Bochum. .

Simone Mülfarths Sohn geht in die vierte Klasse einer Bochumer Grundschule. Bald steht der Schulwechsel an. „Bis zur Theodor-Körner-Schule sind es mit dem Rad gerade fünf Minuten“, sagt die Mutter. Ihr geht es ähnlich wie vielen anderen Eltern, die nur den Kopf schütteln über das Los-Verfahren, das nun zum Zuge kommt, wenn zu viele Schülerinnen oder Schüler ein bestimmtes Gymnasium wählen. „Da droht doch ein Schultourismus quer durch die Stadt“, fürchtet sie.

Hintergrund der Aufregung ist das nach den Beschwerden einiger Eltern geänderte Anmeldeverfahren für die Bochumer Gymnasien. Zur Erinnerung: Als 15 Kinder aus der Hufelandschule im vergangenen Jahr vom Neuen Gymnasium abgewiesen werden mussten und statt dessen zur verkehrstechnisch schlechter zur erreichenden Lessingschule wechseln sollten, gab es Proteste. Beim Regierungspräsidenten bekamen die Eltern schließlich Recht. Die betroffenen Kinder durften nun an ihre Wunschschule, wo es allerdings nun in den Eingangsklassen mit bis zu 32 Kindern arg eng ist.

"Rechtssicherheit schafft noch lange keine Gerechtigkeit"

Um neuerlichen Beschwerden im kommenden Jahr vorzubeugen, kommt nun nach Abstimmung mit der Bezirksdirektorenkonferenz und dem Schuldezernat der Bezirksregierung das neue Verfahren zur Geltung.

So richtig glücklich allerdings, abgesehen von der Fraktion der Linken, die sich mit einem Antrag bereits im Frühjahr für ein gerechteres Verfahren stark machte, scheint kaum jemand über die neue Regelung zu sein. „Rechtssicherheit schafft noch lange keine Gerechtigkeit“, kommentierte Ulrich Wicking, Leiter des Schulverwaltungsamtes, das jetzt erzielte Ergebnis. Künftig sollen Ablehnungen nur ausgesprochen werden, nachdem zunächst eventuell vorhandene Härtefälle ermittelt werden festgestellt wird, ob Geschwisterkinder zu berücksichtigen sind. Im Anschluss daran, werden die verbleibenden Anmeldungen unter dem Rest verlost.

Drei Gymnasien überbucht

Hinzu kommt, dass Eltern nur noch ein Wunsch-Gymnasium angeben dürfen. Wer nach dem Verfahren eine Ablehnung erhält, bekommt parallel den Hinweis, an welchem Bochumer Gymnasium es freie Plätze gibt. Dann greift wieder das obige Verfahren.

Im vergangenen Jahr wurden 1236 Kinder für die zehn Bochumer Gymnasien angemeldet. Bei rund 60 Kindern (ca. 5 Prozent) konnte der Erstwunsch nicht befriedigt werden. Außer beim Neuen Gymnasium waren hauptsächlich die Goethe-Schule (31 Abweisungen) und die Engelbert-Schule (7) „überbucht“.

Ungebrochener Ansturm auf Gymnasien

Gespannt dürften alle Beteiligten auf das Anmeldeverfahren für das kommende Schuljahr blicken. Denn die hauptsächlich als ein wichtiges Stimmungsbarometer für die Einrichtung der beiden neuen Sekundarschulen gedachte Elternbefragung brachte en passant Erkenntnisse zu den Gymnasien mit sich. 1686 der befragten Eltern (47 Prozent) gaben an, ihr Kind für eines der Gymnasien anmelden zu wollen. Dies dokumentiert einen weiterhin ungebrochenen Ansturm auf Schulen, die einen höheren Abschluss ermöglichen.

Simone Mülfarth jedenfalls findet vor dem Hintergrund, dass am Schluss womöglich die „gerechte“ Lostrommel entscheidet, den aktuell stattfindenden Schaulauf der Gymnasien (Tage der offenen Tür) merkwürdig: „Da wird nur vorgespielt, dass die Kinder eine wirkliche Chance auf eine bestimmte Schule haben.“