Bochum. Das Bochumer Klinikum Bergmannsheil freut sich über ein Jubiläum. Zum 50. Mal wurde einem Patienten mit Hilfe eines Katheters eine Operation am offenen Herzen erspart und eine Herzklappe repariert. Die Methode hilft bei Menschen mit Herzschwäche, aber auch bei schwangeren Frauen.
Es war 1996, als der Ehrenfelder Hans-Joachim Kais das erste Mal zusammenbrach. Diagnose: Sein Herz bringt nur 20 Prozent Pumpleistung – der heute 62-Jährige war plötzlich arbeitsunfähig.
Doch damit nicht genug: Seitdem stellten Ärzte weitere Probleme fest, ein Blutgerinsel im Herzen etwa und ein starkes Vorhofflimmern. Schließlich mussten die Mediziner eine sogenannte Mitralklappe korrigieren. Bei Kais’ Gesundheitszustand war an eine Operation jedoch nicht zu denken. Das Bergmannsheil wandte also eine recht neue Methode an. Heute sagt Kais: „Endlich habe ich keine Angst mehr um mein Herz. Es geht mir gut.“
Spezialausbildung in Brüssel
Das Klinikum ist nach eigenen Angaben in Bochum das einzige, das die „kathetergestützte Mitralklappenrekonstruktion“ durchführt. Seit 2010 bietet das Bergmannsheil diese Prozedur an, Kais war der 50. Patient, der sich diesem Eingriff unterzog. Vorteil: Der Eingriff erfolgt über einen Katheter, der Brustkorb muss also nicht geöffnet, das Herz nicht gewissermaßen stillgelegt werden.
„Eine OP ist für Patienten mit schlechter Pumpfunktion oder zum Beispiel für Schwangere nicht möglich. Durch die alternative Technik können wir Herzklappen reparieren, an die wir sonst gar nicht herankämen“, sagt Oberarzt Leif Bösche (37). Der Kardiologe hat sich eigens bei einer Spezialisten-Fortbildung in Brüssel in die Handhabung des 17.000 Euro teuren Geräts einführen lassen, er ist verantwortlich für alle mit Hilfe des Katheters getätigten Klappenrekonstruktionen.
Wichtige Einnahmequelle
Sieben Kliniken im Ruhrgebiet wenden das Verfahren laut Bergmannsheil an. Für das Bochumer Krankenhaus ist die Methode zu einer bedeutenden Einnahmequelle geworden – wichtig im harten Konkurrenzkampf auf dem Gesundheitsmarkt. Wegen des demografischen Wandels prognostizieren Mediziner, dass es immer mehr Herzschwäche-Patienten geben wird. Ein wachsender Markt also, wenn man so will. „Die Klappen haben sich nach akuten Herzinfarkten und Schrittmachern zum dritten großen Standbein für uns entwickelt“, sagt Andreas Mügge, Direktor der Kardiologie im Bergmannsheil.
Hans-Joachim Kais ist den Ärzten dankbar. Er hat durch die – wie es im Krankenhaus in Abgrenzung zur OP heißt – Intervention Lebensqualität zurückgewonnen. „Das kann sich keiner vorstellen“, so Kais, „wie es ist, endlich wieder normal sprechen und atmen zu können. Zu meiner Frau habe ich gesagt: Es ist ein Wunder.“
Wie funktioniert die Mitralklappenrekonstruktion?
Die Mitralklappeninsuffizienz zählt zu den häufigsten Herzklappenfehlern. Über die Mitralklappe wird der Blutfluss aus den Lungen in den linken Herzvorhof, in die linke Herzkammer und von dort in den Körperkreislauf kontrolliert. Schließt die Mitralklappe nicht richtig, fließt das Blut zurück in die linke Vorkammer und die Lunge. Mögliche Folgen: Luftnot, geringe Belastbarkeit.
Bei der Methode, die das Universitätsklinikum Bergmannsheil anbietet, wird der Klappendefekt ohne konventionelle Operation korrigiert. Mit einem Katheter wird über die Leistenvene ein spezieller Chip ins Herz geschoben, der die Klappe abdichtet.
Der Eingriff dauert anderthalb Stunden und geschieht bei Vollnarkose.