Bochum.

Große und teils alte Bäume sollen abgeholzt werden, damit Aldi am Lütgendortmunder Hellweg an alter Stelle neu bauen kann. Der Lebensmitteldiscounter hat dort eine Filiale und will den Markt an der Adresse mit einer Größe von 799 Quadratmetern und 70 Stellplätzen errichten; dazu muss zuvor das Altgebäude abgerissen werden.

Der Bauherr setzt ob der Lage auf ein großes Einzugsgebiet mit Werne, Langendreer und Dortmund-Lütgendortmund. Deshalb drängte er darauf, dass die Fläche für die Parkplätze ausgeweitet werden soll auf 70. Das Bauordnungsamt hatte ursprünglich nur 40 Parkplätze zugelassen.

Der Großteil der Bäume, die gefällt werden sollen, unterliegt der Baumschutzsatzung. Gemessen wurden Stammumfänge von bis zu drei Metern (etwa bei einer 70 Jahre alten Rosskastanie).

Nicht alle Bäume durch Satzung geschützt

Doch nicht alle sind durch die Satzung geschützt; bei sechs Bäumen sind die Umfänge zu gering (unter 80 cm). Bei zwei weiteren sei die Fällung gerechtfertigt, da sie als krank gelten, soweit die Verwaltung.

Aus „Gründen der Verkehrssicherheit“ sind zusätzlich zwei Roterlen sowie fünf Birken zu entfernen. Für die muss kein Ersatz geschaffen werden. Erhalten bleiben lediglich acht Bäume (Ahorn und Buche). Der Bauherr muss insgesamt für die gefällten Bäume 18 Laubbäume neu anpflanzen.

Fällungen für Beginenhof -Bau

An der Kornharpener Straße bauen die Bochumer Wohnstätten den sogenannten Beginenhof – Genossenschaftswohnungen für 20 Frauen auf dem Gelände des ehemaligen Gemeindezentrums Maximilian Kolbe. Die katholische Gemeinde Liebfrauen hatte das Zentrum aus finanziellen Gründen aufgeben müssen; die Kirche bleibt erhalten, die Häuser werden darum gruppiert.

Für das Projekt müssen ebenfalls satzungsgeschützte Bäume entfernt werden. Bei fünf von ihnen sei die Fällung laut Verwaltung gerechtfertigt, da sonst die Neunutzung des 4600 Quadratmeter großen Grundstücks nicht möglich wäre. Eine Wildkirsche müsse ebenfalls weg, weil sie im künftigen Pflasterbereich stehe. Acht Ersatzpflanzungen schreibt die Stadt dem Bauherrn vor, die wegen Platzmangels nicht alle auf dem Grundstück möglich sein werden.

Stadt setzt selbst Säge an

Um einen Rückstau auf der Kornharpener Straße zu vermeiden, soll die Grundstückseinmündung vergrößert werden, dem wiederum ein Straßenbaum im Wege stünde. Zurzeit verhandeln Stadt und Architekt, ob die Einfahrt verlegt werden, um die Straßenbäume zu erhalten.

Auch die Stadt selbst setzt die Säge an: Das Tiefbauamt lässt in den nächsten Tagen roden, um neue Kanäle bauen zu können. Die Arbeiten beginnen zwar später, die Bäume müssen jedoch vor Beginn der Brutzeit gefällt werden.

Ab dem Frühsommer baut das Tiefbauamt rund um den Katholikentagsbahnhof die Kanäle für das „City-Tor-Süd“. Wiemelhausen: Im Juli 2011 brach zwischen Wiesen- und Wohlfahrtstraße ein Kanal nach starken Regenfällen ein. Im Sommer beginnt der Bau des neuen Kanals. Für die Arbeiten müssen Bäume gefällt werden. Nach dem Bau der Kanaltrasse wird der Bereich wieder aufgeforstet. Im Werner Park entfernt das Tiefbauamt nach dem Einbruch eines Kanals zwei Bäume und einige Sträucher, um den Schaden reparieren zu können.

CDU will Baumschutzsatzung abschaffen

Die CDU bezweifelt den Nutzen der Baumschutzsatzung. Lothar Gräfingholt, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit Ordnung und Verkehr, fragt nach dem Stellenwert der städtische Baum in der Stadtentwicklung.

„Angesichts der heutigen Schnelllebigkeit neigen wir leider dazu, den nachhaltigen Nutzen der Bäume zu gering zu schätzen. Neue Bauvorhaben fordern nicht selten die Fällung alten Baumbestandes. Hier überwiegen wirtschaftliche Interessen häufig gegenüber ökologischer Interessen.“

Skurrile Gründe

Vor dieser Tatsache schütze auch die Bochumer Baumschutzsatzung den Stadtbaum nicht. Oftmals würden skurrile Gründe für eine angeblich notwendige Baumfällung angeführt. So scheint ein Baum erkrankt, wenn z.B. seine Krone linksseitig stärker ausgebildet sei als auf der rechten Seite. „Dies sind Gründe, die scheinbar nur dazu dienen, den wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers zu dienen. Wir sind der Auffassung, dass die Baumschutzsatzung abgeschafft werden muss, da sie lediglich Personal- und Verwaltungskosten produziert, den Baum aber faktisch nicht schützt.“

Ein verlässlicher Baumschutz sei nur mit Hilfe einer Leitbilddiskussion zu erreichen. Im Hinblick auf die Bewerbung zur Umwelthauptstadt Europas sollte Bochum - ähnlich wie Hamburg - definieren: „Welchen Stellenwert haben Bäume in unserer Stadt und in unserer Gesellschaft. Damit würde allen Beteiligten ein nachvollziehbarer Handlungsrahmen gegeben.“