Bochum. Es ist kein Einzelfall. Viele Kirchen wurden in den vergangenen Jahren geschlossen. Diese Gemeinde tut sich sehr schwer mit der Endgültigkeit.
Der Stachel sitzt tief. Das merkt man schnell in der Runde, die sich in der Heilig-Geist-Kirche in Bochum-Harpen versammelt hat. Das Gotteshaus fällt dem Sparkurs des Bistums zum Opfer und wird im geschlossen. Kein Einzelfall in der Pfarrei Liebfrauen. Doch das tröstet hier niemanden. Die katholische Gemeinde verliert ihren Mittelpunkt, ihre Heimat. Und will nun wissen, wie es weitergeht.
Bochumer Gemeinde ist traurig über Schließung ihrer Kirche
Rund 25 Mitglieder der Gemeinde sind an diesem Abend erschienen, um genau das zu erfahren. Dabei wollen die drei Seelsorger Jutta Schneider, Jan Sienert und Marcus Steiner eigentlich einen ganz anderen Schwerpunkt setzen und der Frage nachgehen, wie man von der Kirche Abschied nehmen will. Das kommt bei ihren „Schäfchen“ nicht gut an.
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„Ich brauche keine Trauerbegleitung für die Kirche“, sagt ein junger Mann und geht, sichtlich enttäuscht. Der Rest bleibt, macht seinem Ärger aber Luft. Das beschlossene Aus für die Heilig-Geist-Kirche habe die Gemeinde in eine Art Schockstarre fallen lassen, sagt Anita Böhm, Mitglied im Kirchenvorstand. Die Frage, die sich alle stellten, sei: Was kommt dann, nach dem letzten Gottesdienst, der Anfang Oktober zum Erntedankfest stattfinden soll? „Es geht darum, eine neue Heimat zu finden. Wie finden wir eine neue Gemeinde? Welche Willkommenskultur erwartet uns dort?“ Dass die Tendenz zu St. Elisabeth in Gerthe geht und es auch schon eine gemeinsame Gruppe gibt, ist in der Runde bekannt. „Aber wie lernen wir die Gemeindemitglieder dort kennen, damit wir uns auch willkommen fühlen?“
Wie geht es weiter? Das wollen auch Bernhard und Hildegard Wüllner wissen. „Wo und wie sollen wir künftig die Gottesdienste besuchen? Ich bin fast blind und wäre mit dem Bus eine Stunde bis nach Gerthe unterwegs“, sagt der 87-Jährige. Er war in den 1950er Jahren dabei und hat mitgeholfen, die Kirche anlässlich des Katholikentages aufzubauen. „Von daher ist viel Wehmut dabei, sie jetzt abzuschließen.“
An der Heilig-Geist-Kirche hängen noch weitere Existenzen. So drohe die Kirchenchor-Ära mit dem Gotteshaus zu Ende zu gehen. Für die Kolpingfamilie sei das Aus sogar schon für Ende des Jahres beschlossen. Wichtig ist einigen Anwesenden, dass das Jugendheim hinter der Kirche erhalten bleibt. Viele Harpener Vereine hätten keine Bleibe, vor allem, während das Amtshaus saniert wird. Da wäre das doch ein guter Ort für regelmäßige Treffen.
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Zum Ende hin schaffen es Schneider, Sienert und Steiner dann doch noch, den Fokus der Gruppe auf verschiedene Abschiedsszenarien für die Kirche zu lenken. „Dabei darf durchaus gesponnen werden“, ermuntert Marcus Steiner zu ungebremster Kreativität. Und in der Tat sprudeln beim Blick nach vorne dann doch die Ideen.
Warum nicht ein rauschendes Fest feiern?
„Warum nicht ein rauschendes Fest?“, bringt Steiner sich selbst ein. „Das habe ich so an anderer Stelle erlebt. War schön.“ Der Gedanke gefällt nicht jedem. Aber die Kirche einfach mal leerräumen, um dort ausgelassen zu essen, zu trinken, zu feiern und sich an die gemeinsame Zeit zu erinnern – warum denn nicht? Man könne die Kirche eine Zeit lang rund um die Uhr geöffnet lassen, wird vorgeschlagen. Oder kleine Andenken von der Kirche verteilen.
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Viele Ideen drehen sich aber um den letzten Gottesdienst. Dieser solle musikalisch abwechslungsreich sein. Alle Vereine und Verbände aus dem Stadtteil sollten eingeladen werden, dazu die Glaubensfreunde der evangelischen Gemeinde. Frühere, in Harpen aktive Geistliche sollten eine gewichtige Rolle einnehmen.
Allein will die kleine Runde darüber aber nicht entscheiden. Und so sind nun auch sonntags bei den Gottesdiensten Anregungen willkommen.