Bochum. .
Die Antifaschistische Jugend Bochum hat am Montag vor dem Gerichtsgebäude einem angeklagtem Mitglied mit einem bizarrem Schauspiel Beistand geleistet und dabei Vorwürfe gegen den TV-bekannten Polizisten Thomas „Harry“ Weinkauf erhoben.
„Salesch meets Harry“: Auf dem Husemannplatz wurde am Montag ein Schauspiel der bizarren Art geboten. Regie: die Antifaschistische Jugend Bochum. Unfreiwilliger Hauptdarsteller: Polizeioberkommissar Thomas „Harry“ Weinkauf (45), dem vorgeworfen wird, einen Demonstranten geschlagen zu haben.
In Anlehnung an die gängigen Gerichtsshows und die TV-Serie „Toto und Harry“ inszenierten Aktivisten der linken Szene am Morgen vor dem Gerichtsgebäude ein Straßentheater mit Papp-Schutzschilden und „Harry“-Masken. Beäugt von einem erheblichen Polizeiaufgebot, galt es, einem der ihren zur Seite zu stehen: Tobias K., angeklagt des Widerstands und der Beamtenbeleidigung.
„Harry, hau ab!“
Am 8. Mai 2010 hatten Mitglieder der Antifaschistischen Jugend in der Bochumer Innenstadt gegen einen Info-Stand der NPD protestiert - darunter der damals 24-jährige Tobias K., der einen Sonnenschirm beschädigt und die einschreitenden Polizisten als „Nazi-Bullen“ beleidigt haben soll. K. bestreitet beide Anschuldigungen. Als er Weinkauf erkannte, habe er lediglich gerufen: „Harry, hau ab!“
Weinkauf und ein Kollege nahmen den Studenten zur Feststellung der Personalien mit zur Wache. Dort, so „Harry“, habe der junge Mann versucht, den Verhörraum zu verlassen. Er habe ihn festgehalten und zurückgezogen. Bei dem Handgemenge seien beide gegen eine Wand geprallt. Dabei habe sich Weinkauf eine schmerzhafte Verletzung am kleinen Finger zugezogen. Nach zwei Stunden im Gewahrsam wurde Tobias K. auf freien Fuß gesetzt.
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Gestern musste sich der angehende Sozialarbeiter vor dem Amtsgericht verantworten. Der Angeklagte beteuerte, keinen Fluchtversuch unternommen zu haben. Grundlos sei er von dem TV-bekannten Polizisten „am Kragen gepackt und mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht und auf den Oberkörper geschlagen“ worden, ohne dass anwesende Polizeibeamte eingegriffen hätten: „Ich war geschockt, dass so etwas möglich ist. Niemand hat etwas getan.“
Verhandlung wurde vertagt
Vor dem Amtsgericht wurde der Prügel-Vorwurf am Montag nicht weiter behandelt. Weil der erkrankte Kollege von Weinkauf derzeit nicht als Zeuge zur Verfügung steht, wurde die Verhandlung vertagt. Voraussichtlich am 7. Februar soll es weitergehen.
Gegenüber der WAZ wies Weinkauf die Anschuldigungen von Tobias K. entschieden zurück und sprach vom „Fluch der TV-Serie“. Große Teile der Bochumer Bevölkerung begegneten ihm freundlich und voller Sympathie. Für die linke Szene indes sei er seit langem ein rotes Tuch. „Diese Leute versuchen nicht zum ersten Mal, sich die Bekanntheit von ,Harry’ zunutze zu machen, um Öffentlichkeit für ihre eigenen Zwecke und politischen Ziele herzustellen.“
Ein Sprecher der AntiFa-Jugend hingegen erkennt im Fall Tobias K. den „erneuten Versuch, uns mundtot zu machen. Falsche Anschuldigungen werden zum Vorwand genommen, um linke Aktivisten von der Staatsanwaltschaft mit Strafverfahren zu überziehen und mit dem Zerrbild der ,Chaoten’ zu behaften“.
Vor und im überfüllten Gerichtssaal verlief das Aufeinandertreffen der Kontrahenten gestern weitgehend friedlich. Auf der Seite der Tobias K.-Unterstützer blieb es bei Grimassen und höhnischen Kommentaren. Weinkauf ließ sich nicht provozieren und agierte auch im Zeugenstand äußerlich ruhig und gelassen.