Bochum. Die verkaufsoffenen Sonntage in Bochum sollen trotz einer ersten Ablehnung im Rat fortgeführt werden. Vermutlich wird es aber weniger Feiertags-Einkäufe geben.

Für die verkaufsoffenen Sonntage in Bochum ist nicht aller Tage Abend. Nach dem überraschenden Aus im Rat kündigen die Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Einzelhandelsverband einen neuen Vorstoß an. Auch die rot-grüne Mehrheitsfraktion will den Sonntag retten. Im Gespräch ist die Streichung von ein bis zwei Terminen.

Fassungslosigkeit, Genugtuung, Verbitterung, Glückseligkeit: Das knappe Ratsvotum entfacht zwiespältige Gefühle. 13 verkaufsoffene Sonntage (davon drei in der Innenstadt) hatte der Einzelhandelsverband für dieses Jahr beantragt. Der Rat versagte der Einkaufsliste mit 37:36 Stimmen erstmals seine Zustimmung.

Ob allen Nein-Sagern die Konsequenzen bewusst waren, ist fraglich. Der Fraktionszwang war aufgehoben. „Möglich, dass mancher dachte, die Mehrheit für den Antrag stehe auch ohne ihn“, grübelt OB Ottilie Scholz. Dass der Beschluss das (vorläufige) Ende für sämtliche Sonntagsöffnungen bedeutet, wurde am Freitag mancherorts als „Panne“ und „Betriebsunfall“ gewertet.

"Luft zum Atmen genommen"

Das Echo in der Wirtschaft ist verheerend. „Der Rat hat Bochum von der Karte der attraktiven Einzelhandelsstandorte gestrichen und damit nur einem gedient: der Wirtschaftsförderung der Nachbarstädte“, giften IHK und Einzelhandelsverband. Den Stadtteilzentren werde „die Luft zum Atmen genommen“ – u.a. in Linden, wo sich die Werbegemeinschaft in ihrer Arbeit „um Jahre zurückgeworfen“ sieht. „Wir werden den Beschluss so nicht hinnehmen. Es geht um die Zukunft unseres Stadtteils“, sagt Vorsitzender Karl-Heinz Schulte.

Die Geschäftsleute erhalten Rückendeckung von der CDU-Spitze. „Diese Entscheidung ist ein Schlag für den Bochumer Einzelhandel“, erklärt Klaus Franz, Vorsitzender der Ratsfraktion. Seine Fraktion habe „mit 80 Prozent“ für den Antrag gestimmt. „Die rot-grüne Koalition und die Linken haben dem Standort schweren Schaden zugefügt.“

Klaus’ Fraktionskollege Lothar Gräfingholt widerspricht vehement. Als Vorsitzender des Katholikenrates begrüßt er mit dem Evangelischen Kirchenkreis das Nein im Rat. Dies, so heißt es in einer Stellungnahme, bedeute „keinen Imageverlust“. Vielmehr befinde sich Bochum in „einer Vorreiterrolle“. Längst werde auch in anderen Städten über die Abschaffung bzw. deutliche Reduzierung der Sonntagseinkäufe diskutiert. Eine solche „Wertedebatte“ sei auch in Bochum notwendig.

"Verzicht schwächt die Wettbewerbsfähigkeit"

Das baldige Gespräch mit IHK und Einzelhandelsverband sucht OB Scholz. „Ich halte die Entscheidung für wenig glücklich. Manchen Argumenten der Gegner kann ich nicht folgen“, sagte sie gestern der WAZ. Bereits in der nächsten Woche soll über einen neuen Antrag beraten werden. Wie es heißt, soll die Liste verkürzt werden. Gestrichen werden soll u.a. ein Verkauf am Muttertag (13. Mai). Die SPD zeigt sich offen für Kompromisse. „Ein kompletter Verzicht schwächt die Wettbewerbsfähigkeit. Das darf nicht das letzte Wort gewesen sein“, betont Unterbezirksvorsitzender Thomas Eiskirch. „Wir haben dagegen gestimmt. Aber es kann nicht sein, dass Bochum gar keinen verkaufsoffenen Sonntag mehr zulässt“, ergänzt Wolfgang Cordes, Fraktionschef der Grünen.

Eile ist geboten. Der Sonntags-Reigen 2012 soll am 11. März im Rahmen der Gertrudiskirmes in Wattenscheid eröffnet werden. Dort bangt die Werbegemeinschaft um bis zu 20 000 Feiertags-Kunden.