Bochum. Lange ausverkauft, mit Spannung erwartet: „Club 27“ feiert Premiere im Schauspielhaus Bochum. Kann das Stück die Erwartungen erfüllen?

So viel Vorschusslorbeer für eine einzelne Premiere: Das gab es am Schauspielhaus Bochum schon ewig nicht. „Club 27“, eine rockige Revue in der Regie des niederländischen Schauspielers Guy Clemens, macht sich gerade auf den Weg, zum mit Abstand größten Renner während der Intendanz von Johan Simons zu werden.

„Club 27“ in Bochum in kurzer Zeit ausverkauft

Die ersten Termine in den Kammerspielen sind seit Wochen ausverkauft, für die Vorstellungen im März gibt es nur wenige Stunden nach Vorverkaufsstart schon keine Karten mehr – und dies, obwohl die mit Spannung erwartete Aufführung noch überhaupt niemand gesehen hat. Schon erstaunlich. Offenbar dürstet es das Publikum in diesen Zeiten nach etwas Ablenkung und einem schwungvollen Abend.

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Und den liefert das Bochumer Ensemble punktgenau. Dabei ist „Club 27 – Songs für die Ewigkeit “ kein Schunkeltheater: Die Aufführung, entstanden als eigene Stückentwicklung, gräbt tief in den Annalen der Rockgeschichte. Sie erzählt eindringlich von Verzweiflung, von Drogen, Absturz und Tod – und erinnert in ihrer düsteren, schwermütigen Ästhetik gelegentlich sogar an die unvergessenen Regiearbeiten von Jürgen Kruse, der einst auf gleicher Bühne seine schwarzen Messen zelebrierte.

Von Morrison bis Hendrix: Sie alle starben mit 27 Jahren

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Ähnlich frei assoziativ macht sich Guy Clemens ans Werk. Als Aufhänger dient ihm der mysteriöse „Club 27“, deren prominente Mitglieder das Schicksal eint, im Alter von nur 27 Jahren gestorben zu sein. Brian Jones war der erste, es folgten Jim Morrison, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Kurt Cobain und zuletzt Amy Winehouse. Ihre Sterne leuchteten hell, aber nur kurz, und doch fesselte ihre Kunst die Menschen über Generationen hinweg.

Die vierköpfige Band spielt die großen Songs von Janis Joplin, Jimi Hendrix & Co. mit sichtlicher Freude. Hier eine Szene mit Karsten Riedel und Linda Bockholt.
Die vierköpfige Band spielt die großen Songs von Janis Joplin, Jimi Hendrix & Co. mit sichtlicher Freude. Hier eine Szene mit Karsten Riedel und Linda Bockholt. © Schauspielhaus Bochum | Birgit Hupfeld

Als kluge Idee erweist es sich, dass sich Clemens mit den Lebensgeschichten dieser Figuren nicht groß beschäftigt. Statt umständlich vom Aufstieg und Fall verzweifelter Rockstars zu erzählen, widmet sich seine Regie mehr der gedrückten Stimmungslage innerhalb dieses Clubs. Es sind einzelne Gesprächsfetzen und kurze Monologe, die die Zuschauer aus dem Halbdunkeln hören. Dafür hat Bühnenbildnerin Íngrid Pons i Miras einen Raum gebaut, dessen weißer Lichtkasten am Ende scheinbar direkt ins Jenseits führt.

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Hippie-Ikone Janis Joplin feiert Wiederauferstehung

Auch die Schauspieler unternehmen kaum den Versuch, tatsächlich in ihre Rollen zu schlüpfen, doch gerade diese schiefe Darstellung etwas neben der Spur hat ihren Reiz. Oliver Möller springt so irre über die Bühne wie Kurt Cobain zu seinen besten Zeiten, Veronika Nickl lässt Hippie-Ikone Janis Joplin mit einem spitzen Schrei wie eine Naturgewalt wieder auferstehen. Ganz wunderbar trifft es die stimmstarke Abenaa Prempeh, deren abgrundtiefe und zugleich fröhlich verspielte Darstellung der Amy Winehouse gelegentlich frösteln lässt. Victor IJdens sieht wirklich nicht so aus wie Hendrix, aber er lässt ihn formvollendet über einen Steg in den Zuschauerraum hinein torkeln.

Weitere Spieltermine in Vorbereitung

„Club 27 – Songs für die Ewigkeit“ in den Kammerspielen Bochum dauert etwa 90 Minuten (ohne Pause). Die kommenden Vorstellungen am 8., 16. und 22 Februar sowie am 1., 8. und 21. März sind derzeit ausverkauft.

Die Spieltermine für April sind laut Schauspielhaus noch nicht bekannt, sollen aber in Kürze folgen. Infos: 0234 3333 5555 und schauspielhausbochum.de

Manch vergessene Perle wird ausgegraben

Natürlich sind es die Songs, die an diesem Abend im Mittelpunkt stehen – und sie fegen durch den Saal wie ein Orkan. Rausch, Randale und Revolution sind eng gekoppelt, wenn die vierköpfige Band um den musikalischen Leiter Stefan „Pele“ Götzer mit sichtlicher Freude in die Saiten haut. Von „Come as you are“ bis „The End“, von „Mercedes Benz” bis „Back to black”: Die Auswahl ist wohlüberlegt und glänzend instrumentiert. Auch manch vergessene Perle wird wieder ausgegraben: „No Expectations“ von den Rolling Stones markiert den Abschied von Brian Jones aus der Band, ehe er kurz darauf in seinem Pool ertrank. Mit 27 Jahren. Kann das alles ein Zufall sein?

Das Publikum feiert Band und Ensemble minutenlang mit stehenden Ovationen. Kein Zweifel: Das Schauspielhaus hat einen neuen Hit.