Bochum.

Vor einem Jahr wurde der Stadtelternrat gegründet; ein Gremium, das sich als Sprachrohr für Eltern von Kindergartenkindern versteht. Auf Kommunalebene eine gesetzlich verankerte Instanz mit direktem Draht zum Jugendamt. Die WAZ sprach mit der Vorsitzenden, Yasemin Doganay-Domnik (37).

Was hat sich in der Arbeit verändert, seit es den Stadtelternrat gibt?

Yasemin Doganay-Domnik: Die Wege sind erheblich kürzer geworden für uns Eltern. Ehemals hieß der Kreis Jugendamtselternrat – viele meinten, dahinter steckte die Behörde. Mit dem Gremium haben wir nun feste Ansprechpartner für den gesamten Kita-Bereich. Nach dem alten Recht war es schwieriger, seine Belange vorzutragen. Der Draht zum Jugendamt ist direkter, wir verknüpfen Kita-Beiräte, Kita-Träger, Erzieher, Politik und Behörde.

Wie setzt sich der Elternrat zusammen?

Doganay-Domnik: Wir sind alle berufstätige Frauen und Männer, die das ehrenamtlich machen, und alle haben selbst Kinder in den Einrichtungen. Gewählt wurde das fünfköpfige Gremium von den Elternbeiräten, die in den Kitas bestehen, 170 gibt es in Bochum. Inzwischen sind wir noch ein Quartett: Nadine Schmidt (Bereich Werne), ebenso wie Maren Krietenbrink (Hofstede) stellvertretende Vorsitzende und Thomas Sroka (Langendreer); ich selbst vertrete Stiepel.

Wozu ist der Beirat überhaupt nötig, da es doch bereits in den Kitas Elternbeiräte gibt?

Doganay-Domnik: Unsere Hauptfunktion besteht in der Beratung der Eltern. Wir arbeiten mit ihnen zusammen, wenn jemand aus den einzelnen Gremien einer Kita. Hat jemand ein Problem, wendet er sich an uns. So gab es unlängst den Fall, dass in einem Kindergarten kein Platz zum Abstellen von Gummistiefeln war. Die aber sind unerlässlich, wenn die Kleinen draußen spielen. Die Eltern kamen bei der Kita-Leitung nicht weiter und sprachen uns an. Die Lösung war ein sogenannter Stiefelbaum, der keinen Platz wegnimmt. Oder aber die Eltern wünschen detailliert Einblicke ins pädagogische Konzept.

Was können Sie mitgestalten?

Doganay-Domnik: Beispielsweise nehmen wir Einfluss darauf, wenn die Preise für die Lebensmittel steigen, ob die Kosten auf den Tagessatz fürs Mittagessen der Kinder umgelegt werden. Jetzt müssen wir gefragt werden. Oder bei Veranstaltungen — da gibt’s eine aktive Mitwirkung, von den Eltern ausdrücklich gewünscht. Die Kitas und ihr Personalmüssen sich nun zugunsten von mehr Transparenz von Anfang an öffnen, weil die Eltern sich einbringen wollen.

Was haben sie in dem dreiviertel Jahr seit der Wahl zum Stadtelternrat erreichen können?

Doganay-Domnik: Eine unserer zentralen Forderungen war, einen Sitz im Jugendhilfeausschuss zu bekommen, um an der politischen Quelle zu sitzen. Das hat nun geklappt: Ab September gehöre ich dem Gremium an; das hat etwas gedauert, weil zunächst die Satzung dazu geändert werden musste.

Welche Probleme brennen Eltern noch auf den Nägeln, die sich der Stadtelternbeirat zu eigen macht?

Doganay-Domnik: Wir wollen eine Kita-Zusage bereits am 15. Januar eines Jahres. Bislang erfolgt die Zusage immer erst Mitte April. Für berufliche Ambitionen, etwa den Wiedereinstieg von Müttern in den Job, definitiv zu spät. Auch Arbeitgeber planen ihr Personal zum Jahresbeginn ein.

Ein weiteres Anliegen sind die Öffnungszeiten; es muss bessere Absprachen mit den Schulen geben, da viele Eltern sowohl schulpflichtige Kinder als auch welche im Kindergarten haben. Wir setzen uns für flexiblere Öffnungszeiten ein, Es gibt heute schon Angebote einer Betreuung von 0 bis 24 Uhr, selbst in kleinen Gemeinden.

Bei Schulkindern wird oft die schlechte Ernährung thematisiert. Kommunen versuchen, Defizite durch die Über-Mittag-Betreuung im Offenen Ganztag auszugleichen. Wie sieht das bei den Jüngsten aus?

Doganay-Domnik: Auch im Kindergarten gibt es da Probleme. In vielen Einrichtungen kriegen Kinder, die 35 Stunden pro Woche dort verbringen, kein warmes Mittagessen. Stattdessen müssen sie ab 12.30 Uhr ein zweites Frühstück einnehmen. Warm zu essen bekommen die, die mehr Wochenstunden bleiben. Grund ist oft das Konzept in diesen Einrichtungen, die eine geteilte Betreuung anbieten. Da verlangen wir eine Gleichbehandlung. Gute Ernährung kann nicht nur an den Wochenenden im Elternhaus stattfinden, sie ist wichtig für die gesamte frühkindliche Entwicklung.

Wie sieht es bei der U-3-Betreuung aus?

Doganay-Domnik: Das ist im Ganzen noch ziemlich ungewiss. Offen bleibt, welche Kitas ausgebaut werden sollen. Wir fordern, bei einem Wechsel aus der U3- in die Ü3-Betreuung einen Verbleib in der gleichen Einrichtung.