Bottrop. Die Anfänge des Overbeckshofes liegen im Mittelalter. 1938 wird das Gut zum Restaurant. Diese Tradition setzt Katarzyna Komarek seit 2015 fort.

Wer heute im großen Saal, auf der sonnigen Terrasse oder vor der wechselnd beleuchteten modernen Bar des Overbeckshofs sitzt, ahnt kaum, dass es sich um geschichtsträchtigen Bottroper Boden handelt. Die Wurzeln des alten Hofes reichen zurück bis ins 15. Jahrhundert, als der Hof noch mitten im Dorf, der heutigen Innenstadt, liegt. Erst nach einem Brand verlegen die Besitzer im 18. Jahrhundert den Hof an die heutige Stelle - und später heiratet ein Overbeck aus Borbeck in die alte Bauernfamilie Schulte-Nienhaus ein. So heißt bald auch der Hof „Overbeckshof“.

Es ist Eingedeckt: Katarzyna Komarek und Tochter Paula (r.) freuen sich auf die Gäste im Overbeckshof.
Es ist Eingedeckt: Katarzyna Komarek und Tochter Paula (r.) freuen sich auf die Gäste im Overbeckshof. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Overbeck-Familie hat übrigens nie in den Gebäuden gelebt, dort waren Pächter zuhause, auch, nachdem das Anwesen 1913 von der Arenberg’schen Aktiengesellschaft und 1919 von der Stadt Bottrop gekauft wird. Immerhin kann das „Städtische Gut Overbeck“ als erster Bio-Bauer in die Geschichte eingehen, denn dort wird, wie es 1924 heißt, „biologisch reine Milch für die Kleinsten“ des damals neuen Säuglingsheims der Stadt produziert. 1938 wird der Hof aber endgültig Gastronomie.

Seit 82 Jahren wird im Hof ausgeschenkt

Es fließt Bottroper Bier statt reiner Milch. Unter wechselnden Pächtern etabliert sich dort ein Restaurantbetrieb, den die Stadt sogar einmal zum Hotel ausbauen wollte. Das ist viele Jahre her. Heute „regiert“ Katarzyna Komarek dort als Chefin (und seither auch Besitzerin der Immobilie) mit ihrem Team - und führt die 82-jährige Tradition der Gastfreundschaft in Bottrops schönstem Park fort.

Auch wenn die Küche noch kalt ist herrscht Corona-Hygiene ohne wenn und aber: Küchenchef Vincent Pyka und Köchin Marie Kessler an ihrem Arbeitsplatz im Overbeckshof.
Auch wenn die Küche noch kalt ist herrscht Corona-Hygiene ohne wenn und aber: Küchenchef Vincent Pyka und Köchin Marie Kessler an ihrem Arbeitsplatz im Overbeckshof. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Klar, dass dieser prominente Gastort im „Kulinarischen Tetraeder“-Reigen traditionsreicher Bottroper Restaurants nicht fehlen darf. Der Overbeckshof steht seit 1986 sogar unter Denkmalsschutz. „Aber das kennen wir ja vom Lokschuppen“, lacht Katarzyna Komarek. Man wisse also, welche Veränderungen die Denkmalschützer möglicherweise goutieren - oder was absolutes No-Go ist. „Bei einer neuen Terrassenüberdachung haben wir wohl gute Chancen“, sagt Tochter Paula Komarek (23), die seit einiger Zeit fest im Service mitarbeitet.

Sie sieht im Stadtgarten auch ihre berufliche Zukunft: „Ein toller Ort, das habe ich schon gedacht, als ich das erste Mal unter dem gewölbten Schriftzug ,Overbeckshof’ hindurchging, als meine Eltern den Hof gerade erworben hatten.“ Mit 16 hat sie bereits im Lokschuppen gejobbt und dort festgestellt: „Gastronomie ist wirklich mein Ding.“ Heute ist sie eine von acht Festangestellten bei ihrer Mutter.

„Ein toller Ort - Ein tolles Team“

„Ein toller Ort, mitten im Park“, das findet auch Küchenchef Vincent Pyka. Der 27-jährige Bottroper arbeitet nach Ausbildung und Anstellung im Mülheimer Golfclub Raffelberg und dem dortigen Fünfsterne-Hotel „Villa am Ruhrufer“ seit zwei Jahren im Overbeckshof. Da er „hinter dem Roten Pferd wohnt“, kann er zur Arbeit laufen. „Ein unschlagbarer Vorteil, neben dem netten Team hier“, sagt der Koch, während er charmant den Damen zulächelt. Ebenfalls eigens am Ruhetag zum WAZ-Gespräch von Kirchhellen in den Stadtgarten gekommen ist Marie Kessler.

Speisen in Bottrops schönstem Park: Vor 82 Jahren wurde der Overbeckshof im Stadtgarten Gastronomie.
Speisen in Bottrops schönstem Park: Vor 82 Jahren wurde der Overbeckshof im Stadtgarten Gastronomie. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die 29-Jährige hat im Forsthaus Specht, das ebenfalls am Kulinarischen Tetraeder teilnimmt, ihre Ausbildung zur Köchin gemacht und kehrte nach einem Abstecher ins Schloss Westerholt nach Bottrop zurück. Wenn es nach ihr geht, soll es auch so bleiben. „Ein gutes Team ist Gold wert.“ Küchenchef Vincent und Katarzyna Komarek werde es gerne hören.

Patisserie ist hier Chefsache

Auch das „Tetraeder“-Menü haben sie zusammen entwickelt. Obwohl: „Aus dem Dessert habe ich mich rausgehalten, Vincent ist da eher der Süße“, schmunzelt Marie Kessler. Patisserie ist im Overbeckshof also Chefsache, wie natürlich die Küchenlinie auch. „Gut bürgerlich mit internationalem Touch, aber hin und wieder auch exotischen Abstechern, gerne in den Thai-Bereich“, so beschreibt Vincent Pyka das Angebot, das mindestens vier Mal im Jahr saisonal wechselt. Sein Hobby hat er übrigens zum Beruf gemacht. „Ich hatte schon als Kind eine Milcheiweißallergie und habe so ganz früh angefangen, für mich selbst zu kochen, es machte Spaß und so habe ich das einfach professionell weiterverfolgt.“

Jetzt hoffen alle, dass Corona dem langsam wieder erwachenden Restaurant-Leben keinen Strich durch die Rechnung macht. Ihre acht Festen aber auch die 14 Servicekräfte hat Katarzyna Komarek dank Kurzarbeit alle halten können. Aber: „Der Overbeckshof kann nicht nur vom A-la-Carte-Betrieb leben, es ist ein großer Veranstaltungsort.“ Ein neuer Lockdown wäre kaum zu verkraften.

Das „Tetraeder“-Menü im Overbeckshof

Entree: Paprika Fenchel & Meer: Seelachs-Filet-Spieß „Green Lemon“ Art mit Paprika-Risotto und Fenchel-Schaum.

Hauptgang: Pilze, Wald & Weide: Rinderfilet-Medaillon mit Balsamico-Pilz-Fächer, Kartoffel und grünen Bohnen.

Dessert: Bunter Beerenkorb: Schoko-Soufflé mit Madagaskar-Vanille Panna cotta und Waldbeeren-Soße.

Einzelpreis: 38 Euro. Oder als „Dreierpack“ (99 Euro) mit dem Menü von zwei anderen der fünf Lokale nach Wahl. Der Vorverkauf läuft in allen Restaurants. Mehr Infos auf: kulinarischer-tetraeder.de