Bochum. Die Fanmeile im Bochumer Westpark ist eröffnet. 9100 Besucher füllten zum Start am Samstagabend die Wiese an der Jahrhunderthalle. Es gab Lob und Jubel, aber auch Kritik.
Marcus Gloria hatte zwei Befürchtungen: dass zu wenig oder zu viel Menschen in den Westpark strömen. 15.000 Menschen passen auf das Gelände; alles unter 5000 wäre eine Enttäuschung gewesen. Der Macher traf die Mitte: Mit 9100 Besuchern war die „Sparkassen-Fankurve“ an der Jahrhunderthalle am Samstag prächtig gefüllt, aber nicht überfüllt. Bochums größte EM-Party feierte einen gelungenen Start.
„Gloria, übernehmen Sie.“ Der Auftrag von OB Ottilie Scholz war eindeutig: Marcus Gloria („Cooltour“), seit 26 Jahren Organisator des XXL-Musikfestivals Bochum Total, sollte unserer Stadt nach dem Planungsdebakel vor der WM 2010 (Stichwort: Platz an der Castroper Straße) ein massentaugliches Fest zur Fußball-EM 2012 bescheren.
Anfangs war das Colosseum an der Alleestraße als Fanmeile vorgesehen. Doch schnell war klar: Die 6000 m2 große Wiese hinter der Industriekathedrale eignet sich für das Rudelgucken deutlich besser. Das Areal ist nur über drei gut zu kontrollierende Zuwege erreichbar und muss daher nicht eingezäunt werden; ausreichend Parkplätze und die Haltestelle Bochumer Verein sind in direkter Nähe; es gibt keine Nachbarn, die durch den Lärm gestört werden.
"Größte Videowand des Ruhrgebiets"
Die Sparkasse ging als als Hauptsponsor in die Offensive. (Bau-)Ordnungsamt, Polizei und Feuerwehr knüpften ein engmaschiges Sicherheitsnetz. Cooltour beauftragte mit den „Miners“ einen fußballerfahrenen Sicherheitsdienst. Die mit 7x11 Metern „größte Videowand des Ruhrgebiets“ wurde gebucht. Das „neue Sommermärchen“ (Sparkassen-Chef Goldmann), es konnte beginnen.
Public Viewing im Westpark
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Zwar war zum Auftakt nicht alles märchenhaft: Es gab Kritik an den Kontrollen, Preisen und Toiletten (siehe WAZ-Check). Das Spiel der Nationalelf gegen Portugal entfachte bis zum späten 1:0 nicht eben Jubelstürme. Nach Sonnenuntergang wurde es empfindlich kühl. Die meist jugendlichen Besucher in Schwarz-Rot-Gold indes fanden das Public Viewing „echt klasse“, wie Robert (17) und Eva (16) schwärmten. „Fußball mit tausenden Fans zu gucken: tolle Sache, viel schöner als zu Hause!“
Marcus Gloria und Andreas Kuchajda, als bovg-Chef Hausherr im Westpark, sprechen von einer „äußerst gelungenen, vor allem friedlichen Premiere“. Volker Goldmann strahlte: „Ich hatte vorher echt Bammel. Toll, dass wir so viele Menschen erreicht haben.“
Am kommenden Mittwoch könnten es noch mehr werden. Das EM-Spiel Deutschland - Holland (20.45 Uhr) verspricht Spannung pur. Spielt das Wetter halbwegs mit, wird im Westpark mit über 10.000 Besuchern gerechnet.
Der Westpark im EM-Check:
Sicherheit: 102 Ordnungskräfte setzen die Vorgaben der Veranstalter und Behörden strikt um. Das Mitbringen „jeglicher Art von Speisen und Getränke“ ist untersagt. Wie im Stadion müssen die Besucher an den Zugängen die Taschen öffnen. Glas- und PET-Flaschen und sogar Tetra-Packs müssen abgegeben und ggf. vor den Eingängen ausgetrunken werden. „Das geschieht aus Sicherheitsgründen, aber auch, um die Veranstaltung über den Getränke- und Imbissverkauf zu finanzieren. Anders wäre das Public Viewing bei freiem Eintritt nicht machbar“, betonen die Organisatoren. WAZ-Urteil: Der Vorwurf der Abzocke ist fehl am Platze. Niemand wird zum Konsum gezwungen. Das Glasverbot ist richtig. Bei Pappkartons indes könnte (wie auf der Fanmeile in Dortmund) eine Ausnahme gemacht werden.
Fußball-Europameisterschaft 2012Preise: „Moderate Preise“ waren für das Fanfest angekündigt worden. „Billig ist anders“, hieß es an den zahlreichen Getränke- und Imbissständen. Bier und Cola (0,5 Liter) kosten 4 Euro, der halbe Liter Wasser 3 Euro, Bratwurst 3, Currywurst 3,50 Euro. WAZ-Urteil: Ganz schön happig, aber kein Wucher. Vorschlag: Auch preiswertere 0,2- oder 0,3-l-Getränke anbieten. Nicht jeder mag einen halben Liter trinken und bezahlen.
Toiletten: „Ausreichend Toiletten“ waren den Besuchern versprochen worden. Doch die 52 Klos und 32 Urinale reichen bei weitem nicht. Vor den Toilettenhäuschen, vor allem vor den Damen-WCs, bildeten sich am Samstagabend lange Schlangen. WAZ-Urteil: Gegen den Klo-Notstand bei Großveranstaltungen scheint gerade bei den Mädels kein Kraut gewachsen. Immerhin: Die WC-Benutzung ist kostenlos.
Atmosphäre: Das einzig Störende war 72 Minuten lang das Spiel: Die Atmosphäre auf der Fanmeile war am Samstag großartig – zumindest vor dem Anpfiff und nach dem Tor. Fast alle Besucher hatten Fahnen, Trikots, Mützen und schwarz-rot-goldene Fanartikel dabei. Michael Wurst, als VfL-Stadionsprecher bestens bekannt, heizte die Stimmung an. Dass die Besucher Minute um Minute ruhiger wurden, lag nicht an der Party, sondern am weithin ereignisarmen Spiel. Jubel (leider mit den unausrottbaren Bengalos) herrschte erst wieder nach der Gomez-Führung – und hielt bis zum Schlusspfiff an. WAZ-Urteil: Der Westpark mit der Jahrhunderthalle bietet für das Public Viewing die ideale Kulisse. Warum ist man darauf eigentlich nicht schon früher gekommen?
Bildqualität: Fußballgucken auf der Großbildleinwand: das gleicht mitunter einem Suchspiel. Nicht so im Westpark: Die 11x7-Meter-LED-Wand überzeugt sowohl durch die Größe einer Dreizimmerwohnung als auch durch exzellente Bildqualität. Auch für die Fern-Seher weiter hinten auf der Wiese sind die Ballwechsel noch gut zu verfolgen. Sicht-Probleme bekommen nur Kinder und klein gewachsene Fußballfans. Sie sollten zusehen, frühzeitig zu kommen und möglichst nah vor der Videowand Platz zu finden. Gute Sicht gibt es auch auf dem Fußweg oberhalb des Walls. WAZ-Urteil: Die Technik hält, was sie verspricht. Gomez & Co. sind von jedem Platz messerscharf zu erkennen. Fußball live und hautnah – fast wie im Stadion.
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