Bottrop. Bottroper Frauenklinik-Chefarzt spricht sich längst für die Impfung von Schwangeren aus. Eine Infektion erhöhe das Risiko für Mutter und Kind.

Die Wocheninzidenz schwankt, liegt aber in Bottrop weiter auf einem hohen Niveau. Am Freitag wurde der Wert mit 97,1 angegeben, bei aktuell 30 Neuinfektionen. Im Marienhospital Bottrop wurden dabei zuletzt in zehn Tagen fünf Schwangere mit einer Covid-19-Infektion behandelt (Stand 7. September) – diese Zahl „ist definitiv viel höher als wir das jemals in der Frauenklinik des MHB hatten“, berichtet Chefarzt Dr. Hans-Christian Kolberg.

„Wir haben zuvor nie mehr als eine, maximal zwei Schwangere mit Covid-19 gleichzeitig stationär in Betreuung gehabt“, erläutert der Mediziner. Eine der besagten fünf Schwangeren musste sogar auf der Intensivstation behandelt werden. „Inzwischen geht es ihr aber wieder gut“, so Kolberg.

Bottroper Chefarzt: Corona-Infektion verdoppelt Risiko für eine Frühgeburt

Haben Schwangere ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf bei einer Corona-Erkrankung? Kolbergs Antwort auf diese Frage lautet so: „Eine Covid-19-Erkrankung erhöht das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen wie die Schwangerschaftsvergiftung und Schwangerschaftsdiabetes signifikant. Außerdem ist das Risiko für eine Frühgeburt in etwa verdoppelt. Zusätzlich gibt es Hinweise, dass das Risiko für einen schwereren Verlauf von Covid-19 in der Schwangerschaft erhöht ist.“

Dr. Hans-Christian Kolberg ist Chefarzt für Frauenheilkunde im Marienhospital in Bottrop.
Dr. Hans-Christian Kolberg ist Chefarzt für Frauenheilkunde im Marienhospital in Bottrop. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Zur Bedeutung einer Infektion für das Leben des ungeborenen Kindes führt der Chefarzt der Frauenklinik aus: „Zuerst die gute Nachricht: Eine direkte Schädigung des Ungeborenen wie bei anderen Viruserkrankungen wie zum Beispiel Zika oder Röteln ist bisher nicht beobachtet worden.“ Das heißt aber nicht, dass komplett Entwarnung gegeben werden könnte, denn „die erhöhte Häufigkeit von Schwangerschaftskomplikationen kann natürlich auch das Leben des ungeborenen Kindes gefährden, zum Beispiel in Fällen von extremer Frühgeburtlichkeit oder von schweren Verläufen von Schwangerschaftsvergiftung oder Schwangerschaftsdiabetes“.

Kolberg und sein Team sprechen sich daher für eine Impfung gegen Corona auch bei Schwangeren aus. „Wir raten allen Schwangeren zur Reduktion des Risikos für die obengenannten Komplikationen zur Impfung“, unterstreicht der Mediziner. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die entsprechende Veröffentlichung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).

Demnach empfehlen die medizinischen Fachgesellschaften, schwangere Frauen zu impfen. „Zuvor soll eine offene und ausführliche Beratung zu persönlichen Expositions-, Infektions- und Erkrankungsrisiken, sowie zu möglichen persönlichen SARS-CoV-2/COVID-19-assoziierten Schwangerschaftsrisiken und der verfügbaren aber begrenzten Datenlage erfolgen“, heißt es von Seiten der DGGG.

Erste Anlaufstelle – für die Beratung wie für die Impfung selbst – können der behandelnde Frauenarzt bzw. die behandelnde Frauenärztin sein. Vom Impfstofftyp her werden von den Fachgesellschaften mRNA-Impfstoffe empfohlen (Biontech, Moderna). Sinnvoll scheine es, ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel zu impfen, „da die fetale Organbildung dann weitestgehend abgeschlossen ist“.

Seit Freitag (10. September) hat nun auch die Ständige Impfkommision eine Covid-19-Impfempfehlung für Schwangere und Stillende ausgesprochen. Dass es diese generelle Empfehlung der Stiko bis dato nicht gab, hatte bei einigen Schwangeren für Verunsicherung gesorgt. In der aktuellen Veröffentlichung der Ständigen Impfkommission heißt es: „Die Empfehlung basiert auf einer systematischen Aufarbeitung der in den letzten Wochen verfügbar gewordenen Daten zum Risiko von schweren Covid-19-Verläufen in der Schwangerschaft sowie zur Effektivität und Sicherheit einer Covid-19-Impfung bei Schwangeren und Stillenden.“

Weitere Infos: www.dggg.de;www.rki.de/covid-19-impfen