Bottrop. Frauen ohne Komplikationsrisiko können sich in Bottrop bald für eine Geburt ausschließlich unter Leitung einer Hebamme entscheiden. So geht das.

Hebammenkreißsaal: Im ersten Moment mag es zwar so klingen, aber es ist kein weiterer Raum, den die Geburtshilfe am Marienhospital in Bottrop bis zum Sommer einrichten will. Sondern ein neues Angebot für Frauen, die ausschließlich in Begleitung von Hebammen entbinden wollen. Chefarzt Dr. Hans-Christian Kolberg erklärt im WAZ-Gespräch, was das für die Frauen und die Klinik-Beschäftigten bedeutet.

Land fördert Hebammenkreißsaal in Bottrop mit 25.000 Euro

Zunächst einmal: Zur Umsetzung des Konzeptes erhält das Marienhospital im Rahmen des Förderprogramms „Implementierung von Hebammenkreißsälen“ vom Landesgesundheitsministerium 25.000 Euro. Die werden unter anderem für Schulungen von Hebammen genutzt.

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Die Möglichkeit des selbstständigen Arbeitens für Hebammen zu erweitern ist ein Grund fürs MHB, den hebammengeleiteten Kreißsaal einzurichten. Der andere ist, durch das Angebot den Grad der Selbstbestimmtheit der gebärenden Frauen zu erhöhen, unterstreicht Kolberg.

Ein Angebot für Frauen mit unauffälligem Schwangerschaftsverlauf

Denn Schwangere „mit absolutem low risk“, wie der Chefarzt es formuliert, bei denen also überhaupt keine Geburtskomplikationen zu erwarten sind, haben ab voraussichtlich Sommer am MHB die Wahl: Wollen sie im Kreißsaal mit ärztlicher Begleitung gebären – oder ausschließlich mit einer Hebamme an ihrer Seite.

Im Marienhospital Bottrop können Frauen ihr Baby im Stehen, Liegen, Sitzen, Hocken oder im Wasser zur Welt bringen – je nachdem, wie sie sich ihre Entbindung vorstellen.
Im Marienhospital Bottrop können Frauen ihr Baby im Stehen, Liegen, Sitzen, Hocken oder im Wasser zur Welt bringen – je nachdem, wie sie sich ihre Entbindung vorstellen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Das bedeutet dann auch, erklärt Kolberg: „Wer dort entbinden möchte, muss sich vorher einmal ambulant ärztlich bei uns vorstellen.“ Im Geburtsverlauf wird dann, sollte alles wie erwartet problemlos verlaufen, kein Arzt eingebunden. „Es gibt bei der Aufnahme keinen Ultraschall, das CTG wird ausschließlich durch die Hebamme beurteilt“, erklärt Kolberg. CTG steht für Cardiotokografie, über diesen Wehenschreiber wird auch der Herzschlag des ungeborenen Kindes kontrolliert. Ist der Mediziner im ärztlich geleiteten Kreißsaal während der Pressperiode dabei, so gilt das nicht für den Hebammenkreißsaal.

Das bedeutet für die Hebamme aber zum Beispiel auch: „Wenn eine Geburtsverletzung auftritt, muss die Hebamme in der Lage nein, diese zu nähen.“ Weil die Hebammen das sonst nicht machen, besuchen sie jetzt noch Nahtkurse, berichtet Kolberg.

Sicherheit steht im Hebammenkreißsaal an der ersten Stelle

Im Hebammenkreißsaal werden in Sachen Sicherheit für Mutter und Kind keine Abstriche gemacht, unterstreicht der Chefarzt. Zurzeit werden in der Klinik daher strikte Kriterien erarbeitet, unter welchen Voraussetzungen Frauen sich überhaupt für das neue Angebot entscheiden können - und welche Situationen im Verlauf der Entbindung in jedem Fall ein Hinzuziehen eines Arztes nötig machen. Das sei in jeder Phase der Geburt möglich.

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Schon jetzt steht fest: „Das CTG muss in Ordnung sein, dass Fruchtwasser darf nicht grün sein, die Frau darf kein Fieber haben“ – sonst zieht die Hebamme in jedem Fall einen Arzt hinzu.

Der Chefarzt rechnet für den Hebammenkreißsaal mit einer überschaubaren Nachfrage – aber das sei zum Beispiel bei Wassergeburten auch so, dennoch wolle man den Frauen alles anbieten, was möglich sei. In Bonn, wo das Angebot schon länger etabliert sei, entschieden sich rund drei Prozent der Gebärenden dafür. „Bei 1200 Geburten im Jahr hier sind das 50 Frauen.“