Bottrop. Städte untereinander werben in Konkurrenz mit Unternehmen um Fachkräfte. So will die Stadt Bottrop im Wettbewerb um fähige Köpfe bestehen.
Der Wettbewerb um Arbeitskräfte, er macht auch vor der Stadtverwaltung nicht halt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in den Ruhestand, andere verändern sich beruflich, dazu kommen neue Aufgaben, die zusätzliches Personal erfordern – kein Wunder also, dass sich auch die Stadt Bottrop im Kampf um die besten Köpfe etwas einfallen lassen muss, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.
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Denn längst stehen auch die Städte der Region im Wettbewerb miteinander. Im Fachbereich Umwelt und Grün und auch beim Tiefbauamt wird das in absehbarer Zeit Löcher reißen. Ein designierter Abteilungsleiter von Umwelt und Grün wechselt kurzfristig in eine andere Stadt, übernimmt da die Amtsleitung, und auch beim Tiefbauamt steht ein ähnlicher Wechsel an. Umgekehrt funktioniert das aber auch. Die künftige Leiterin des Bottroper Bürgerbüros soll aus Dorsten kommen und dort vorher gearbeitet haben.
Das Tarifsystem bietet kaum Spielraum beim Werben um neue Kräfte
Das sind Beispiele, die zeigen, dass in einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet Verwaltungskräfte gesucht werden und die Städte durchaus in einer Konkurrenzsituation sind. Ingenieure etwa sind sehr begehrt, aber auch Erzieherinnen und Erzieher. Bottrop sucht zudem dauerhaft Feuerwehrleute. Eine entsprechende Ausschreibung steht fest verankert auf der städtischen Internetseite. Hinzu kommt – etwa bei Ingenieuren – der Wettbewerb mit der freien Wirtschaft. Doch der ist erst recht kaum zu gewinnen, schließlich hat ein Unternehmen bei der Bezahlung ganz andere Möglichkeiten als eine Stadt mit dem Tarifsystem des öffentlichen Dienstes.
Darauf weist auch Thorsten Bräuninger hin, Leiter des Fachbereichs Personal und damit quasi der städtische Personalchef. Es gebe jedoch einen Ansatzpunkt. Der ergebe sich bei der Einstufung der jeweiligen Tätigkeit in das Tarifsystem. Da schaue man schon, wie andere Städte in der Region Mitarbeiter für bestimmte Tätigkeiten einstufen, und bemühe sich hier um dieselbe Einstufung.
Personalrat hat ein Blick auf das Betriebsklima
Allerdings gebe es auch da Grenzen. Denn manchmal unterschieden sich die Arbeiten in Details oder es seien zusätzliche Aufgaben damit verbunden, so dass trotz gleicher Bezeichnung keine direkte Vergleichbarkeit vorliege. Also sei eine Einstufung schwierig. Zumal noch etwas gilt: „Wir müssen aufpassen, um im Umfeld konkurrenzfähig zu bleiben, müssen aber gleichzeitig die Binnenstruktur im Blick haben, um da keine Unwucht reinzukriegen.“ Bedeutet: Bei Neueinstufungen für neue Kollegen gilt es im Blick zu haben, dass der Neuling nicht plötzlich derjenige ist, der am besten verdient.
Dieser Blick aufs Betriebsklima ist auch für den Personalrat wichtig. Auch das Gremium hat aber ein Interesse daran, dass die Stadt ein attraktiver Arbeitgeber ist und bleibt. Schließlich brauche es neue Kollegen, um zusätzliche Arbeit zu bewältigen und um Stellen, die durch Fluktuation frei werden, neu zu besetzen.
Stadt Bottrop ist ein „sehr attraktiver und sozialer Arbeitgeber
Aus Sicht des Personalrates ist die Stadt Bottrop immer noch ein „sehr attraktiver und sozialer Arbeitgeber“, sagt Lutz Küstner, der Vorsitzende des Gremiums. Allerdings stehe sie vor denselben Problemen wie die Städte rundherum. Aus seiner Sicht – und aus der seines Kollegen Frank Winkel – gelte es beim Thema Work-Life-Balance einzuhaken. Das Thema Lebensqualität werde für Bewerber immer wichtiger, so ihre Beobachtung. Da sehen sie bei der Stadt noch Luft nach oben.
Während Unternehmen nicht selten mit Partnerprogrammen locken und so Vergünstigungen – etwa bei der Mitgliedschaft im Fitnessstudio – bieten, sei den Verwaltungsmitarbeitern vor Jahren der kostenlose Eintritt ins Hallenbad, einmal wöchentlich, gestrichen worden. Andere Firmen haben gar Fitnessräume in ihren Unternehmenssitzen. Bei der Stadt gebe es ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das könne sicher noch ausgebaut werden, so die beiden Personalräte.
Rathausanbau: Personalrat regt an, über Betriebs-Kita und Kantine nachzudenken
Viel Hoffnung setzen sie da auch in den Rathausanbau. Sie machen sich stark für Fahrradstellplätze sowie Umkleiden und Duschen für die Kollegen, die längere Strecken zur Arbeit mit dem Rad zurücklegen. Auch Eltern-Kind-Arbeitsplätze seien wichtig – und bereits eingeplant. Doch das reicht dem Personalrat nicht: Bei fast 2000 Beschäftigten lohne es sich aus seiner Sicht auch über Kantine und Betriebs-Kita nachzudenken.
Generell sieht Bräuninger auch Vorteile eines Jobs bei der Verwaltung. Mit denen wolle man in Zukunft verstärkt werben. Denn die Stadt sei ein sicherer Arbeitgeber und zahle auch sicher den Lohn. Die Aufgaben, die damit verbunden seien, spielten sich in der Regel in Bottrop ab, das werde sich nicht ändern. Bräuninger spricht in dem Fall von „höchstmöglicher persönlicher Planungssicherheit“ für die Kolleginnen und Kollegen. Sprich: Stellen und Aufgaben hier in andere Städte oder gar ins Ausland zu verlagern, das wird nicht passieren. Auch das Arbeiten von zu Hause aus oder in Teilzeit sei möglich, verweist Bräuniger auf die Flexibilität des Arbeitgebers Stadtverwaltung.
Verwaltung bietet vielfältige Aufgaben an
Aufgrund der Vielfalt der Aufgaben hätten Mitarbeiter zudem die Möglichkeit, sich zu verändern, andere Tätigkeiten und Stellen zu übernehmen, ohne den Arbeitgeber wechseln zu müssen. Zudem, so Bräuningers Überzeugung, gebe es reizvolle Aufgaben, mit denen man sich identifizieren könne, beispielsweise im Sozialen oder der Jugendhilfe. All das seien Punkte, mit denen die Stadt versuche, im Wettbewerb um die Köpfe zu bestehen.
Stadt setzt verstärkt auf Ausbildung
Thorsten Bräuninger hat auch die demografische Entwicklung innerhalb der Verwaltung im Blick. Gingen 2021 noch 23 Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand, so wird sich diese Zahl bis zum Jahr 2032 auf 74 Mitarbeiter in einem Jahr erhöhen.
Dagegen setze man dann auch verstärkt auf Ausbildung. Waren 2015 noch über alle Jahrgänge 38 Azubis bei der Stadt, so waren es 2021 schon 71. Im Jahr 2020 soll die Gesamtzahl der städtischen Azubis auf 90 steigen. Diese Ausbildungsplätze seien auch gefragt, Bewerber kämen aus der gesamten Region, teils aus ganz Deutschland. Inzwischen bilde die Stadt auch so aus, dass nicht nur die Fluktuation durch das Alter abgedeckt werde. Mit dem Ende des Stärkungspaktes gibt es da einen größeren Spielraum.
Ganz neu: Weil auch Erzieherinnen und Erzieher gesucht werden, will die Stadt auch da aktiv werden. Neben der schulischen Ausbildung – die nicht bezahlt wird – gibt es nun die Möglichkeit einer praxisorientierten Ausbildung, die auch bezahlt wird. Da wolle man als Stadt nun einsteigen, sagt Bräuninger. Denn Ziel sei es, für die städtischen Kitas auch einen Springerpool aufzubauen.
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