Bottrop. Täglich tagt im Rathaus der Krisenstab, hält den Kontakt zum Land und setzt Verordnungen um. Einblicke in die Kommandozentrale dieser Tage.

Der Ratssaal bietet ein ungewohntes Bild. Die langen Tische, an denen sonst die Ratsleute sitzen, diskutieren und die Entscheidungen für die Stadt treffen, sind abgebaut. Stattdessen stehen die Tische nun in U-Form. Der Rat ist ausgezogen, der Corona-Krisenstab ist eingezogen - zunächst auf unbestimmte Zeit.

Denn hier im großen Saal des Rathauses können die Mitglieder des Krisenstabs in ausreichend großem Abstand voneinander arbeiten. Selbstverständlich gilt auch im Krisenstab der Corona-Sicherheitsabstand. Die Folge davon war ein Umzug: Im Sitzungssaal 111, der eigentlichen Heimat des Krisenstabs, war es zu eng.

Polizei und Bundeswehr sind auch Teil des Krisenstabs

Rund 15 Menschen treffen sich täglich im Stab. Die Polizei etwa gehört zum Krisenstab und über das Kreisverwaltungskommando (KVK) ist auch die Bundeswehr involviert. Dazu die städtischen Bereiche Straßenverkehrsamt, Recht und Ordnung, Feuerwehr, Gesundheit, Umwelt, Soziales sowie Tiefbau. In der Coronakrise habe man den Stab außerdem um die Bereiche Personal und Finanzen erweitert", sagt dessen Leiter, Paul Ketzer.

Der erste Beigeordnete sitzt während der Sitzungen dort, wo sonst der OB seinen Platz hat. Über ihm die Leinwand, auf die der Krisenstab aktuelle Entwicklungen oder Entscheidungen projiziert, manchmal aber auch Parolen, um sich Mut zu machen oder was zu Lachen.

Gollum bewacht seinen Toilettenpapierschatz

So war hier schon ein Bild von Ex-Kanzler Helmut Schmidt zu sehen, der sich ja selbst vielfach als Krisenmanager hervorgetan hat. Dazu sein Spruch: "In der Krise beweist sich der Charakter." Aber auch die allgegenwärtige Parole "Flatten the curve!", also "Die Kurve abflachen" - gemeint ist die der Neuinfektionen - prangte schon groß an dieser Wand. "Wir hatten hier sogar schon Gollum aus Herr der Ringe, der seinen Toilettenpapier-Schatz bewacht hat", erinnert sich Stadtsprecher Andreas Pläsken.

Auch in Krisenzeiten darf also gelacht werden. Dabei ist die Arbeit im Stab kein Zuckerschlecken. Im Schnitt drei Stunden tagt das Gremium. Hier laufen alle Fäden zusammen. Verordnungen des Landes kommen hier an, die Runde berät, wie sie vor Ort umgesetzt werden.

Evonik und BASF produzieren nun Desinfektionsmittel

"Ein großes Thema hier war die Landesverordnung, die uns ja unter anderem das Versammlungsverbot auferlegt", sagt Ketzer. Die Kommunikation nach außen über sämtliche Kanäle werde täglich besprochen, ein weiteres Dauerthema sei aber beispielsweise auch die Schutzausrüstung.

Hier wartet die Stadt auf weitere Lieferungen des Landes. Ketzer: "Wir tun alles, um an Ausrüstung zu kommen." Eine Lieferung sei angekommen, aber es werde noch mehr benötigt. Entwarnung kann der Krisenstabsleiter dagegen beim Desinfektionsmittel geben. BASF und Evonik hätten die Produktion umgestellt, produzierten nun für Krankenhäuser die Mittel kanisterweise. "Die können wir in Münster abholen, da sehen wir ein Licht am Ende des Tunnels."

Zweimal täglich geht ein Lagebericht an die Bezirksregierung

Täglich im zehn Uhr tagt der Stab, die eigentliche Arbeit beginne aber noch früher, für die meisten gegen 6 Uhr, so Ketzer. Vorbesprechungen oder Arbeitsgruppen stehen im Vorfeld noch an. Nach den rund dreistündigen Sitzungen müssen manche Beschlüsse auch rasch umgesetzt werden.

Rückgrat des Krisenstabs ist die Koordinierungsgruppe Stab um den Leiter Markus Müller. Der kümmert sich um die Organisation. Denn die Arbeit eines Krisenstabs basiert auf gesetzlichen Vorgaben aus dem Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz, kurz BHKG, des Landes. So muss im Stab Tagebuch geführt werden und zweimal täglich muss ein entsprechender Lagebericht für die Bezirksregierung erstellt werden.

Bottroper Krisenstab arbeitet "diszipliniert und strukturiert"

Am Freitag dem 13. hat der OB den Krisenstab einberufen. Seither arbeitet das Gremium - zwar gut, wie der Leiter des Stabs glaubt. "Wir sind entscheidungsfähig und wir sind entscheidungswillig. Mein Eindruck ist, dass wir sehr diszipliniert und strukturiert arbeiten." Die Entscheidungen seien bisher auch immer einstimmig getroffen worden."

Über die Tragweite sei man sich indessen bewusst. Müller: Es wird wohlabgewogen, weil wir ja unter Umstände auch in Existenzen eingreifen. Manche Entscheidungen werden auch mehrmals diskutiert und man schläft noch eine Nacht drüber, wenn möglich."

Das letzte Wort hat der Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler

Im Wesentlichen sei die Arbeit, die aufgrund von Corona im Krisenstab anfalle laufendes Geschäft der Verwaltung, nicht Sache der Ratsgremien, sagt Ketzer. "Man muss sich den Krisenstab vielleicht am besten als eine Art Fachbereich auf Zeit vorstellen. Wir treffen hier die Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der Krise stehen."

Das letzte Wort aber habe immer der Oberbürgermeister. Und damit er einen ungetrübten, unvoreingenommenen Blick auf die Maßnahmen habe, sei er eben auch nicht Mitglied des Krisenstabs.

Bottroper Krisenstab wurde zuletzt 2014 zum Pfingststurm aktiviert

Der wurde in Bottrop übrigens zuletzt 2014 aktiviert - als Folge des Pfingststurms Ela. Wie lang lässt sich das alles denn jetzt überhaupt durchhalten? "Das wird man sehen", mehr kann Ketzer auf diese Frage nicht antworten. Dass es einmal zu so einer Situation in Deutschland kommen würde, hätte sich der erfahrene Verwaltungsmann auch nicht vorstellen können.

Allerdings freuen er und die Mitstreiter im Stab sich über durchaus positive Rückmeldungen der Bottroper. In Zuschriften drücke sich viel Verständnis aus. Im Umkehrschluss sehen auch Ketzer, Pläsken und Müller, dass die meisten Bottroper vernünftig seien und sich an die Regeln hielten, so der Eindruck des Trios vom Krisenstab.

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