Essen.. Die Grippeviren haben Deutschland fest im Griff. An Rhein und Ruhr stieg die Zahl der Schniefnasen stark an. Schuld ist eine Lücke im Impfschutz.

Die Grippe sorgt weiter für leere Büros und volle Wartezimmer der Ärzte: In der vergangenen Woche hat sie mit über 35.000 nachgewiesenen Influenza-Fällen bundesweit ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht, wie das Robert Koch-Institut in Berlin mitteilte.

Auch in NRW ist die Zahl der Grippeerkrankten in der letzten Februarwoche laut Landeszentrum Gesundheit noch einmal deutlich angestiegen: Waren es in der Vorwoche noch knapp 6500 gemeldete Grippe-Fälle, wuchs die Zahl auf rund 9600 an. Vor allem in Bochum, Recklinghausen und Dortmund erkranken dieses Jahr viele Menschen. In Oberhausen sind es deutlich weniger. Gezählt werden dabei nur die Fälle, bei denen das Virus im Labor nachgewiesen wurde.

Krankenhäuser an der Belastungsgrenze

Die Krankenhäuser arbeiten an ihrer Belastungsgrenze, erklärte die Krankenhausgesellschaft NRW am Freitag. Auch die Isolation von Grippepatienten führe zu Problemen, hieß es weiter. So könne in einem Zwei-Bett-Zimmer nur ein an Grippe erkrankter Patient liegen. Je nach Belegung erfolge eine Verlegung des Patienten in ein anderes Krankenhaus.

Auch in der Praxis von Wittens Ärztesprecher Dr. Frank Koch „stapeln sich die Patienten“. Jeder zweite Patient habe starke grippale Beschwerden. Kitas, Schulen und Unternehmen müssen derweil improvisieren: Die städtische Kita Conzeallee in Haltern am See konnte ihre Betreuung letzte Woche nur in Teilen aufrechterhalten, da Erzieher ausfielen. Um die sechs Kinder pro Klasse fehlten auch in den Klassen der Grundschulen Lauenburger Allee/Lüderitzallee in Duisburg. Bei den Essener Entsorgungsbetrieben musste die Grünannahmestelle West letzte Woche schließen. Und gar der VfL Bochum, er musste auf vier seiner Spieler verzichten.

Dass dieses Jahr so viele Nasen triefen, erklärt Virologin Melanie Fiedler vom Uni-Klinikum in Essen damit, dass die Viren sich kontinuierlich veränderten: „Sie haben sich alle paar Jahre soweit von den vorherigen Varianten entfernt, dass das Immunsystem die Viren nicht mehr erkennt. Dadurch kommen diese Krankheitswellen.“

Der böse Typ B

Dieses Jahr grassieren besonders Grippeviren des Typs „B“ – das war letztes Jahr noch anders. Weil man dies nicht vorhersehen kann, wurden Anfang der Grippesaison die meisten Bürger mit einem Dreifach-Impfstoff geimpft, der die B-Variante nicht enthielt, erklärt Fiedler. Zwar biete eine Impfung keinen hundertprozentigen Schutz vor einer Infektion, aber sie sei „das Einzige, was wir als Schutz haben“, so Fiedler. Daher sei eine Impfung immer ratsam, auch wenn es dafür jetzt recht spät sei. Denn bis die Wirkung einsetzt, vergehen bis zu zehn Tage. Ansonsten helfe vorbeugend nur gründliches Händewaschen mit Seife und sich von Menschenmengen fernzuhalten.

Da eine Grippewelle normalerweise zwischen drei und vier Monate dauert, könnte Ende März ein Ende in Sicht sein: „Die Fälle werden wohl in absehbarer Zeit zurückgehen“, so Fiedler.