Dürfen sich Stadtwerke Luxusredner wie Steinbrück gönnen?
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Bochum. 25.000 Euro haben die Stadtwerke Bochum Peer Steinbrück für einen Vortrag gezahlt. Ob der das Geld spenden sollte oder nicht, ist unklar. Doch warum gönnt sich ein kommunales Unternehmen überhaupt solche Promi-Redner? Der Bund der Steuerzahler erwartet, dass Kunden jetzt den Anbieter wechseln.
Nach nicht nachprüfbaren Angaben der Stadtwerke kosteten die anderen prominenten Redner den gleichen Betrag - angeblich mit der Maßgabe, den Betrag einer gemeinnützigen Organisation zu spenden. Steinbrück gibt an, diese Maßgabe sei ihm unbekannt. Für ihn handelt es sich um ein Honorar, keine Spende. Der "Süddeutschen Zeitung" liegt der Mailverkehr zwischen Steinbrück und der Agentur, die ihn für den Auftritt in Bochum engagierte, vor: Darin ist laut Angaben der Zeitung keine Rede von einer Spende.
Doch warum gönnt sich ein kommunales Unternehmen überhaupt solche Luxus-Redner? Man wolle mit dem Atriumtalk "ein klares Bekenntnis zu bürgerlichem Engagement schaffen", sagt Stadtwerke-Sprecher Thomas Schönberg. Wäre der Atriumtalk eine Großveranstaltung, an der tausende Bochumer Bürger teilnehmen, wäre diese Argumentation nachvollziehbar. Doch zu der seit 2008 zweimal jährlich stattfindenden Veranstaltung kommen lediglich 180 handverlesene Gäste.
Bund der Steuerzahler findet Steinbrück-Honorar "ungewöhnlich hoch"
Beim Bund der Steuerzahler rechnet man damit, dass die Kunden auf die Veröffentlichung des Steinbrück-Honorars reagieren, indem sie sich nach anderen Stromversorgern umschauen. "Jetzt können die Verbraucher ihre Macht ausüben", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Steuerzahler-Bund NRW, Eberhard Kanski.
Formal falsch haben sich die Stadtwerke Bochum seiner Meinung nach nicht verhalten. Es gebe kein Gesetz, keine Richtlinie, die begrenzt, wie viel Geld kommunale Unternehmen für Marketingzwecke ausgeben dürfen. Sie müssten auch nicht veröffentlichen, wem sie welchen Betrag gezahlt haben. Trotzdem spricht er im Zusammenhang mit der Steinbrück-Gage von einem "ungewöhnlichen hohen Honorar". Die Kunden dürften sich jetzt schon fragen, warum ihr Energieversorger so viel Geld für Imagepflege ausgebe.
Im Geschäftsbericht der Bochumer Stadtwerke taucht der Atriumtalk an keiner einzigen Stelle explizit auf. Unter der Überschrift "Soziales Engagement" wird ausführlich auf Partnerschaften mit Bochumer Schulen eingegangen, es findet sich aber kein Wort zu den Ausgaben für Spenden, die aus der "Charity-Veranstaltung" Atriumtalk (O-Ton Stadtwerke) entstehen.
CDU-Stadtrat fordert Sondersitzung des Stadtwerke-Aufsichtsrats
Auch die Opposition im Stadtrat übt Kritik an der Marketingveranstaltung Atriumtalk. Der stellvertretende Fraktionschef der CDU, Christian Haardt, fordert Aufklärung von den Stadtwerken und der Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD). Wenn die Stadtwerke Bochum Peer Steinbrück 10.000 Euro mehr bezahlten, als er durchschnittlich für Vorträge bekomme, dann sei das doch sehr fragwürdig. Haardt, der im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzt, fordert nun eine Sondersitzung des Kontrollgremiums. Zudem will er von der Geschäftsführung wissen, wie viel andere Redner für ihren Auftritt beim Atriumtalk bekommen haben.
Wenn die Angaben der Stadtwerke stimmen, wonach jeder Gast den gleichen Betrag erhält, dann koste ein solcher Abend überschlagen gut und gern 100.000 Euro. Haardt bezweifelt, dass der Werbewert den Aufwand rechtfertigt - und hat einen Alternativvorschlag parat: "Die Stadtwerke könnten jedem der 180 Eingeladenen anbieten, 1000 Euro für einen karitativen Zweck ihrer Wahl zu spenden. Das würde für deutlich mehr Furore sorgen."
Besuch von Peer Steinbrück
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In einer früheren Version dieses Textes wurde der Stadtwerke-Sprecher fälschlicherweise als Thomas Schöneberger bezeichnet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
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