Bochum. . Rentner Hans Werner Becker weiß als Rentner genau, was man jetzt im Garten anpflanzen kann. Er selbst freut sich auf den Frühling, aber mehr noch auf den Herbst - wegen der Ernte.
Leer stehen die Lauben im Kleingartenverein Riemke. Ein älterer Herr harkt stumm das getrocknete Laub vom Rasen. Der Himmel ist grau an diesem kühlen Märzmorgen. Hans Werner Becker, Rentner und Gärtner mit Leib und Seele, ficht das schlechte Wetter nicht an. Der 72-Jährige steht bestens gelaunt auf seiner 310 Quadratmeter großen Parzelle und winkt.
„Mir juckt es in den Fingern, aber es ist einfach noch zu früh, um zu pflanzen“, warnt der Rentner. Auch wenn es schwer fällt: „Bis April sollte man warten, der Frost kann noch kommen.“ Zwar sprießen Schneeglöckchen und Krokusse bereits zaghaft aus dem Boden, aber dem Rest der blühenden Pflanzenwelt ist einfach noch zu kalt.
Der Trend geht zum Vier-Früchte-Baum
Was also tun? Den selbst gemachten Pflaumenlikör verputzen, den Becker als guter Gastgeber auf den Tisch seiner Laube stellt? Oder doch lieber den Brombeerwein und warten, bis der Frühling endlich Einzug hält. Nichts von alledem, denn auch in der Vorsaison werden hier die Ärmel hochgekrempelt. Hans Werner Becker erhebt sich von seinem Stuhl und marschiert Richtung Pflaumenbaum. Omas Zwetschgen waren gestern -- Heute geht der Trend zum Vier-Früchte-Baum.
Mirabelle, Victoria, Sommerpflaume und Zwetschge sollen bereits in wenigen Monaten gepflückt werden können. Wie das funktionieren soll? „Mit Veredelung“, so der Fachmann. Die Baumrinde wird dabei bis aufs Holz angeritzt. Hier befindet sich der Saft, der zwischen Rinde und Holz nach oben fließt. „Das Edelholz der späteren Baumsorte wird anschließend an dieser Stelle deponiert.“ Ganz so einfach funktioniert die Veredelung dann doch nicht. „Man muss sich schon Fachliteratur besorgen und in das Thema einlesen. Vor allem aber müssen selbst fortgeschrittene Gartenprofis eines: „üben, üben, üben“. Die Praxis macht den Kohl halt doch fett.
Tricks für den Gemüseanbau
Auch in punkto Gartengemüse kennt Hans Werner Becker, der vor 25 Jahren einen Facharbeiterlehrgang zum Gärtner absolvierte, ein paar Tricks. In seinem kleinen Gewächshauses keimen seit Anfang März die ersten Gemüsesorten: Kohlrabi, Paprika, Rotkohl und Kartoffeln. Vier Wochen lang bleibt die Saat in kleinen Töpfchen stehen, bis die Samen aufgehen. Geheizt wird aus Kostengründen nicht mit Gas, sondern mit roten Farblichtern. „Die sind günstig und halten drei bis vier Tage.“
Mehr als zwei Grad plus bedarf es nicht, um das zarte Grün wachsen zu lassen. Sprießen in wenigen Wochen dann die ersten Keime, kann die Bio-Kost in große Töpfe eingepflanzt werden, „aber bitteschön in nährstoffreiche Erde.“ Gibt es ein Gemüse, das derzeit bei den Kleingärtnern besonders großen Anklang findet? „Rote Kartoffeln sind der Trend“, weiß Becker. Auch wenn seine Frau diese Sorte offensichtlich nicht mag. „Die sind ihr einfach unsympathisch.“ Er selbst schwört auf die farbige Knolle: „Die Schale ist rot, der Kern schön kräftig gelb und geschmacklich sind die prima.“
Mit der Gartenarbeit hält sich der Mann, der bis zu seiner Rente als Techniker arbeitete, seit über 30 Jahren fit. „Das Wühlen in der Erde, zu sehen, wie die Natur langsam erblüht, das ist es, was die Gartenarbeit so Besonders macht. Was ihm im Winter am meisten fehlt? „Die Sonne“, wie wohl jedem von uns. Spätestens ab nächster Woche wird sich die Anlage wieder mit Leben füllen und auch die Schön-Wetter-Gärtner werden dem hart gesottenen Profi erneut Gesellschaft leisten. So wie in jedem Jahr.