Bochum. . Grablichter und Kreuze an Autobahnauffahrten, Kreuzungen, scharfen Kurven, seit kurzem auch an der Königsallee. Vor einigen Tagen erst verunglückte hier ein 18-jähriger Autofahrer. „Man kann nicht trösten in Situationen, die untröstlich sind“, weiß Pfarrer Hajo Witte. Als Notfallseelsorger übernimmt er die schwierige Aufgabe, den Hinterbliebenen die Todesnachricht zu überbringen.

„Wir haben einige Monate gehabt, in denen wir sehr viele Einsätze gefahren sind“, sagt der 57-Jährige nachdenklich. Gerade im vergangenen Monat kam es zu besonders vielen tödlichen Autounfällen auf dem Bochumer Stadtgebiet. „Hinterbliebene brauchen lange, um das zu realisieren. Selbst wenn sie im ersten Moment weinen, klagen, schreien.“ Die Aufgabe der Notfallseelsorger sei es deshalb nicht, in diesen untröstlichen Situationen Trost spenden zu wollen, sondern Fragen zu beantworten und die Angehörigen zu unterstützen. „Wir helfen ihnen dabei, wieder den ersten klaren Gedanken zu fassen und gehen gemeinsam durch, welche die nächsten Schritte sind.“

Ein Zwiegespräch mit Gott

Doch Trost und Trauerarbeit bedarf es in den späteren Phasen immer. Gespräche und Therapien helfen bei der Verarbeitung von Traumata und Trauerfällen. „Vielleicht auch ein Zwiegespräch mit Gott“, sagt der Pfarrer. „Ich denke, dass es immer noch Menschen gibt, die das Gedenken in ein kirchliches Ritual eingebettet sehen wollen.“

Der Gedenkgottesdienst für Opfer im Straßenverkehr bietet hierfür Gelegenheit. Im nunmehr dritten Jahr lud Pfarrer Hajo Witte mit Kollegen beider Konfessionen am vergangenen Samstag zu dieser speziellen Andacht in die Autobahnkirche Ruhr ein. Denn Opfer von Verkehrsunfällen seinen „eine Zielgruppe, die sonst oft hinten runterfällt in unseren Gottesdiensten“, erklärt Pfarrer Witte.

Hoffen, beten, glauben

Aber immer am ersten Samstag im November – dem dunklen Monat, der traditionell mit dem christlichen Todesgedenken verbunden ist – bieten die Geistlichen den Angehörigen der Unfallopfer hier einen Moment des In-Sich-Gehens und der Entschleunigung. Zu Orgelmusik und sanften Händel-Melodien des Streichquartetts haben sie die Gelegenheit, zu hoffen, zu beten und zu glauben.

Die Verunglückten, die sonst namenlos in eine Polizeistatistik eingehen und anonymisiert in der Presse auftauchen, werden hier auf Wunsch der Familien und Freunde ins Gebet eingeschlossen. „Gott kennt ihre Namen.“ Für jeden von ihnen wird an der Osterkerze ein Lebenslicht entzündet. Ein Licht für das ewige Leben.