Bochum. Die Abwasserentsorgung der Stadt Bochum ist um 50 Prozent gestiegen. Nun drängt der Mieterverein, die Stadt müsse ihre Kostenkalkulation offenlegen. Neben der Abwasserentsorgung sind kommunale Steuern und Gebühren angezogen worden - Kämmerer Busch argumentiert, die Anstiege seien nachvollziehbar.

Beim Mieterverein Bochum trauten sie ihren Augen kaum, als sie vor einigen Tagen in der WAZ von den Steuer- und Gebührenentwicklungen in der Stadt lasen. Dass die Abwasserentsorgung seit dem Jahr 2000 um 50 Prozent teurer geworden ist oder die geplanten Anhebungen etwa für die Straßenreinigung oder die Grundsteuer zum Teil deutlich jenseits der Inflationsratenentwicklung liegen, sei „vorsichtig ausgedrückt erklärungsbedürftig“.

Die Stadt müsse ihre Kostenkalkulation darlegen. Denn: „Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Stadt die Mieter – und natürlich auch die selbstnutzenden Eigentümer – als Melkkühe zur Sanierung des Haushalts entdeckt hat“, sagt Michael Wenzel. Nach Einschätzung des Mieterverein-Geschäftsführers kommt das nicht nur die Betroffenen buchstäblich teuer zu stehen, sondern könnte sich am Ende auch als Boomerang erweisen: „Wenn das Wohnen immer teurer wird, haben die Menschen weniger Geld, das sie in die Geschäfte tragen können, was sich auf die Gewerbesteuereinnahmen nicht positiv auswirkt.“

Anstieg um 174,73 Prozent

Tatsächlich sind viele kommunale Steuern und Gebühren in den vergangenen Jahren zum Teil erheblich angezogen worden (Übersicht). Den Spitzenplatz nimmt dabei die Bestattungsgebühr für ein Urnengrab ein. 1092 DM kostete dies im Jahr 2000, umgerechnet 546 Euro. Segnet der Rat in seiner nächsten Sitzung die neue Friedhofsgebührensatzung ab, dann kostet vom 1. Januar 2014 an ein Urnengrab 1500 Euro, eine Veränderung um 174,73 Prozent.

Deutlich gestiegen sind für die Bochumer seit der Jahrtausendwende auch andere Posten: So ist die Straßenreinigung um gut 62 Prozent, die Abfallgebühr um knapp 58 Prozent oder die Schmutzwasserbeseitigung um 50 Prozent teurer geworden.

Unabweisbare Einflüsse

Über die lange Zeitspanne sei das kein Wunder, sagt Kämmerer Manfred Busch. Wähle man den Vergleichszeitraum genügend groß, werde auch die Steigerungsrate beeindruckend. Bei 15 Jahren liege diese schon bei „ganz normalen Annahmen“ über 50 Prozent. Und: „Realistisch unterstellt, die durchschnittliche Preis- und Kostensteigerungsrate lag bei zwei Prozent pro Jahr und die abgenommene Wassermenge sank pro Jahr um ein Prozent, dann steigt der Tarif pro Mengeneinheit, in diesem Fall Kubikmeter, rechnerisch schon um 56 Prozent.“ Die Steigerung der Energiekosten wie Strom oder Gas liege deutlich höher.

Zudem verweist der Kämmerer auf unabweisbare Einflüsse von außen: Die Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuer sei im Haushaltskonzept zwingend, „um die Auflagen der Kommunalaufsicht zu erfüllen und einen genehmigten Haushalt zu bekommen“. Auch an anderer Stelle sei Bochum nicht allein Herr des Verfahrens. So etwa bei den Abwassergebühren, in die zum Beispiel auch die Kosten anderer wie die Entwässerung über Ruhrverband und Emschergenossenschaft sowie für die Renaturierung der Emscher fließen. Die „werden von den Bochumer Abwassergebühren mitbezahlt“.

Löhne sind nicht im gleichen Maße gestiegen

Alles wird teurer – ständig und zum Teil in beträchtlichem Umfang. Nur die Anhebung der Gewerbesteuer, bei der die Größe und die Ertragskraft von Unternehmen berücksichtigt wird, hat in Bochum vergleichsweise moderate Züge. Seit dem Jahr 2000 hat sie um nicht einmal sieben Prozent zugenommen. Diese vermeintliche Bevorzugung von Firmen bei der kommunalen Besteuerung gegenüber Privatpersonen ist kein Bochumer Einzelfall. Die meisten Kommunen scheuen starke Anhebung der Gewerbesteuer aus Furcht, dass Unternehmen abwandern oder sich keine neuen ansiedeln.

Bemerkenswert indes ist die Entwicklung von Steuern und Gebühren im Vergleich zu der Lohnentwicklung in Nordrhein-Westfalen. Ein Blick in die Statistik verrät, dass die Einkommenszuwächse gerade für Bezieher durchschnittlicher Einkommen (Übersicht) in den vergangenen Jahren weit hinter den Anstiegen von vielen kommunalen Steuern und Gebühren zurück geblieben ist.