Bochum. US-Konzern Wabtec entlässt in Bochum 200 Mitarbeiter. Das lässt er sich sogar Millionen kosten. Nun steht sogar der gesamte Standort in Frage.
Monatelang hat die Belegschaft des Eisenbahnzulieferers Wabtec in Bochum gekämpft, um drohende Entlassungen zu verhindern. Am Ende vergeblich. 100 der einst etwa 300 Beschäftigten sind bereits in eine Transfergesellschaft gewechselt, bis Ende des Jahres folgen weitere 100. Noch läuft die Produktion, aber die ersten Maschinen werden bereits abtransportiert.
Eisenbahnzulieferer aus Bochum finanziert Trennung mit 18,3 Millionen Euro
Aus „strategischen Überlegungen“ und aus Kostengründen, wie es heißt, hatte der US-Konzern vor zwei Jahren – kurz nach dem Umzug seines Tochterunternehmens Faiveley aus Witten in das neue Werk in Bochum – angekündigt, die Produktion von Kupplungen und Bremsen im Ruhrgebiet aufzugeben. Das Standortnetzwerk in Europa sollte „optimiert“ werden und lediglich der Vertrieb für Deutschland, Österreich und die Schweiz sowie die Entwicklungsabteilung bleiben. Die Zahlen schienen dem Konzern Recht zu geben. Denn das Geschäftsjahr 2021 hat die Wabtec-Tochter Faiveley Transport Bochum GmbH mit einem Verlust von 6,96 Millionen Euro abgeschlossen.
Tatsächlich hätte das Ergebnis aber ganz anders aussehen können. Eigentlich hätte Faiveley (Wabtec) Bochum für 2021 einen Gewinn von 12,5 Millionen Euro (2020 waren es 8,6 Millionen Euro) erzielt, wie im Jahresabschluss 2021 nachzulesen ist. Das Minus resultiert allein aus den Rückstellungskosten in Höhe von 18,3 Millionen Euro, die Wabtec für Abfindungen und die Kosten der Transfergesellschaft bereitstellt.
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Unternehmen geht von Millionengewinnen für 2022 und 2023 aus
Und: In den Folgejahren – und damit vor der Entlassung von zwei Drittel der Belegschaft – liefen und laufen die Geschäfte in Bochum weiter prima. Für 2022 und 2023 geht Faiveley Bochum jeweils von einem Gewinn im einstelligen Millionenbereich aus – für 2022 im „höheren“ und für 2023 im „mittleren“ Bereich.
Warum dann die Schließung des Werks? Aus Sicht von Tanja zum Dohme ist das auch heute nur schwer nachvollziehbar. „Wir gehen als Betriebsrat nach wie vor mit dieser Maßnahme an sich wir nicht konform. Wir tragen sie nicht mit. Aber die Verträge, die wir geschlossen haben, die tragen wir mit.“ Dem Unternehmen attestiert sie, sich an alle in den Sozialverhandlungen vereinbarten Absprachen zu halten.
100 Beschäftigte sind schon gegangen, weitere 100 folgen in den nächsten Wochen
Zum Dohme sieht ihre Aufgabe nun vor allem darin, die 200 betroffenen früheren Wabtec-Mitarbeiter, die meisten von ihnen gut ausgebildete Kräfte, auch in der Transfergesellschaft zu unterstützen. „Wer sehr lange im Unternehmen war, für den ist das jetzt ein dickes Brett.“ Aus ihrer Sicht sollte es das Ziel sein, „dass 80 bis 90 Prozent der Entlassenen in den nächsten zwölf Monate eine neue Stelle finden.“
Die Chancen dafür stehen aus Sicht der Betriebsratschefin und des Faiveley-Geschäftsführers Peter Küper nicht schlecht. Das Durchschnittsalter der Belegschaft liege bei etwa 45 Jahre, alle Betroffenen verfügten über eine Facharbeiterausbildung.
Produktionshalle wird bald leergeräumt
Derweil hat Faiveley begonnen, den Maschinenpark der Produktion wie auch das Labor an andere Standorte zu verlegen – „im Wesentlichen nach Italien und Tschechien“, so Küper im Gespräch mit dieser Redaktion. Ende 2023 sei die „Restrukturierung“ beendet.
Eigentlich hatt der erst Ende 2020 aus Witten nach Bochum gekommene Eisenbahnzulieferer vor, zumindest mit 76 Beschäftigten am Standort zu bleiben. Ob das aber vom jetzigen Standort auf Mark 51/7 geschieht, ist nicht sicher.
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Verhandlungen mit Nachfolgemieter – gesamter Standort steht in Frage
Der Geschäftsführer berichtet von Verhandlungen mit potenziellen Nachmietern. „Wir sind mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung in Gesprächen mit mehreren Firmen, die sich in Bochum ansiedeln möchten.“ Dabei gehe es nicht nur um die frei werdenden Produktionsflächen, sondern auch um die Büros. Sollte Faiveley – anders als in der Vergangenheit angekündigt – komplett Mark 51/7 verlassen, würde es im „Großraum Bochum“ bleiben; aber nicht zwingend in der Stadt Bochum. Küper: „Unsere Pläne sind, dass wir in der Region bleiben.“
Auch an einem anderen Standort hat der Mutterkonzern sich derweil gegen eine Fortsetzung der Produktion in Deutschland entschieden. Große Teile der Stemmann-Technik GmbH im niedersächsischen Schüttorf sollen nach Polen, Tschechien und Mazedonien verlagert werden.