film nie realisiert werden können. Dafür möchte sich der Verein ausdrücklich bedanken. Öffentlich wird der Film nicht gezeigt, er wird auch nicht im Internet veröffentlicht. „Er ist inhaltlich so angelegt, dass das Thema anschließend aufgearbeitet werden muss. Der Film ist Arbeitsmaterial und kein Unterhaltungsfilm“, sagt Johanna Wagner.
Auf den Fall von Wermelskirchen angesprochen, sagt Doris Wagner, die den Verein vor 30 Jahren mitgegründet hat: „Mich macht so etwas wütend. Aber es hat uns leider nicht überrascht. Was dort passiert ist, ist das, was wir immer und jeden Tag befürchten.“ Umso wichtiger sei die Präventionsarbeit. „Wir müssen verhindern, dass so etwas passiert. Wir müssen Kinder stark und selbstbewusst machen.“
Der Verein: Gegenwind
Gegenwind ist eine Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Kontakt zum Bottroper Verein: 02041/ 20811 oder per E-Mail gegenwind-bottrop@t-online.de. Der Verein wurde 1992 gegründet.
Die telefonische Erreichbarkeit ist Montag bis Freitag von 10 bis 13 Uhr. Beratungstermine nach Vereinbarung, in der Regel innerhalb einer Woche.
Die Beratung ist kostenfrei und anonym. Mehr Infos zu Gegenwind e.V. unter www.gegenwind.org.