Bottrop. Holger Czeranski und Alex Teichert überstehen vor wenigen Monaten einen Herzinfarkt. Nun erzählen sie, was das mit ihnen gemacht hat.

Männer spielen lieber Fußball als mit ihren Kindern, trinken lieber Bier als Tee, sind eher draußen aktiv, tanzen - sprichwörtlich - auf vielen Hochzeiten gleichzeitig und sprechen nicht über Krankheiten oder Schwächen. Schon gar nicht, wenn es die eigenen sein können. So will es das Klischee. Man(n) ist nicht krank, mit Anfang 30 oder Mitte 40 ist das kein Thema. Das denken Alexander Teichert und Holger Czeranski auch. Bis sich auf einmal alles dreht.

Auf einmal steht die Familie für die beiden Bottroper wieder ganz oben

Diagnose Herzinfarkt. Was? „Da läuft erstmal alles innerlich an dir vorbei, was hast du gemacht? Viel falsch, bis aufs Rauchen wenig ausgelassen“, sagt Holger Czeranski. Immerhin, er hat selbst den Krankenwagen gerufen als er im Oktober plötzlich merkt, das irgendetwas mit ihm nicht stimmt. Alex Teichert ignoriert im Juni erst einmal alle Anzeichen, fährt morgens zur Arbeit, vorher noch in die Metro. Zu dem Zeitpunkt betreibt er noch die „Pott-Knolle“ auf der Gladbecker, schräg gegenüber von Holger Czeranskis Agenturbüro und der BOZ-Redaktion. Dann rufen Kollegen den Notarztwagen. Nix geht mehr. „Du klappst zusammen, siehst das Blaulicht, zuhause will das keiner glauben“, erinnert sich der 32-Jährige, der auch noch Trainer beim VfB ist und mit seinen drei Kollegen in Sachen Bottcast ständig unterwegs ist. Beide kennen sich gut. Ihr Kiez ist die Gladbecker. Immer ist was los. „Anrufe kommen noch abends um zehn rein, klar geht man noch auf die Rolle, Kumpel, Kollegen, Kunden: Ich hab nur schwer einen Schnitt machen können“, sagt Czeranski.

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Das ist jetzt anders. „Aber komplett“, sagt auch Alex Teichert. Er gibt kurz nach dem Infarkt erst einmal die „Pott-Knolle“ auf. „Die war für meine Frau und mich schon ein Stressfaktor.“ Beim VfB und dem Bottcast steigt er langsam wieder ein, versucht beides und vor allem auch den Hauptjob in einer Küchenspezialfirma gut zu strukturieren. Ganz oben steht aber die Familie. „Ich schaue auf einmal ganz bewusst meiner kleinen Tochter beim Spielen zu, finde es toll, was sie macht, wie sie sich entwickelt, spiele mit ihr - und sehe meine Frau an, spüre, dass etwas Besonderes zwischen uns ist - und nicht, weil man jetzt zu Weihnachten mal auf Gefühl schaltet.“

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Im Gegensatz zu Alex Teichert gibt es bei Holger Czeranski erbliche Vorbelastungen in Sachen Infarktrisiko und auch Vorwarnungen aus dem Umfeld. „Vor allem von meiner Frau.“ Mal ein paar Bierchen weniger, Termine weniger eng takten, Privat- und Dienst-Handy strikt trennen, um nur ein paar Aspekte zu nennen. „Komisch, jetzt mach ich das alles, ist eigentlich gar nicht so schwer, aber es musste erst ein Auslöser da sein. Der Infarkt war wie ein Wachrütteln, heute bin ich wirklich dankbar für mein zweites Leben, ganz im Ernst“, sagt der immer noch umtriebige Czeranski.

Über die Krankheit zu sprechen kann ganz wichtig sein

Nein, über die Krankheit zu sprechen sei kein Problem. Beide Bottroper sind da ganz unkompliziert. Vieles kommt sogar mit einem Augenzwinkern rüber. Und doch, sie lassen immer wieder spüren, wie ernst sie die Situation nehmen „So etwas kann man auf Dauer nicht verheimlichen, schon gar nicht, wenn einen viele in der Stadt kennen und warum auch?“ Für Alex Teichert ist vor allem die Neustrukturierung des Lebens zunächst schwer. „Klar, mit 32 bist du ganz anders aktiv als vielleicht mit 70. Jetzt sitzt du öfter mal auf der Couch, weißt, dass alle anderen unterwegs sind und musst dich zur Ruhe zwingen.“ Eine Kollegin seiner Frau kennt Alex’ Krankheitsverlauf sehr gut. „Weil wir es ihr eben erzählt haben.“ Und dann: „Als deren Mann Wochen später die gleichen Symptome hatte, ist klar, dass der Notarzt sofort gerufen wird und er nicht wie ich damals erst noch zu Arbeit fährt“, erzählt Alex Teichert.

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Er und Holger Czeranski haben trotz dieses Einschnitts Glück im Unglück gehabt. Es geht ihnen gut, sie achten auf sich, planen vorausschauender. Dennoch: „Für mich ist das Fest jetzt wirklich wie ein neues Weihnachten“, sagt Holger Czeranski. „Nur ein ganz klein wenig Stress.“ So ganz können beide doch nicht aus ihrer Haut.