Kirchhellen. Vier Wochen nach dem Tod von Emma (6) sitzt die Mutter als mutmaßliche Täterin in Untersuchungshaft. Das ist der Stand der Ermittlungen.

„Schweigen ist die beste Verteidigung“ ist eine der häufig zitierten Aussagen des Marler Strafverteidigers Siegmund Benecken. Derzeit vertritt der medienerfahrenen Kanzleigründer aus Marl offenkundig eine Mandantin, die diese Maxime beherzigt: Vier Wochen nach dem Tod von Emma (6) sitzt die Mutter (46) als mutmaßliche Täterin unter Mordverdacht in Untersuchungshaft und schweigt. „Sie hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen gegen sie geäußert“, sagt Staatsanwältin Elisa Fähnrich auf WAZ-Anfrage. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Essen erklärt, wie es im Mordfall Emma weitergehen soll.

Medienerfahrener Strafverteidiger: Siegmund Benecken bei einem Interview im Landgericht Essen. Bei einem Prozess im November 2017 war er dort Nebenklagevertreter im Fall eines Mannes, der wegen Elternmord vor Gericht stand.
Medienerfahrener Strafverteidiger: Siegmund Benecken bei einem Interview im Landgericht Essen. Bei einem Prozess im November 2017 war er dort Nebenklagevertreter im Fall eines Mannes, der wegen Elternmord vor Gericht stand. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

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Am Morgen des 28. Januar, dem letzten Schultag im ersten Halbjahr, hätte Emma aus der „Mäuseklasse“ das erste Zeugnis ihres Lebens bekommen sollen. Als das Kind nicht in die Schule kommt und die Mutter es nicht telefonisch entschuldigt hat, alarmiert die Schulleiterin die Polizei. Die findet in der Wohnung der kleinen Familie am Lerchenweg eine entsetzliche Szene vor: Emma ist erstochen worden. Die Mutter finden die Beamten verletzt. „Die Verletzungen waren nicht schwer, und sie sind schnell verheilt“, sagt die Staatsanwältin. Ob die Mutter sie sich selbst beigebracht hat? Das sei Spekulation, sagt die Staatsanwältin nach der Verhaftung der Mutter.

Haftbefehl wegen Mordverdachts

Denn schon am Tag nach dem Auffinden von Emmas Leiche hätten Ermittlungen den bereits bestehenden Tatverdacht gegen die Mutter erhärtet. Deshalb erließ eine Haftrichterin am Amtsgericht Essen einen Untersuchungshaftbefehl wegen Mordverdachts. Seitdem sitzt die Frau in Untersuchungshaft - und schweigt.

Das nährt natürlich Spekulationen zu den möglichen Hintergründen der Tat, die seitdem in Kirchhellen und Grafenwald kursieren. Als sicher gilt, dass sich die Mutter sich vom Vater des Kindes getrennt hat und vor wenigen Monaten in die Wohnung am Lerchenweg gezogen ist. Danach soll es Streitigkeiten um Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht gegeben haben. Das hat die Staatsanwaltschaft inzwischen bestätigt. Trotz des Umzuges nach Kirchhellen ging Emma zur Grundschule Grafenwald und besuchte dort die „Mäuseklasse“.

Abschied mit Todesanzeige

Mit Kerzen, Puppen, einem Plakat und und einem Trauerort in der katholischen Kirche Grafenwald haben Schüler, Eltern und Lehrer der Grundschule ihrer Trauer und ihrer Fassungslosigkeit Ausdruck verliehen. Inzwischen haben sie sich von Emma mit einer Todesanzeige verabschiedet. Sie wurden seit der Entdeckung von Emmas Leiche betreut unter anderem von Notfallseelsorgern und dem Pastoralteam der Gemeinde St. Johannes.

Gab es im Vorfeld der schrecklichen Tat Hinweise auf eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls? Nein, sagt die Stadt. Nein, sagt auch Staatsanwältin Elisa Fähnrich: Es hätten keine Anhaltspunkte für körperliche Gewalt gegen das Mädchen vorgelegen. Haben die Ermittlungen der Mordkommission Hinweise auf eine geistige oder seelische Beeinträchtigung der mutmaßlichen Täterin gegeben? Die Antwort der Staatsanwältin kommt schnell und deutlich: „Nein. Nichts.“

Deshalb sieht die Staatsanwaltschaft auch keinen Grund, eine Entlassung der Mutter aus der Untersuchungshaft zu beantragen. Auch die Tatverdächtige und ihr Anwalt haben noch keine Haftprüfung beantragt, sagt die Staatsanwältin.

Strafverteidiger und Nebenklagevertreter

Siegmund Beneckenhat sich auf WAZ-Anfrage in seiner Marler Kanzlei zu dem Verfahren nicht geäußert. Er war 2018 Nebenklagevertreter im Prozess um den Skandal um gestreckte Krebsmedikamente, in dem der Bottroper Apotheker Peter S. zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden war.

2019 verteidigte er einen Bottroper Drogenhändler, in dessen Wohnung die Ermittler auch Waffen gefunden hatten. Der damals 59-Jährige wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.