Bochum. .
Es ging zuletzt schnell. Der Weg von der baufälligen Ruine des ehemaligen Katholikentagsbahnhofs bis zum pulsierenden Zentrum des Nachtlebens als das sich das Gebäude am vergangenen Wochenende präsentierte, als an an zwei Abenden auf jeweils vier Bühnen sich das Partyleben der Stadt konzentrierte. Von der Live-Band bis zu neuester Bassmusik.
In der Rotunde - so nennt sich das Gebäude jetzt - begegnet man offenen Wänden, rauh und unverputzt, einer improvisiert wirkenden Theke, baulichen und infrastrukturellen Ornamenten einer funktionalen Vergangenheit und spektakulären Perspektiven. Innerhalb weniger Monate waren hier opulente Ausstellungen, hervorragende Lesungen der Macondo-Reihe, Konzerte und überregional bedeutende Theaterstücke zu sehen. Kulturdezernent Townsend betonte deshalb kürzlich, dass „ein rougher Katholikentagsbahnhof als Ort avantgardistischer, studentischer Kultur sehr wohl neben eine etablierte Kulturinstitution“ passe.
Kulturpolitikfrei Zone?
Doch zunächst einmal hat die Stadt wenig damit zu tun, was hier passiert. Leo Bauer, Gastronomie-Urgestein, war hier ein wenig fitzcarraldo-mäßig der Antreiber und Investor. Nun kann der Subkultur-Liebhaber Bauer bekanntlich sehr gut mit dem Geschäftsmann Bauer. Schon oft hat er bewiesen, dass er Profit aus der Erkenntnis zu ziehen weiß, dass wo die Künstler sich tummeln, auch gefeiert und getrunken wird. Doch das muss die Kreativen nicht kümmern, die hier perfekte Räume bekommen, sich zu entfalten, zu präsentieren und zu netzwerken.
Als dieser Zusammenhang kürzlich als Glücksfall „kulturpolitikfreie Zone“ (auf dem Blog „Ruhrbarone“ von Stefan Laurin) geschildert wurde, intervenierte dann doch noch die Stadt. Hans Hanke (SPD) wies darauf hin, dass es erst durch die Aufnahme in die Denkmalliste und die stadtplanerischen Überlegungen, den Ort zum Ankerpunkt zukünftiger Kreativwirtschaft zu machen, soweit habe kommen können. Gemeinsam habe man ein Ziel erreicht. Sarkastisch könnte man da nachfragen, wie es denn „gemeinsam“ gelungen sei, das nur wenige Meter entfernt geplante Kleinkunst-Theater von Frank Goosen zu verhindern? Aber das ist eine andere Baustelle.
Quo vadis, Rotunde?
Zu fragen bleibt, wie es weitergeht mit dem schillernden Kulturraum? Die Phase der ersten Etablierung ist fast vorbei und die Rotunde befindet sich in einem Schwebezustand. Irgendwo zwischen den Interessen einer freien, hedonistisch-urbanen Kulturszene, die sie auf gewisse Weise adoptiert hat, zwischen ökonomisch-gastronomischen Interessen, die zuvorderst auf den Erfolg der Partys aufbauen könnten, und einer Kulturbürokratie, die hier auch in Zukunft gerne die Produkte der geliebten „Kreativwirtschaft“ präsentiert sehen würde, ohne darin investieren zu können.
Im besten Falle geht es so weiter wie bisher und ein noch breiteres Publikum entdeckt die Facetten einer bunten Kultur. Wenn es schief geht, erlebt Bochum hier nur einen kurzen Sommer der Kreativität.