Bottrop. Vor 100 Jahren wurde die Berufsfeuerwehr Bottrop gegründet. Drei Generationen Feuerwehr berichten von Einsätzen und Änderungen in der der Zeit.
Als Alfred Eiden 1955 bei der Bottroper Feuerwehr anfing, war die Drehleiter schon ein Oldtimer. Baujahr 1928 mit Vollgummireifen, offenem Führerhaus und einer Leiterkonstruktion aus Holz. Statt Blaulicht und Sirene warnte eine Glocke vor dem anrückenden Löschfahrzeug. „Und wenn wir dankt unterwegs waren, mussten wir immer aufpassen, dass wir mit den Reifen nicht in die Straßenbahnschienen rutschten, das war genau die Spurweite.“ Da wieder hinauszukommen habe viel Kraft erfordert, erinnert sich der heute 89-Jährige. Er dürfte einer der ältesten noch lebenden Bottroper Berufsfeuerwehrmänner sein.
Vor 100 Jahren wurde in Bottrop der erste hauptamtliche Feuerwehrmann eingestellt, schnell folgten sechs weitere. Diese hauptamtlichen Kräfte gelten als Ursprung der Bottroper Berufsfeuerwehr. Die Freiwillige Feuerwehr Altstadt gilt als Keimzelle der Wehr. 100 Jahre, in denen sich vieles verändert hat bei der Feuerwehr – zum Wohle aller. Das wird deutlich beim Gespräch zwischen drei Generationen Feuerwehr.
Von der Drehleiter mit Vollgummireifen zur modernen mit Automatikgetriebe
Alfred Eiden kam 1955 zu der Truppe. 1982 begann auch Sohn Roland (62) bei der Bottroper Berufsfeuerwehr. Die Drehleiter damals: ein Rundhauber mit unsynchronisiertem Getriebe. Seit 2011 ist Feuerwehrsprecher Michal Duckheim (34) als Retter im Einsatz. Die Fahrzeuge, mit denen er heute unterwegs ist, haben in der Regel ein Automatikgetriebe, fahren auf Knopfdruck vorwärts oder rückwärts.
Wenn Alfred Eiden erzählt, wie zu seiner Zeit auch bei den Einsatzmitteln improvisiert wurde, geraten die beiden jüngeren Männer ins Staunen. So habe man beispielsweise selbst eine Trage konstruiert, um Verletzte über die Drehleiter retten zu können. Man habe sich dabei von dem aus dem Bergbau bekannten Schleifkorb inspirieren lassen.
Beim Säureeinsatz in einer Bottroper Apotheke lösten sich die Gummistiefel auf
Für Roland Eiden und Michael Duckheim unvorstellbar. Heute haben die modernen Drehleitern alle einen Korb, auf dem sich eine Trage befestigen lässt. Alles ist genormt und entspricht den Sicherheitsvorschriften – um Risiken für Patienten und Retter zu minimieren.
Doch das sei eben erst mit der Zeit gekommen, weiß das Trio. Ein Einsatz in der Apotheke – es war Säure ausgelaufen – bei dem sich Alfred Eidens Gummistiefel aufgelöst haben – heute undenkbar. „Es gibt Normen und Vorschriften für Stiefel. Die sind geprüft, das passiert nicht mehr“, sagt Roland Eiden. Überhaupt liefe so ein Einsatz inzwischen ganz anders ab. Wahrscheinlich mit wesentlich mehr Kräften und entsprechender Spezialausrüstung, die der Feuerwehr in einem Container zur Verfügung steht. Der würde im Zweifel auch zum Einsatzort transportiert, sagt Michael Duckheim.
In 100 Jahren wuchs die Berufsfeuerwehr Bottrop von sieben auf heute 180 Mann
Als Alfred Eiden bei der Feuerwehr anfing, stand die Wache noch an der Moltkestraße. 28 Mann war die Feuerwehr stark, 24 Stunden dauerte eine Schicht, danach war 24 Stunden frei. Heute haben die Männer nach einer 24-Stunden-Schicht 48 Stunden frei. Der 89-Jährige erinnert sich noch gut an die Ausstattung der Wache. Geschlafen hätten alle zusammen in einem Raum – in Etagenbetten. Dazu die Fahrzeughalle.
An die erinnert sich Sohn Roland gut, schließlich hat er den Vater oft auf der Wache besucht. „Den Geruch, diese Mischung aus Motoröl, Diesel und Leder habe ich immer noch in der Nase“, sagt er. Damals gab es bei der Feuerwehr auch noch eine Schlosserei, eine Tischlerei und eine Elektrowerkstatt. Heute seien die Werkstätten viel feuerwehrspezifischer. Da geht es dann um Funk, um Atemschutzgeräte oder Schläuche. Kaum vorstellbar, dass die Feuerwehr in den 1950er-Jahren noch für die Wartung von 100 städtischen Dienstfahrrädern zuständig war.
Ohne Funkverbindung mit den Kollegen und auf den Wagen
Heute, seien auch die Feuerwehrleute immer stärker spezialisiert, sagten Roland Eiden und Michael Duckheim. Das zeige sich etwa in der Leitstelle. Wer für die Arbeit dort und den Umgang mit den Geräten nicht ausgebildet sei, könne dort nicht so eben einspringen. Alfred Eiden erinnert sich an seine Anfangszeiten: Wenn die Männer im Einsatz waren, dann sei im Zweifel die Putzfrau ans Telefon gegangen.
Überhaupt die Kommunikation. Funkgeräte auf den Fahrzeugen gab es anfangs nicht. War man unterwegs, so gab es verschiedenen Punkte im Stadtgebiet, von denen aus man sich bei der Leitstelle melden konnte, etwa wenn man frei für neue Einsätze war, so Eiden. Auch die Orientierung in der Stadt: Er habe Straßenkunde gehabt, musste alle Straßen lernen, sagt Roland Eiden. Die Generation um seinen Vater habe sich an markanten Punkten in der Stadt orientiert. Und die Zukunft? Der neue Leitrechner werde den Einsatzort wohl direkt an die Navis auf den Fahrzeugen schicken, erläutert Duckheim die Pläne.
Vorbeugender Brandschutz ist immer stärker zu einem Schwerpunkt geworden
Auch die Art der Einsätze hat sich in den 100 Jahren stark verändert. Das klassische Löschen stand zu Alfred Eidens Zeiten noch viel stärker im Mittelpunkt. Es gibt Fälle, die hat er bis heute nicht vergessen. Etwa den Brand in einer Kneipe am Südring, bei dem er sich verletzt hat. Als das Löschwasser auf die heißen Schnapsflaschen hinterm Tresen trafen, sind die geplatzt. Durch den Alkohol kam es zu einer Verpuffung. Bei dieser „Schnapsexplosion“ hat er sich die Hände verbrannt. Heute stehe der vorbeugende Brandschutz viel stärker im Fokus, sagt Roland Eiden. Die entsprechende Abteilung besteht aus acht Feuerwehrleuten.
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Überhaupt, als Alfred Eiden anfing, waren es 28 Mann. Die mussten im Umfeld der Wache wohnen. Viele wohnten in einem Haus an der Ecke Moltke-/Kirchhellener Straße. Mit Klingeldraht hatten die Feuerwehrleute eine Alarmleitung zu dem Haus verlegt. Bei einem Einsatz wurden oft die Kameraden in der Freizeit alarmiert. Roland Eiden erinnert sich noch gut daran. „Nachts waren wir dann alle hellwach, mein Vater hat sich angezogen, meine Mutter hat ihm seine Jacke hingehalten und gleichzeitig klappten überall im Haus die Türen.“
Wie vor 100 Jahren spielt auch jetzt noch der Zusammenhalt eine große Rolle
Als Roland Eiden dann bei der Feuerwehr anfing, waren es gut 100 Mann, inzwischen sind es rund 180. Freizeit-Alarme gebe es nur noch in Ausnahmefällen. Die Vorschrift, im Umfeld der Wache zu wohnen, gibt es auch nicht mehr. Heute kommen die Bottroper Feuerwehrleute teils vom Niederrhein und aus dem Münsterland.
Aber noch immer gebe es die Kameradschaft untereinander, wissen Roland Eiden und Michael Duckheim zu berichten. Die hat Roland Eiden schon als Kind fasziniert. Schließlich sei die Verbindung auch unter den Feuerwehrfamilien eng gewesen, lebte man doch teilweise unter einem Dach. Diese Verbundenheit helfe, um mit schweren Einsätzen und Erlebnissen klarzukommen. Roland Eiden: „Man sagt, ein Berufsfeuerwehrmann erlebt in seinem Leben 300 Leichen. Jeder Feuerwehrmann hat Fälle, die kommen zu bestimmten Zeiten oder Auslösern wieder hoch. Da ist der Zusammenhalt und das Reden miteinander wichtig.“ Das hat sich in 100 Jahren nicht geändert.
Aktionen im Jubiläumsjahr
Selbstverständlich will die Berufsfeuerwehr ihr Jubiläum auch feiern. Dazu gibt es Ideen für verschiedene Veranstaltungen und Aktionen im Laufe des Jahres. Was sich in welcher Form umsetzen lässt, hänge aber auch vom Pandemiegeschehen ab, sagt Michael Duckheim. Fest steht: Auch diesmal beteiligt sich die Feuerwehr am 11. 2. am Twitter-Gewitter. An dem Tag twittern Feuerwehren aus ganz Deutschland aus ihrem Alltag, da werde diesmal auch das Bottroper Jubiläum Thema sein, so Duckheim.
Angedacht ist auch den Rauchmeldertage am Freitag, 13. Mai in der Stadt in einem größeren Rahmen als üblich stattfinden zu lassen. Auch Besichtigungen der Feuerwache oder öffentliche Übungen seien denkbar, so Duckheim. Gleichzeitig mit der Berufsfeuerwehr feiert auch die Jugendfeuerwehr ihr Jubiläum. Sie gibt es seit 50 Jahren und die Verantwortlichen hoffen aus dem Anlass auf einen Tag der offenen Tür.