Bochum. . Die Stadt Bochum überprüft neuerdings mit einer hochmodernen Kamera ihre Kanalisation. Die 500.000 Euro teure Neuausstattung ermögliche eine “Computertomographie des Kanals“. So könnten Schäden schneller erkannt und behoben werden.

Wie bei einem Computerspiel fliegt sein Blick durch die Abwasserkanäle von Bochum.

Torsten Kirschbaum, der Betriebsleiter des Technischen Betriebs der Stadt, hält den Film an, wenn ihm etwas auffällt. Er wechselt mit der Maus die Perspektive und vergrößert Details im Kanal.

Und genau das ist der Vorteil des neuen Kamerasystems, mit dem der Technische Betrieb seit Anfang des Jahres das Bochumer Kanalnetz überprüft.

Geld und Zeit sparen

Die digitale Neuausstattung im Gesamtwert von rund 500.000 Euro ersetzt zum Großteil das analoge Kamerasystem, welches den Blick auf eine Richtung begrenzte. „Beim alten System mussten wir manchmal mehrmals rausfahren, um Schäden richtig zu erkennen. Jetzt schwenken wir den Kanal einfach noch mal ab. Wir können quasi eine Computertomographie vom Kanal machen“, erläuterte Michael Ide, Sachgebietsleiter der Kanalunterhaltung. Dadurch würden Schäden, die zu Tagesbrüchen oder Überschwemmungen führen könnten, schneller gesehen und eher behoben werden, führte er weiter aus.

Technisch läuft das so ab: Die Kugelkamera in Form einer Kapsel fährt in den Kanal und nimmt mit zwei Linsen alle fünf Zentimeter Bilder von allen Seiten auf. Das geht ziemlich schnell, denn die Kamera erfasst in einer Sekunde 30 Zentimeter Strecke. Das analoge System schafft nur die Hälfte. „Wir sparen dadurch eine Menge Zeit und eben auch Geld“, informierte Ide. Die neue Technik sei somit auch in Hinblick auf die Haushaltssanierung der Stadt angeschafft worden, fügte Ide an.

Ähnlich, wie Google-Stree-View

In der Datenverarbeitung werden die Fotos zu einem dreidimensionalen Film zusammengefügt. „Das ist so ähnlich wie bei einem Daumenkino oder eben Google-Street-View“, veranschaulichte Kirschbaum während der Präsentation.

Seit Anfang des Jahres, wurden etwa 27 der insgesamt 1200 Kilometer Kanalnetz in Bochum mit dem neuen Kamerasystem aufgenommen.
Schäden werden vom Technischen Betrieb erfasst und an das Tiefbauamt weitergeleitet. Das entscheidet dann, ob Sanierungsbedarf besteht.

Computer statt Werkzeuge

Draußen am Wagen steuert Kanalinspekteur Olaf Wendel die wasserdichte und gegen explosive Gase immune Kamera in den Untergrund. Wer den orangefarbenen Kleinbus betritt, findet statt schwerem Werkzeug einen Computerarbeitsplatz vor. Dort steuert Wendel mit Hilfe von vier Bildschirmen den Verlauf der Aufnahmen. „Es ist ein komplexes System“, befindet er.

Ein weiterer Wagen plus Kamera wurde erst vor wenigen Wochen ausschließlich zur Inspektion der Schächte angeschafft. Mussten die Inspekteure bis dahin die Einstiege zum Kanalnetz noch höchstpersönlich überprüfen, stehen auch sie jetzt meist ganz sauber an der frischen Luft und steuern eine diskusförmige Kamera hinab. „Außer an Stellen, die mit dem Wagen nicht befahrbar sind“, wirft Kanalinspekteur Oliver Haag ein. Dort heißt es weiterhin: Ärmel hochkrempeln und hinuntersteigen.