Bochum. Im Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg sind Fotografien von Brigitte Kraemer aus Frauenhäusern zu sehen. Premiere des neuen Fotobuches der bekannten Fotografin.

Mehr als 1200 Besucher täglich in einer Fotoausstellung. Das ist ein Vorteil des Ausstellungsortes: das Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg an der Wittener Straße 61. Doch nicht nur für die Schüler und Lehrer ist das ein Gewinn, die Ausstellungsaktivität hier hat sich in den letzen Jahren stark profiliert. Mit der Premieren-Ausstellung von Bildern aus Brigitte Kraemers neuem Fotoband „Auf der Schwelle“ zeigt die Lehranstalt einmal mehr, dass sie ein herausragendes Programm – insbesondere im Bereich Fotografie – fährt.

Brigitte Kraemer, berühmt etwa für ihre Kiosk-Aufnahmen, stellt hier bereits zum dritten Mal Bilder aus. Lehrer nutzen die Ausstellungen teilweise als Anregungen für den Unterricht. Doch auch als reine Ausstellung vermag die neue Schau zu beeindrucken. Zu sehen sind 40 Bilder, darunter fünf Porträts mit Text. Aufgenommen wurden sie 2013 in Frauenhäusern in NRW. Kraemer hatte das Thema „Frauenhäuser“ bereits 1981 in ihrem Examen bearbeitet, 1991 dann wieder. Gewachsene Kontakte nutzte sie nun, um einmal mehr vor Ort zu fotografieren.

Zu ihrer Art der sozialdokumentarischen Fotografie gehört es, am Alltag teilzunehmen, Vertrauen aufzubauen.“ Eigentlich darf man da nicht fotografieren“, sagt Brigitte Kraemer.

Bilder, die nicht zu planen sind

Dennoch entstehen bei ihrer Arbeit vor Ort Bilder, die nicht zu planen sind. Da ist die Frau mit den hochgezogenen Hosen zu sehen, die eine große Maria-Tätowierung auf beiden Beinen entblößt, der Kopf der Heiligen auf dem linken Oberschenkel, die betenden Hände auf dem rechten, zwischen den Beinen sitzt ein Kind auf dem Boden. Oder auch das Bild eines lachend tobenden Kindes auf einer Herdplatte. Die Bilder der Frauen fangen manchmal Trauer ein, Traurigkeit und einige leere Gesichter. Aber auch Freude und Feierei, selbstbewusste Stärke und sehr viele solidarische Momente.

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Gemacht sind sie in schwarz-weiß, sie erinnern so schon visuell an große Vorbilder der sozialdokumentarischen Fotografie. An August Sander, Walker Evans oder an Sebastião Salgado. Sie dokumentieren ein Innen, das zu Recht abgeschottet ist gegen das gewalttätige Außen. Sie räumen gleichzeitig aber auf, mit den Vorurteilen, den schwammigen Vorstellungen von dem, was im Frauenhaus passiert. Es ist ein Ort des Lebens, auch voller Kinder, die spielen, lernen, lesen. So zeigt das Fotoprojekt die „Schwelle“ in mehrerer Hinsicht. Vor allem als eine hin zu einem gewaltfreien Leben.