Bochum. Der Frühling lockt die Menschen ins Freie. Die Bochumer freuen sich über angenehme T-Shirt-Temperaturen um die 20 Grad.
Die einen nehmen einen Korb mit zum Picknick, die anderen Anatomiebücher. Aniela Redlich und Jasmin Sillenberg, Medizinstudentinnen an der Ruhr-Uni, lesen konzentriert in ihren Wälzern zur menschlichen Physiologie. Während die Vormittagssonne die Wiese vor dem Bergbaumuseum stetig auf Frühlingstemperatur bringt, lernen sie für eine Klausur. „Ich bin froh, dass ich mal rauskomme“, erzählt Redlich. „Ich habe die letzten Tage nur drinnen gesessen und gepaukt, das war schon sehr deprimierend.“
Jetzt sitzt die 20-Jährige auf dem Rasen und wartet darauf, dass die Sonne ihr einige Endorphine verschafft - auch das ist Physiologie. Es ist Frühling, die Tage sind heller, wärmer und länger. Der Lenz scheint die Menschen fernzusteuern. Wie ein Puppenspieler holt er sie raus aus der Wohnung und rein in die Cafés, Parks und Grünanlagen. Bei Sonnenschein und Temperaturen, die an der 20 Grad-Marke kratzen, lassen sie es gerne über sich ergehen.
Einige Meter vom Bergbaumuseum entfernt, in der Kleingartenanlage „Im Schmechtingswiesental“, beschäftigen sich die Pächter derweil mit der Art praktischer Biologie, die man nicht im Hörsaal, sondern einzig auf Feld und Wald lernt. „Man nennt mich hier nur ‚Dieter’“, stellt sich einer von ihnen vor, während er die Steinplatten sauber fegt. Auf seinen Beeten begrüßen die ersten Frühlingsboten die Gäste seiner Parzelle: gelbe Narzissen und blaue Hyazinthen. Dieter hat dafür gesorgt, dass sie in voller Pracht erstrahlen können. Widerspenstiges Unkraut hat seine Spuren hinterlassen, die Hände und die Kleidung sind gezeichnet von der Arbeit.
Kurzurlaub im Garten
Nicht nur die Flora, auch die Fauna sendet Botschafter: Einige Meisen haben sich im Nistkasten bereits an seiner Gartenhütte zum Brüten niedergelassen. „Daran merk’se, dass der Winter endlich vorbei ist und der Frühling kommt“, weiß Dieter. Er genießt die vielen Kurzurlaube in seinem Garten. „Ich komme vom Land“, berichtet er. Daher freut er sich sehr darüber, dass der Kleingarten in Innenstadtnähe liegt. „Mitten in der Stadt, das ist doch wunderbar“, schwärmt er.
Frühlingserwachen im Revier
Während der Rentner sich in seiner grünen Enklave vom urbanen Leben erholt, holen sich andere ein Stückchen Natur nach Hause. Heidrun Bolst sucht in „Herker’s Blumenhof“ nach Blumen für ihre Wohnung. „Sechs Balkonkästen wollen bepflanzt werden“, sagt Bolst strahlend. „Das Wetter hat mich dazu animiert, den Balkon endlich schön zu machen.“ Primeln warten jetzt im Einkaufswagen nebst Stiefmütterchen leuchtend auf ihren großen Auftritt. Sie werden die kommende Zeit als floristische Visitenkarten die Anbauten an den Hausfassaden verschönern.
Die Stadt putzt sich heraus
Auch die Stadt Bochum putzt sich derzeit heraus, um dem Frühling angemessen zu begegnen. Die letzten Laubreste als verbliebene Zeugen der kalten Jahreszeit werden eingesammelt, Büsche gestutzt und die Brunnen wieder zum Laufen gebracht. Ein neuer Spielplatz wird derzeit an der Thüringer Straße in Goldhamme gebaut, damit Kinder das gute Wetter vor der eigenen Haustür nutzen können.
Nicht nur die Kleinsten freuen sich über regenfreie und sonnenreiche Tage, sondern auch ein ganz bestimmter Menschenschlag: die Biker. „Die Kundschaft rennt uns die Türen ein“, berichtet Markus Wirth. Er arbeitet in der „Steel Factory“, einem Spezialgeschäft für Motorradfahrer. „Seit zwei oder drei Wochen kommen viel mehr Menschen“, sagt er und entschuldigt sich, er müsse sich um die Kunden kümmern. Der Frühling – er will halt so schnell wie möglich genossen werden.