Bottrop. Wegen der Maskenpflicht in Bottrops Innenstadt führte der „Corona-Spaziergang“ durch die Bogenstraße. Die Teilnehmerzahl ist deutlich gestiegen.
Sie waren viele, sie waren laut, und viele Anwohner waren verstört. Der wöchentliche „Corona-Spaziergang“ von Impfgegnern und Kritikern der Corona-Maßnahmen führte am Montagabend nicht wie gewohnt durch die Bottroper Innenstadt, sondern durch Brauer-, Bogen- und Zeppelinstraße. Damit reagierten die Anmelder auf die Wiedereinführung der Maskenpflicht in der Innenstadt – in Abstimmung mit der Polizei. Die hatte nach eigener Einschätzung keine Möglichkeit, den geänderten Weg der Kundgebung abzulehnen.
Dass die Impfpflicht-Debatte auch die Corona-Proteste neu befeuern würde, war in den vergangenen Wochen überall in Deutschland zu sehen. Deshalb war es für die Polizei keine Überraschung, dass die Teilnehmerzahlen an den Montagabend-Kundgebungen auch in Bottrop gestiegen sind. Diesmal überstieg sie sogar die von den Anmeldern erwartete Zahl und lag laut Polizeiangaben zwischenzeitlich bei über 300. „Das kommt häufiger vor bei Versammlungen und ist für uns erstmal unproblematisch“, sagt Polizeisprecher Andreas Lesch.
Corona-Proteste in Bottrop: „Das war ein Vorschlag aus deren Reihen“
Er schildert auf Anfrage, wie es zu dem Demonstrationszug durch Brauer- und Bogenstraße gekommen ist. Nachdem die Stadt die Maskenpflicht in der Innenstadt wieder eingeführt hat, habe die Polizei die Anmelder der Kundgebung am Freitag „fairerweise“ auf diese Änderung hingewiesen.
Daraufhin hätten die Anmelder am Wochenende einen veränderten Aufzugsweg vorgeschlagen: „Das war ein Vorschlag aus deren Reihen“, betont Lesch. „Wir haben diesem Vorschlag zugestimmt, weil wir entlang des Zugweges keine Gefährdung der Bevölkerung gesehen haben. Wir hatten deshalb keine Handhabe, diesen Zugweg zu verbieten.“ Darüber sei auch die Stadtverwaltung noch am Montag informiert worden.
Bottroper Corona-Demonstranten stecken Flyer in Briefkästen
Die Teilnehmer der Kundgebung konnten so direkt vom Kirchplatz die Zone des „Maulkorbzwanges“ (so nennen Corona-Kritiker die Maskenpflicht) verlassen und über Kolpingstraße, Ehrenpark, Brauer- und Bogenstraße durch die Wohngebiete ziehen. Dabei folgten sie ausgiebig der Aufforderung der Veranstalter, entlang des Zugweges Flyer in die Briefkästen zu verteilen, auch wenn sie dabei durch Vorgärten laufen mussten.
Nicht nur das, auch die lautstarken Parolen hatten bei den Anwohnern Fassungslosigkeit bis Empörung ausgelöst. „Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass die Polizei die Sorgen der Bürger nicht ernst nimmt“, sagt Lesch dazu. „Wer sich in seinem Hausfrieden gestört fühlte, kann eine entsprechende Anzeige erstatten. Grundsätzlich gelte aber auch für Impfkritiker die Versammlungsfreiheit, betont Lesch. „Und es ist ihr grundgesetzlich geschütztes Recht, sich Gehör zu verschaffen.“
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Das tun sie jetzt übrigens ganz anders und viel besser organisiert als im Sommer, haben Andrea Multmeier und Jürgen Buschfeld vom „Bündnis buntes Bottrop“ festgestellt. Das Bündnis hatte Ende Mai zu einer Kundgebung gegen die „Querdenker-Montagsdemos“ aufgerufen, weil diese inzwischen „zum Lieblingstreffpunkt für Rechtsextreme und Neonazis“ geworden seien. „Inzwischen versammeln sich die Teilnehmer unter Friedensfahnen, spielen ,Freiheit’ von Westernhagen und inszenieren sich selbst als Opfer von Rassismus“, hat Multmeier beobachtet. In der Tat heißt es etwa auf einem Flyer, der in Kirchhellen für heftige Debatten in sozialen Medien gesorgt hat: Die 2G-Regeln seien „Rassismus in einer besonders abscheulichen Form“.
Gegensätzliche Bilder
Die Selbstinszenierung bei den Kundgebungen der „Querdenker“ zeichne ein ganz anderes Bild als das, was sich bei den Diskussionen etwa auf den Telegram-Kanälen der „Freiheitsboten Bottrop“ ergebe, sagt Andrea Mulmeier vom „Bündnis buntes Bottrop“.
„Dort zeigt sich, dass auch in Bottrop wie derzeit bundesweit der Protest gegen Corona-Maßnahmen und Impfpolitik von rechts ausgenutzt wird für eine Radikalisierung gegen den Staat.“