Bottrop. Vier Bottroper Friseure sammeln nun die abgeschnittenen Haare in ihren Salons. Sie sollen helfen, die Meere zu säubern. Das steckt dahinter.

Die abgeschnittenen Haare in den Friseursalons – normalerweise werden sie achtlos im Restmüll entsorgt. In den Wochen und Monaten kommen da einige Kilo an Haaren zusammen. Kann man damit nicht noch was anfangen? Müssen die wirklich entsorgt werden?

In anderthalb Wochen haben die vier Bottroper Friseure einen 50-Liter-Sack mit den abgeschnittenen Haaren zur Hälfte gefüllt
In anderthalb Wochen haben die vier Bottroper Friseure einen 50-Liter-Sack mit den abgeschnittenen Haaren zur Hälfte gefüllt © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Für Perücken eignen sich diese abgeschnittenen Haare in der Regel nicht. Aber tatsächlich gibt es noch etwas, wofür auch diese Haarreste gut sind. Sie können helfen, Meere oder auch Gewässer generell von Öl und Fett zu reinigen. Haare sind enorm saugstark und nehmen Fett auf. Diese Eigenschaften macht man sich zunutze.

Das Projekt hat seinen Ursprung in Frankreich

Vier Bottroper Friseure beteiligen sich nun an einem Projekt, das seinen Ursprung in Frankreich hat. Anstatt die Haare wie sonst üblich im Restmüll zu entsorgen, sammeln vier Salons von der Kirchhellener Straße nun und wenn genug zusammengekommen ist, schicken sie es an die französischen Partner und dort entstehen aus dem, was bisher Abfall war, Filter, die helfen, Gewässer zu reinigen.

Renate Hosberg van Gennep übergibt die gesammelten Haare an Emidio Gaudioso. Der Niedersachse gehört zu den Mit-Initiatoren des Projekts in Deutschland und hat die erste Haarlieferung in Bottrop abgeholt.
Renate Hosberg van Gennep übergibt die gesammelten Haare an Emidio Gaudioso. Der Niedersachse gehört zu den Mit-Initiatoren des Projekts in Deutschland und hat die erste Haarlieferung in Bottrop abgeholt. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Der französische Friseur Thierry Gras hat die Idee entwickelt und den Verein Coiffeurs Justes gegründet. Der sammelt die Haarreste in nachhaltigen Papiertüten und lässt sie dann in nicht mehr genutzte Nylonstrümpfe packen. Die so entstandenen Haarfilter werden nun beispielsweise im Bereich von Sportboot-Tankstellen genutzt, wo sie austretendes Fett und Benzin aufsaugen.

Haarfilter könnten auch Sonnenmilchrückstände aus dem Wasser filtern

Auch zum Einsatz nach Havarien wären die Haarfilterketten brauchbar, ebenso, um Sonnmilchrückstände aufzusaugen, die in den Sommermonaten in die Meere gelangen. Würde man Badebuchten mit den Haarfiltern eingrenzen, würde die Sonnenmilch aus dem Wasser gefiltert.

Bis zu achtmal lassen sich die Haarfilter reinigen und wiederverwenden. Doch auch danach müsste man sie nicht wegwerfen. Sie könnten immer noch als Isoliermaterial für Häuser genutzt werden.

Vier Friseure von der Kirchhellener Straße in Bottrop tun sich zusammen

Renate Hosberg van Gennep von FD Frisuren hat die Initiative in Bottrop ins Leben gerufen. Ein Kunde habe ihr von einem Fernsehbeitrag über das französische Projekt erzählt. Später habe sie ihn sich selbst angesehen und war Feuer und Flamme. „Ich habe dann recherchiert und tatsächlich in Deutschland einen Verein gefunden, der das unterstützt.“

Ihr sei schnell klar gewesen, dass sie da auch ihren Beitrag leisten möchte. Aber weil ja gilt: Je mehr Haare, desto besser hat sie dann die drei anderen Friseure auf der Kirchhellener Straße angesprochen. „Es war einfach die Idee, das nicht allein zu machen sondern mit allen Friseuren von der Kirchhellener Straße. „Nicht als Konkurrenz sondern als gemeinsame Aktion.

Bottroper Friseurin rannte bei ihren Kolleginnen und Kollegen offenen Türen ein

Neben Renate Hosberg van Gemmers FD Frisuren ist auch Markus Bernsmann mit dem Hair Saloon dabei, außerdem der Stadtfriseur von Sibylle Brügemann und Anna Kotzian sowie Sandra Salemon mit ihrem Salon Hairdesign Stehling. Bei den Kollegen im Umfeld rannte sie mit der Idee offene Türen ein.

Markus Bernsmann hatte sogar selbst schon von dem Projekt gehört, dadurch dass mit seinem Salon aber zunächst der Umzug anstand, sich noch nicht näher damit beschäftigen können. Da kam die Idee, künftig doch gemeinsam zu sammeln, gerade recht.

Bottroper Haare gehen künftig per Post an das Projekt

Auch Sibylle Brüggemann musste nicht lange überlegen. „Wir hatten zwischendurch vereinzelt Anfragen von Kunden, die Haare haben wollten, etwa um Maulwürfe zu vertreiben, aber in der Regel werfen wir sie sonst weg. Dass sie auf diese Weise noch nützlich sind, ist eine coole Sache.“

Seit anderthalb Wochen sammeln die vier Betriebe nun die Haarreste, jetzt wurden sie erstmals abgeholt. Der 50-Liter-Sack ist gut zur Hälfte gefüllt, das Volumen der Haare aber auch schon gut komprimiert. Emidio Gaudioso aus Hannover sammelt die Haare ein – beim ersten Mal. Künftig sammeln die Bottroper Salons und schicken die Haare dann per Post.

Möglicherweise kommen Haarfilter demnächst auch in deutschen Gewässern zum Einsatz

Gaudioso gehört zu den Initiatoren des Projektes in Deutschland. Nach dem Halt in Bottrop geht es weiter nach Oberhausen und Düsseldorf – Haare einsammeln. Dass das Projekt hierzulande ein so großer Erfolg wird? „Ganz ehrlich? Ich habe es mir gewünscht und es ist tatsächlich eingetreten.“ Deshalb überlegen die deutschen Initiatoren nun, wie sie es weiter vorantreiben können. Gut möglich, dass die Haare aus Bottrop und anderen Städten künftig auch genutzt werden, um heimische Meere und Gewässer zu filtern.

Weniger Restmüll im Salon

Auf Flyern und Plakaten in ihren Läden informieren die vier Friseurinnen und Friseure aus Bottrop über die Aktion. Ihnen ist es wichtig, deutlich zu machen, dass auch Haare, die abgeschnitten wurden, noch eine Menge leisten können und eben nicht als Restmüll entsorgt werden müssen.

Nebeneffekt der Sammelaktion sei auch, dass im Salon wesentlich weniger Restmüll anfalle, hat Emidio Gaudioso gemerkt, der die Haare nun schon über einen längeren Zeitraum sammelt. Zuletzt sei das sogar seinem Hausmeister aufgefallen, der ihn darauf angesprochen habe.