Bottrop. Sorgt Corona für eine Übersterblichkeit in Bottrop? Daten zeigen, wie sich die Zahl der Todesfälle in den vergangenen Jahren entwickelt haben.

Über 100.000 Leben in Deutschland, knapp 20.000 in Nordrhein-Westfalen hat das Coronavirus seit Beginn der Pandemie vor 20 Monaten bereits gefordert. 137 Bottroper sind bislang mit einer Covid-Infektion verstorben, davon allein sieben in den vergangenen zehn Tagen. Der erste Corona-Todesfall der Stadt datiert vom 25. März 2020. Eine Auswertung des Landes zeigt nun, wie sich die Sterbefälle in den vergangenen Jahren entwickelt haben – und was Corona mit der Sterblichkeit gemacht hat.

1584 Menschen sind 2020 in Bottrop gestorben. Das sind 110 und damit 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr, es ist die höchste Zahl seit 2015. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres sind bislang 1368 Bottroper verstorben. Rechnet man mit den Durchschnittswerten der vergangenen sechs Jahre für November (120) und für Dezember (140) die Todesfälle aufs Jahr hoch, könnte mit 1628 Toten in diesem Jahr eine neue Höchstmarke erreicht werden. Sorgt Corona für eine Übersterblichkeit?

Corona in Bottrop: Weniger Todesfälle als in den Nachbarstädten

Dr. Michael Nosch, Chefarzt der Klinik unter anderem für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin am Marienhospital, will diese Daten des Landes NRW nicht überinterpretieren, sagen sie doch nichts über die Todesursache aus und beinhalten Herzinfarkte ebenso wie Infektionskrankheiten, Selbstmorde oder Verkehrsunfälle. „Man müsste die Daten weiter aufdröseln“, so der Chefarzt.

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Grundsätzlich sei Bottrop bislang besser durch die Pandemie gekommen als viele andere Städte in der Region. Die Sieben-Tages-Inzidenz gehörte immer zu den niedrigsten im Ruhrgebiet, auch die Zahl der Corona-Toten war im Verhältnis immer niedriger als bei den Nachbarkommunen. Beispielsweise hat Oberhausen, das weniger als doppelt so viele Einwohner hat wie Bottrop, mit 389 fast dreimal so viele Todesfälle mit einer Covid-Infektion zu beklagen.

Ein Blick in die Bottroper Corona-Todeszahlen zeigt, dass etwas mehr Männer als Frauen verstorben sind. Die meisten Todesfälle gab es in der Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen gefolgt von den über 90-Jährigen. Die jüngsten Corona-Toten waren zwischen 45 und 49 Jahren alt.

Kaum Grippe-Fälle und Grippe-Tote im ersten Corona-Winter

Dass nicht noch mehr Menschen mit Corona gestorben sind, liege laut Dr. Nosch aber eben auch an den ergriffenen Maßnahmen. Die reinen Sterblichkeitszahlen in Relation zu Corona zu setzen, hält er nicht für aussagekräftig. „Wir haben ja etwas dagegen getan. Viele wären gestorben, wenn wir sie nicht im Krankenhaus behandelt hätten.“ Und wie sich die Pandemie ausgewirkt hätte, hätte es keine Lockdowns gegeben, könne man auch nicht seriös sagen.

Auffällig ist, dass es kaum Grippe-Fälle und kaum Todesfälle in Zusammenhang mit der Influenza im vergangenen Winter gegeben hat. Grund dafür, so Nosch, seien zum einen die wirksamen Impfungen gegen die Grippe, zum anderen aber auch die Corona-Maßnahmen.

Corona-Maßnahmen reduzieren auch andere Infektionskrankheiten

„Heute gehen die Leute mit FFP2-Maske raus, halten Abstand; wer vernünftig ist, beschränkt seine Kontakte“, sagt Nosch. Das habe auch positive Auswirkungen auf andere Infektionskrankheiten, die sich sonst im engen Wintergedränge in Geschäften und ÖPNV ausgebreitet haben.

Entwicklung in Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl des Todesfälle von 2019 zu 2020 von 206.479 auf 214.313 gestiegen, das ist eine Steigerung von 3,8 Prozent. Auch aufs Land betrachtet ist die Zahl der Toten die höchste in den vergangenen sechs Jahren.

Mit 211.140 gab es auch 2018 einen Ausschlag nach oben. Damals hatte es eine besonders heftige Grippe-Welle mit überdurchschnittlich vielen Toten gegeben.

Selbst wenn sich eine Übersterblichkeit durch Corona nicht zweifelsfrei feststellen lässt – die Diskussion darüber will Dr. Michael Nosch nicht führen, schließlich gehe es nicht nur um die Todesfälle. Wer daran zweifle, wie gravierend die Auswirkungen einer Covid-Infektion sein können, der „soll sich mal angucken, wie jemand vier Wochen unter Beatmung bei uns liegt, was das für ein Leid ist“.