Bochum. Herausfordernde Stücke vor erfreulich vielen Zuschauern bieten die Bochumer Symphoniker im Musikforum. Ein Ehrengast hatte es besonders eilig.
Trotz Schnee und Eiseskälte gelingt den Bochumer Symphonikern ein unfallfreier Start ins neue Jahr. Nach den umjubelten Silvesterkonzerten und einem ausverkauften Abend mit populären Filmmusiken (ewig grüßt die „Star Wars“-Hymne) ist auch das erste große Symphoniekonzert erfreulich gut besucht – obwohl diesmal weitaus sperrigere Werke auf dem Programm stehen, die gewiss nicht jeden Klassikfan aus der warmen Wohnstube treiben.
Symphoniekonzert in Bochum erfreulich gut besucht
Eine Kantate von Bach, ein Violinkonzert von Alban Berg und eine Symphonie des in Bochum recht selten gespielten Komponisten Paul Hindemith hat sich der Dirigent Gabriel Bebeşelea für seine Rückkehr ins Anneliese-Brost-Musikforum ausgesucht: dies übrigens unter den Augen von NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU), die zuvor noch nie das Bochumer Konzerthaus besuchte und ihre schwarze Dienstlimousine direkt vor der Eingangstür im absoluten Halteverbot parken lässt. Was Politiker so alles dürfen!
- Die Bochumer Symphoniker haben ihre Neujahrskonzerte im Musikforum gespielt. Besonders schön: mehrere bewegende Solo-Auftritte.
- Bei diesem Konzert im Musikforum in Bochum geht es wundersam zu: Endlich darf das Orchester schiefe Töne spielen!
- 58 Leuchtstrahler sorgen im Musikforum für enorme Hitze auf der Bühne. Umweltschonend sind die Lampen auch nicht. Das soll sich ändern.
Die Ministerin erlebt ein „Meisterstücke“-Konzert mit fordernden Stücken, dargeboten auf hohem Niveau. Direkt der Einstieg besitzt gehörigen Tiefgang: In Bachs Kirchenkantate „O Ewigkeit, du Donnerwort“, komponiert im Jahr 1724, stehen sich mit „Furcht“ und „Hoffnung“ (gesungen von Henriette Gödde und Patrick Grahl) zwei unversöhnliche Kräfte gegenüber, die erst mit dem Einsatz des ausdrucksstarken Basses (Konstantin Wolff) gegen Ende ihren Frieden finden.
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Wie wundervoll Marie Lesch ihre Oboe d‘amore im dritten Satz erklingen lässt, rührt tief. Und auch der Auftritt des Philharmonischen Chores im letzten Teil ist clever durchdacht: Statt wie üblich auf der Empore zu stehen, sind die Sängerinnen und Sänger beim Choral überall im Saal verteilt, was das komplette Musikforum für wenige Minuten fast zum Schweben bringt.
Über 200 Jahre später komponierte Alban Berg sein Konzert für Violine und Orchester mit dem Titel „Dem Andenken eines Engels“. Wer genau hinhört (oder es im Programmheft nachliest) findet hier kleinere Zitate aus dem vorhergehörten Bach-Choral. Ansonsten geht der Blick auf den Violinisten Ilya Gringolts, der die Aufführung traumverloren, fast in sich gekehrt anführt. Kompositorisch ist das Werk nicht leicht zu entschlüsseln, es ist warm und fragil, teilweise hektisch und aufbrausend und besitzt den für Alban Berg typischen Hang zum Atonalen. Gringolts, der die Noten auf einem Ipad abliest, lässt die Finger meisterhaft über die Saiten fliegen.
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Mit Paul Hindemiths Symphonie „Mathis, der Maler“ wird die Stimmung nach der Pause etwas festlicher. Das dreisätzige Stücke, uraufgeführt 1934, ist Teil der gleichnamigen Oper, die vom Leben eines Künstlers in politisch unruhigen Zeiten erzählt und zu den bedeutendsten Opern des 20. Jahrhunderts zählt.
Das Orchester lässt die Symphonie, die von den Nationalsozialisten als „Werk des Widerstandes“ verboten wurde, erhaben erstrahlen. Hier zeigt sich erneut ein Vorteil der noch recht neuen Sitzordnung der Musiker: Die sechs Kontrabässe und die beiden Pauken „schieben“ die Aufführung gewissermaßen von hinten an. Wenn am Freitag eine große Anti-AfD-Demo durch die Stadt zieht, könnte „Mathis, der Maler“ dazu kaum passender gewählt sein. Es gibt langen, begeisterten Beifall.
Noch einmal am heutigen Freitag, 19. Januar, um 20 Uhr, im Anneliese-Brost-Musikforum, Marienplatz 1. Karten: 0234 910 8666.
Sonatenabend im kleinen Saal
Werke des Komponisten Paul Hindemith stehen auch bei einem Sonatenabend am Sonntag, 4. Februar, um 18 Uhr im kleinen Saal des Musikforums auf dem Programm. Jodie Lawson (Horn), Reiner Ziesch (Trompete), Alexander Merz (Posaune), Ansgar Mayer-Rothmund (Tuba) und Tobias Bredohl (Klavier) spielen gleich vier Sonaten Hindemiths.
Karten (18 Euro) und alle Infos: 0234 910 8666 und bochumer-symphoniker.de