Bochum. . Austritte aus den christlichen Gemeinden wollen nicht enden. Jetzt krankt die evangelische Kirche an einer Formalie: Der automatische Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge stieß wohl vielen übel auf. Doch die Austrittswelle hat viele Gründe. Bochums Superintendent analysiert die Situation.
Eine Trendwende vermögen die christlichen Kirchen bisher nicht zu vollbringen. Jetzt scheint eine finanzielle Formalie, die große Austrittswelle vor allem bei den Protestanten zu verschärfen. Das automatische Einzugsverfahren der Kirchensteuer auf Kapitalerträge könnte weitere Christen dazu bewogen haben, der Kirche „Adieu“ zu sagen. Seit Frühjahr 2014 informierten die Banken über das neue steuerrechtlich verankerte Verfahren.
Bis zum 31. Juli traten 779 Menschen aus der evangelischen Kirche in Bochum aus, im vergangenen Jahr waren es im ganzen Jahr 749 Austritte, informierten am Donnerstag das Amtsgericht Bochum und der Kirchenkreis Bochum. „Ich finde es sehr bedauerlich, dass dieser Weg gewählt worden ist. Ich habe Gespräche mitbekommen, dass Menschen sich über den Brief der Banken geärgert haben, auch wenn sie unter der Freibetragsgrenze liegen und nur theoretisch zahlen müssten“, sagte Superintendent der evangelischen Kirche in Bochum, Peter Scheffler, im Telefoninterview. Vor rund 20 Jahren habe Bochum rund 140 000 Protestanten gezählt, heute seien es 95 000.
Demographischer Wandel ist zentrale Ursache
Die Gründe für die schrumpfenden Gemeinden seien allerdings vielfältig, eine zentrale Ursache der demographische Wandel: Der Verlust der Gemeindemitglieder lasse sich zu rund 43 Prozent auf viele Bestattungen und weniger Taufen zurückführen, 27 Prozent resultiere aus dem Wegzug von Gemeindemitgliedern und 30 Prozent aus dem Missverhältnis zwischen Kirchenein- und austritten. Für das Jahr 2013 etwa verzeichnete der Kirchenkreis Bochum gegenüber den 749 Austritten nur 109 gemeldete Wiedereintritte.
Weniger Kirchenmitglieder heißt: weniger Geld. Die Zuschüsse der Landeskirche werden nach Gemeindemitglieder berechnet. Im kommenden Jahr stünden dem Kirchenkreis voraussichtlich 68 000 Euro weniger zur Verfügung, so Scheffler. Wenn diese Entwicklung sich fortsetze, müssten Gemeinden, die noch mehrere Gottesdienststätten unterhielten, wie Langendreer oder Bochum-Mitte, prüfen wie sie diese finanzieren könnten. Einsparungen im Bereich der Diakonie oder der Kindertagesbetreuung stünden in Bochum aktuell aber nicht zur Debatte, so Scheffler.
Die katholische Kirche zählte Ende 2013 in Bochum und Wattenscheid 117 323 eingetragene Katholiken. Eine große und nicht enden wollende Austrittswelle überflutete 2013 die Katholiken. Das Jahr endete schillernd mit dem Skandal um Bischof Tebartz-van Elst, in dem 1081 Menschen aus der Kirche austraten, 2012 waren es nur 506, informierte der Sprecher der katholischen Kirche in Bochum und Wattenscheid, Christian Schnaubelt. „Ein Lichtblick war, dass es 2013 im Bistum mehr Wiedereintritte gab als im Jahr 2012“, sagt er. Zahlen zu den Eintritten in die katholische Kirche 2013 lagen nicht vor.