Gelsenkirchen.

Für die Trauer gibt es kein Patentrezept. Und für das Verarbeiten des Verlusts einer nahestehenden Person gibt es auch keinen Zeitplan oder ähnliches. Jeder Mensch trauert anders, vor allem Kinder verarbeiten den seelischen Schmerz auf ganz unterschiedliche Weisen. Ab Frühjahr 2012 möchte das Projekt „Lacrima“ mit Trauergruppen Kinder und Jugendliche bei diesem schwierigen Prozess unterstützen. Dafür sucht Lacrima noch Ehrenamtliche, die sich zu Trauerbegleitern ausbilden lassen möchten, und Sponsoren.

In Zusammenarbeit mit dem Johanniter-Stift Gelsenkirchen will die Johanniter-Unfallhilfe betroffene 4- bis 20-Jährige, die um einen Angehörigen oder Freund trauern, begleiten. Lacrima, dessen Konzept die Johanniter schon erfolgreich in Datteln installiert haben, will Möglichkeiten und Wege eröffnen, der Trauer Ausdruck zu verleihen. Lacrima soll nicht nur Kindern, sondern auch ihren Angehörigen die Möglichkeit bieten, gemeinsam mit anderen ihre Trauer zu durchleben und sich mit der Thematik auseinander zu setzen.

Die Kinder und ihre Angehörigen – es muss nicht zwangsläufig ein Elternteil sein – werden bei Lacrima für die Dauer der „Sitzungen“ voneinander getrennt. Lediglich die letzte Viertelstunde der insgesamt 90 Minuten findet gemeinsam statt. In den Kindergruppen werden 4- bis 13-Jährige untergebracht, in den Jugendgruppen kommen Trauernde bis maximal 20 Jahren unter. In jeder Gruppe ist Platz für bis zu zehn Kinder oder Jugendliche.

Systematisches Vorgehen wichtig

„Es ist wichtig, dass wir das systematisch angehen“, sagt Christel Reck. Die Projekt-Koordinatorin ist Kunsttherapeutin und Trauerbegleiterin. „Oft bemühen sich Erwachsene, vor ihrem Kind gefasst zu sein. Wie soll das Kind so Trauer lernen“, klagt sie. Zu Beginn steht die Frage: Ist das Kind gruppenfähig oder benötigt es eine Einzelbetreuung?

Das Konzept, das Christel Reck für ihre Arbeit zugrunde legt, basiert unter anderem auf Erkenntnissen der Phasenmodelle des Psychiaters und Psychoanalytikers John Bowlby (1907-1990) und der Psychotherapeutin Verena Kast. „Dabei können Phasenmodelle nur Richtwerte sein, das Wissen darüber ist aber wichtiges Handwerkszeug zur Begleitung Trauernder.“ Auf dem Programm stünden beispielsweise Ausflüge, das Abreagieren im Tobe-Raum („Wut ist ein großer Bestandteil der Trauer.“), Rollenspiele, das Arbeiten mit einer Handpuppe als „Geheimnisträger“ und eine weiße Erinnerungskiste, die das Kind für sich selber gestaltet.

Gruppen sind offen

Die Gruppen sind offen, das heißt, dass Neuankömmlinge jederzeit dazustoßen können. Die Treffen finden im 14-Tage-Rhythmus statt. In der Trauergruppe in Datteln waren seit April 2010 insgesamt 16 Kinder untergebracht, aktuell nehmen sieben Kinder teil. Abgebrochen habe die Trauerarbeit noch niemand, sagt Christel Reck. Durchschnittlich bleibt ein Kind oder ein Jugendlicher für ein bis anderthalb Jahre in einer Gruppe, bis es mit seiner Trauer alleine klar kommt. Reck: „Es kann aber auch mal zwei Jahre dauern.“ Denn jeder Mensch trauert anders.