Kirchhellen. Bei einem Konzert am Freitagabend in Kirchhellen ist ein Musiker zusammengebrochen. Die Retter kamen aus Dorsten. Warum? Ein Einsatzprotokoll.
Nach dem Zusammenbruch eines Musikers bei einem Konzert im Kirchhellener Brauhaus am Freitagabend haben sich erst viele Besucher und dann Nutzer sozialer Netzwerke gefragt: Warum kam der Rettungswagen aus Dorsten? Wo waren die Bottroper Rettungswagen? Alle im Einsatz, sagt die Feuerwehr. Und trotzdem hat der Rettungseinsatz bestens funktioniert, weil sich die Retter im Ruhrgebiet regelmäßig gegenseitig helfen.
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Fünf Rettungswagen sind in Bottrop für die Feuerwehr im Einsatz. Seit über einem Jahr wird der Rettungsdienst der Feuerwehr unterstützt durch das Rote Kreuz, das einen fünften Rettungswagen an der neuen Rettungswache in Batenbrock betreibt. Bei der Fortschreibung des Rettungsdienstkonzeptes hatte die Feuerwehr festgestellt: Immer mehr Verkehr und immer mehr Einsätze haben dazu geführt, dass die gesetzlich vorgegebene Rettungsfrist nicht mehr zu schaffen ist: In 90 Prozent aller Fälle sollen die Retter binnen acht Minuten vor Ort sein; in ländlichen Gebieten, zu denen auch Kirchhellen gehört, liegt die Rettungsfrist bei zwölf Minuten.
Seit 2020 fährt auch das DRK Rettungsdienst
Um die Fristen künftig einzuhalten, hat die Stadt das Angebot angenommen, das das Rote Kreuz in Bottrop seit drei Jahrzehnten macht. Seit August 2020 fährt das DRK auch Rettungsdienst „im Auftrag der Stadt Bottrop“.
Die DRK-Kollegen hatten sich an diesem Freitagabend aber schon in den Feierabend verabschiedet. Die Wache in Batenbrock ist nur tagsüber besetzt. Um 19.55 Uhr wird der Rettungswagen von der Wache in Kirchhellen zu einem Einsatz alarmiert und ist noch unterwegs, als sich im Brauhaus am Ring die dramatischen Szenen abspielen.
„Wo bleibt denn der Einsatz des Schlagzeugers?“
Die hat Bernhard Wedding, Veranstalter des Konzertes und Frontmann des Top-Acts „The Servants“ , so erlebt: „Ich habe gerade auf die Uhr gesehen und gedacht: In einer halben Stunde sind wir dran“, berichtet er. Auf der Bühne spielt gerade die Vorgruppe „T-Birds88“ und will gerade den Johnny-Cash-Klassiker „Ring Of Fire“ anstimmen. Wedding: „Ich denke noch: Wo bleibt denn der Einsatz des Schlagzeugers? Ich schaue rüber und sehe plötzlich: Der ist vom Hocker gekippt.“
Übers Saalmikro wird nach Ersthelfern gerufen, hektische Minuten folgen. Während zwei Helferinnen mit der Herzdruckmassage beginnen, läuft um 20.39 Uhr der Notruf in der Leitstelle der Feuerwehr ein. Die schickt sofort den Notarzt los und stellt fest: Alle drei Rettungswagen sind unterwegs, einer sogar in Gelsenkirchen, um einen Patienten ins dortige Krankenhaus zu bringen.
Deshalb sind die Leitstellen der Feuerwehren vernetzt
„Genau für diesen Fall ist unsere Leitstelle mit anderen Leitstellen vernetzt“, sagt Feuerwehrsprecher Michael Duckheim. „Die Kollegen in der Leitstelle Recklinghausen haben sofort geprüft: Welches Fahrzeug in Dorsten und Gladbeck ist gerade wo unterwegs? In diesem Fall haben sie den Rettungswagen aus Dorsten losgeschickt, weil der den kürzeren Weg nach Kirchhellen hatte.“ Der Plan funktioniert: Als der Notarzt von der Friedrich-Ebert-Straße am Brauhaus eintrifft, sind die Rettungssanitäter aus Dorsten schon da.
Der Rest ist lebensrettende und tausendfach geübte Routine. Dabei stellen Notarzt und Sanitäter fest: „Die Ersthelfer haben einen hervorragenden Job gemacht“, lobt Feuerwehrsprecher Michael Duckheim: „Die vergleichsweise gute Prognose für den Patienten hat auch damit zu tun, dass hier vom ersten Moment an alles richtig gemacht worden ist, Herzdruckmassage inklusive.“ Unter „Reanimationsbedingungen“, so der Fachausdruck, bringen die Retter den Musiker ins Marienhospital, wo sich die Ärzte am Mittag vorsichtig optimistisch äußern.
„Das ist der Vorteil unserer Lage im Ruhrgebiet“
„Das ist der Vorteil unserer Lage im Ruhrgebiet: Die Wege sind so kurz, dass sich die Feuerwehren gegenseitig helfen können.“ Bei Großeinsätzen sowieso, aber auch bei Rettungsfahrten. Mit der Feuerwehr Gladbeck hält sich die gegenseitige Hilfe übrigens tatsächlich die Waage, sagt Duckheim: „Statistisch helfen wir genauso oft bei denen aus wie die bei uns.“