Bottrop. Karen Alexius-Eifert ist die erste Frau in Bottrops Stadtspitze. Im Interview spricht die Dezernentin über ihre Ziele und Frauen in der Führung.
Der Rat der Stadt hat Karen Alexius-Eifert zur Beigeordneten für Bildung und Soziales gewählt. Die 43-Jährige ist damit die erste Frau überhaupt, die in die Bottroper Stadtspitze aufrückt. In ihren Verantwortungsbereich fallen das Sozialamt, der Fachbereich Schule und Kinderbetreuung, das Jobcenter, das Referat Migration sowie das Jugendamt.
Gemeinsam mit Oberbürgermeister Bernd Tischler und den Beigeordneten Paul Ketzer, Jochen Brunnhofer und Klaus Müller gehört sie nun dem Verwaltungsvorstand an. Kurz nach ihrer Wahl spricht die neue Beigeordnete im Interview mit der Lokalredaktion über ihre neue Aufgabe, über Pläne, die sie umsetzen möchte, aber auch über Frauen in Führungspositionen.
Beigeordnete für Bildung und Soziales – ein Traumjob?
Karen Alexius-Eifert: Ja, definitiv ja. Das ist ein Dezernat, wenn ich mir eines hätte wünschen können, das ich genau so zugeschnitten hätte. Es macht einfach Sinn. Man muss nur einmal die aktuelle Situation aufgrund des Krieges in der Ukraine sehen. Es gibt beispielsweise viele Schnittstellen zwischen dem Sozialamt und dem Fachbereich Schule und Kinderbetreuung, wenn es um Kita- und Schulplätze für die ukrainischen Kinder und Jugendlichen geht. Und auch das Referat Integration spielt dabei eine große Rolle. Das Sozialamt hat die entsprechenden Daten und Kontakt zu den Menschen. Das Beispiel allein zeigt, dass in so einer Situation ein eng abgestimmtes Handeln zwischen den Ämtern des neuen Dezernats nötig ist, um für die Menschen effektiv da zu seien.
Bottrops neue Sozialdezernentin: Kommunikation zwischen Ämtern verbessern
Das betrifft aber doch sicher nicht nur die Flüchtlinge aus der Ukraine?
Nein, wir sehen in vielen Bereichen, dass wir es immer wieder mit denselben Menschen und Familien zu tun haben. Deshalb wollen wir ja Doppelstrukturen vermeiden und Kommunikation zwischen den Ämtern weiter verbessern. Und gerade beim wichtigen Thema Integration – das betrifft ja nicht nur die Flüchtlinge aus der Ukraine – wollen wir ein kommunales Integrationsmanagement, um das strukturiert anzugehen.
Aber es gibt doch keine Verpflichtung, sich beim Referat Migration vorzustellen, anders als etwa beim Sozialamt, wo es ja möglicherweise auch darum geht, Geld zum Lebensunterhalt zu bekommen.
Das ist richtig. Deshalb soll dieses Management auch Verwaltungshandeln beeinflussen. Es gibt jetzt schon ganz viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die da sehr aufmerksam sind. Und darauf kommt es an: Wir müssen erkennen, dass da jemand vor uns sitzt, der möglicherweise noch andere Probleme hat, die ich nicht lösen kann oder die nicht in meinen Verantwortungsbereich fallen. Und dann muss ich so jemanden weiter vermitteln. Dazu gehört auch das Bewusstsein der Verwaltung, dass für Menschen mit Migrationshintergrund manche Dinge problematisch sein können. Schon die Verwaltungssprache kann ein Hindernis sein.
Wie soll das vergleichsweise kleine Referat Migration das schaffen?
Wir haben da schon jetzt neun weitere Stellen geschaffen. Diese Case-Manager sollen genau für solche Fälle Ansprechpartner sein.
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„Quartiersförderung ist bislang nicht nachhaltig“
Bei Ihrer Vorstellung im Hauptausschuss haben Sie sich als große Anhängerin der Quartiersbüros zu erkennen gegeben. Nur: Die sind abhängig von Fördergeldern, wenn es wirklich gut läuft, ist die Förderperiode schon fast weder zu Ende und man muss neue Töpfe suchen, das Programm womöglich anpassen.
Das stimmt. Nachhaltig ist das, was im Bereich Quartiersförderung läuft, nicht. Aber die Kommunen fordern ja auch, dass ihnen zu diesem Zweck Gelder zur Verfügung gestellt werden und man den Kommunen auch vertraut, dass sie wissen, auf welche Art es bei ihnen sinnvoll eingesetzt wird und was, wo in der Stadt notwendig ist. Viele der aktuell bestehenden Quartiersprojekte haben ja einen sozialen Ansatz und bewirken vor Ort Positives. Der Ansatz Quartier funktioniert also.
Trotzdem unterscheiden sie sich im Moment doch recht stark in ihren Schwerpunkten – eben auch je nach Fördertopf, aus dem sie finanziert werden.
Ich würde mir auch tatsächlich wünschen, dass wir überall ein gleiches Grundrepertoire anbieten könnten, das dann in allen Quartieren vor Ort ist. Dazu sollte in jedem Quartier aber auch ein Schwerpunkt gesetzt werden können, der vom jeweiligen Raum beeinflusst wird. Da haben wir ja die Daten, welche Probleme in welchem Quartier besonders drängen oder wer auch dort wohnt. Im Bereich Altstadt, wo viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, ist es sicher sinnvoll, einen solchen Schwerpunkt zu setzen. Da haben wir mit Startklar ja auch genau so ein Projekt, das im Übrigen erfreulicherweise auch verstetigt werden konnte.
Bottroper Schullandschaft: Hauptschulzweig an der Realschule als Alternative
Sie verantworten aber auch den Bereich Schule. Mit der Hauptschule Welheim schließt die letzte weiterführende Schule im Bottroper Süden. Wird es Ersatz geben?
Beim Thema Schulstandorte sollten wir uns auch die aktuelle Datenlage anschauen. Ich bin auch nicht glücklich, dass es im Bottroper Süden keine weiterführende Schule mehr gibt. Weil so eine Schule hat auch Auswirkungen auf das Quartier. Das sind aber Entscheidungen, bei denen wir neben Daten die Eltern einbeziehen sollten. Das betrifft insbesondere die Frage, wohin Schüler nun gehen, die sonst zur Hauptschule gegangen wären. Zur Wahrheit gehört ja auch, dass aber der siebten Klasse viele Schüler die Schule besucht haben, die aus anderen Schulformen gewechselt sind.
Welche Alternativen sehen Sie da?
Ich persönlich bin ein Freund integrativer Schulen, also von Gesamt- oder Sekundarschulen. Auch, weil Kinder dort nicht komplett aus ihrem Schulumfeld gerissen werden, wenn sie in einigen Fächern nicht so gut klarkommen. Aber eine Alternative könnte auch ein Hauptschulzweig an einer Realschule sein. Aber da ist eben der Elternwille wichtig. In dieser Frage müssen wir die Eltern einbinden, deren Kinder jetzt die Grundschule besuchen.
„Es war überfällig, dass eine Frau Teil des Verwaltungsvorstandes wird“
Sie sind die erste Frau im Verwaltungsvorstand, was bedeutet das?
Zunächst einmal werden die Sitzungen diverser. Aber es ist ja auch so, dass ich mit den Beigeordneten jetzt schon lange zusammen arbeite und es da viele Kontakte gibt und die Zusammenarbeit sehr gut ist. Trotzdem wird man sich in der neuen Konstellation finden müssen und es wird sicher auch mal zu Diskussionen kommen. Die gehören für mich zu Entscheidungsprozessen aber einfach auch dazu und ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam zu guten Lösungen für diese Stadt kommen werden.
Es hat 100 Jahre gedauert, bis die Stadt so weit war.
Ich glaube man sollte da nicht die ganzen 100 Jahre betrachten, es gab Zeiten, da war die Gesellschaft noch ganz anders aufgestellt (lacht). Ich glaube aber, dass die Zeit dafür jetzt definitiv reif war. Die Tatsache, dass eine Frau Teil des Verwaltungsvorstands wird, ist überfällig gewesen – wobei selbstverständlich gilt, dass diejenige auch die richtigen persönlichen Voraussetzungen für den Job mitbringen muss, genauso wie jeder männliche Beigeordnete. Und durch meine Erfahrung sehe ich mich da gut aufgehoben.
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Ich arbeite seit 20 Jahren in der Verwaltung und es hat sich viel getan. In meinem künftigen Dezernat gibt es fast nur Amtsleiterinnen, mit einer Ausnahme, auch an anderer Stelle ist die Verwaltung auch in Führungspositionen weiblicher geworden. Wir können es uns auch gar nicht leisten, die Kolleginnen, die vielleicht zwischendurch wegen Elternzeit raus sind, links liegen zu lassen. Daher ist es auch gut, dass sich das verändert hat und weiter verändern wird. Und auch dafür werde ich eintreten.