Bochum. . Die Respektlosigkeit gegenüber Polizisten wächst. Allein im vergangenen Jahr gab es im Bochumer Polizeibezirk 324 Anzeigen nur wegen Beleidigungen. Vor allem bei Fußballspielen werden den Beamten Beschimpfungen entgegengeschleudert.
Die Beleidigungen, über die Amtsrichterin Gabriele Hein in dieser Woche urteilen musste, waren wie fast immer – hemmungslos. Ein 21-jähriger Lehrling hatte sich in den Ruhrwiesen in einer Clique mit Alkohol volllaufen lassen und dann die Polizisten nach allen Regeln des Hasses beschimpft. Dabei war die Polizei nur eingeschritten, weil in der Runde Nazi-Parolen gegrölt worden sein sollen. Das war dem 21-Jährigen egal. Er meinte, die Polizisten verbal anspucken zu müssen.
Auch interessant
Ein Verhalten, mit dem die Polizisten immer öfter in ihrem Alltag leben müssen. „Es ist schlimmer geworden“, sagt der Leitende Polizeidirektor Martin Jansen auf WAZ-Anfrage zu den Beleidigungen gegen Polizisten. Er muss es wissen, denn er ist der Chef des gesamten Streifendienstes, der Leitstelle und der Bereitschaftspolizei. Allein im vergangenen Jahr gab es im Bochumer Polizeibezirk 324 Anzeigen nur wegen Beleidigungen. „Die Respektlosigkeit gegenüber der Polizei ist gewachsen, der Respekt ist gesunken.“ Das ist der Eindruck, den er in den drei Jahren, in denen er dieses Amt führt, gewonnen hat.
Oft Alkohol im Spiel
Vor allem bei Fußballspielen würden den Beamten auffallend oft Beleidigungen entgegengeschleudert. Von Menschen, die alkoholisiert seien. Auch bei Demos sowie im Bermuda-Dreieck am Wochenende sei dies ein Problem. Auffallend sei ferner, dass einige Menschen mit Migrationshintergrund, gegen die die Polizei aus ganz konkreten Gründen einschreite, mit Beleidigungen reagieren würden. Die Betroffenen würden den Polizisten dann unterstellen, dass sie nur wegen des Migrationshintergrunds aktiv geworden wären. Die Wahrheit sei aber ganz anders und würde zum Beispiel lauten: „Nee, weil sie nicht angeschnallt waren.“ Da würde, so Jansen, „die Polizei in die rechte Ecke gedrängt“. Er betont aber: „Die Polizei steht auf neutralem Boden, auf dem von Gesetz und Recht.“
Jansen berichtet auch von „zunehmend Frauen, die alkoholisiert Beleidigungen aussprechen“. Und auch von „Beleidigungen auf sexueller Basis, die tief unter die Gürtellinie gehen“. Ein Indiz für den teilweisen Verlust an polizeilicher Autorität ist auch die folgende Szene: Da sei, erzählt Jansen, ein Fußgänger bei Rot über die Ampel gegangen, obwohl in der Nähe ein Streifenwagen gestanden habe. Nach dem Einschreiten der Beamten habe sich die Person sogar noch beschwert.
Zurück zu dem 21-Jährigen, der jetzt vor Gericht stand. 600 Euro muss er als Buße für seine Hasstiraden an den Staat zahlen. Das sei aber „hart“, klagte er verständnislos. „Das soll’s auch sein“, meinte die Richterin. Einer der beleidigten Polizisten sagte im Zeugenstand über die Hassausbrüche: „Ich verstehe das nicht.“