Bottrop. Die Brandkatastrophe in Essen beschäftigt auch die Bottroper Feuerwehr. So bereitet sie sich auf mögliche brennende Fassaden vor.

Die Brandbilder aus Essen haben wohl niemanden kalt gelassen. Die Flammen schlagen am Gebäude entlang, die gesamte Fassade brennt. Noch ist unklar, was die Ursache ist, warum sich die Flammen so rasch ausbreiten konnten. Lag es am Dämmmaterial? Oder daran, dass Kunststoffe im Fassadenmaterial verarbeitet waren? Das zu klären wird die langwierige Aufgabe der Brandgutachter. Aber unabhängig davon wird sich mancher Mieter und mancher Hausbesitzer in Bottrop fragen, ob es zu solchen Bränden auch hier kommen kann.

Weil die Umstände in Essen noch nicht geklärt sind, kann man das so genau nicht vorhersagen. Allerdings sei auch die Bottroper Feuerwehr schon seit längerem auf Fassadenbrände vorbereitet, sagt Christoph Lang, der zuständige Abteilungsleiter für den vorbeugenden Brandschutz. Es habe in Bottrop in der Vergangenheit schon Fälle gegeben, bei denen sich die Flammen außen an der Fassade ausgebreitet und dann auf höher gelegene Wohnungen übergegriffen haben.

2019 breitet sich in Bottrop ein Feuer über die Fassade aus

Die seien aber zum Glück wesentlich glimpflicher abgelaufen als der Brand in der Nachbarstadt, sagt Lang. Er erinnert an ein Feuer in einem Haus an der Nikolaus-Groß-Straße auf dem Eigen im Jahr 2019. Damals griff der Brand über die Fassade auf die Wohnung im Dachgeschoss über.

Bei einem Brand auf dem Eigen in Bottrop im Jahr 2019 breitete sich das Feuer über die Fassade aus und griff dann von außen auf die Dachgeschosswohnung über.
Bei einem Brand auf dem Eigen in Bottrop im Jahr 2019 breitete sich das Feuer über die Fassade aus und griff dann von außen auf die Dachgeschosswohnung über. © Feuerwehr Bottrop | Feuerwehr Bottrop

Grundsätzlich seien Fassaden, die mit Styropor – also Kunststoff – gedämmt würden, aus Sicht der Feuerwehr ein Risiko, gibt Lang die einhellige Auffassung der Experten wieder. In Bottrop sei man ob der Innovation-City-Erfolge – die Quote der energetischen Sanierungen und damit auch der gedämmten Fassaden ist hier höher als anderswo – entsprechend sensibilisiert, so der Brandschutzexperte. Im aktuellen Brandschutzbedarfsplan sei das auch aufgeführt. Es gehe da um ein „abstraktes Gefahrenpotenzial dieser Stadt“.

Fassaden in Bottrop entsprechen aus Sicht der Feuerwehr dem „Stand der Technik“

Wird die Fassade fachmännisch ausgeführt, müssen in regelmäßigen Abständen Brandschutzriegel eingebracht werden. Sie bestehen aus nicht brennbarem Material und sollen eine Ausbreitung des Feuers verhindern. Das sei Vorschrift, nachdem die Feuerwehren lange darauf hingearbeitet hätten, so Lang. Aus Sicht der Feuerwehr entsprechen die in Bottrop verbauten Dämmungen dem „Stand der Technik“.

Christoph Lang, Abteilungsleiter Vorbeugender Brandschutz bei der Feuerwehr Bottrop.
Christoph Lang, Abteilungsleiter Vorbeugender Brandschutz bei der Feuerwehr Bottrop. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Auch weil nach derzeitigem Stand davon auszugehen ist, dass die Fassade in Essen den Vorschriften entsprach, nach Angaben des Eigentümers Vivawest ja sogar mit Mineralwolle gedämmt war, die als nicht brennbar gilt, ist es nun so wichtig, zu ermitteln, wie das Feuer sich derart ausbreiten konnte. Dazu dürften auch die Witterungsverhältnisse mit den starken Sturmböen beigetragen haben.

Der Blick auf die Fassade ist Teil der Aus- und Weiterbildung

Die Ausbreitung des Feuers über die Fassade sei mittlerweile fester Bestandteil der Ausbildung bei der Feuerwehr, sagt Lang. Es sei Teil des Lehrfaches Brandkunde. Dazu kämen regelmäßige Fort- und Weiterbildungen der Führungsebene, die sich mit dem Thema befasse. Denn wichtig sei zunächst einmal vor Ort im Einsatz zu erkennen, was für ein Fassadentyp dort verbaut ist.

Handelt es sich um ein Wärmedämmverbundsystem mit einem möglicherweise höherem Brandrisiko? Dann gelte es Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, die Fassade möglicherweise zu kühlen. Außerdem kommt die Wärmebildkamera zum Einsatz. Mit der ließen sich auch Brand- oder Glutnester unterhalb des Putzes aufspüren, so dass man sie möglicherweise bekämpfen kann, bevor es wirklich zu einem großflächigen Brand kommt, so Lang.

Bottroper Feuerwehr wartet auf Ergebnis der Brandsachverständigen in Essen

Aber auch die Bottroper Feuerwehr warte nun gespannt auf die Auswertung durch die Brandsachverständigen. Schließlich gehe es nun auch darum herauszufinden, ob sich aus der Katastrophe in Essen neue Lehren ziehen ließen, so Lang. Möglicherweise werde die Bottroper Feuerwehr auch den direkten Austausch mit den Kollegen aus der Nachbarstadt dazu suchen. Aufgrund der Nähe gebe es ja entsprechende Verbindungen. Doch das wolle man zunächst noch etwas abwarten.

Vorbeugender Brandschutz hat funktioniert

Angesichts des glimpflichen Verlaufs – es gab nur drei Verletzte – kommt Christoph Lang zu dem Schluss, dass der vorbeugende Brandschutz in dem Fall aber auch gewirkt habe. Die Bewohner hätten das Haus verlassen können, sie hätten sich gegenseitig geholfen, das sei angesichts der Bilder aus Essen eine gute Nachricht. Wobei er den Verlust von Hab und Gut nicht schmälern will.

Trotzdem zeige der Brand in Essen, dass es gerade auf dem Gebiet viele Fortschritte gegeben hat, sagt Lang und verweist exemplarisch auf die Rauchmelderpflicht.