Bochum. 100.000 Euro hat der Bochum-Schriftzug vorm Rathaus gekostet. Jetzt bekommt der Selfie-Point bundesweite Aufmerksamkeit – als Negativ-Beispiel.

Für den Bund der Steuerzahler liegt der Fall klar: 100.000 Euro Kosten für sechs Buchstaben sind für klamme Städte ein Fall von Steuerverschwendung. So hat es Bochums Fotospot vor dem Rathaus ins jüngste „Schwarzbuch“ des Verbands geschafft. Bochums Selfie-Spot bekommt gemeinsam mit einem Duisburg-Schriftzug als eines von 13 Negativ-Beispielen aus NRW Aufmerksamkeit.

„Schöner knipsen mit Steuergeldern“ hat der Steuerzahlerbund den Fall überschrieben. „Selfies sind die ,Postkarten von heute’“, heißt es im „Schwarzbuch“. Verschiedene Städte hätten deshalb bereits Selfie-Points eingerichtet, um in den sozialen Medien auf sich aufmerksam zu machen.

100.000 Euro für Selfie-Point: „sehr großzügig bemessen“

Bochum Marketing hat den markanten, 8,80 Meter breiten und 2,20 Meter hohen, blauen Schriftzug Ende April vor dem Rathaus aufgebaut. „Wir arbeiten täglich daran, Bochum für Bürgerinnen und Bürger sowie für Gäste sicht- und erlebbar zu machen“, sagte Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) zum Start. Dazu solle der Fotospot beitragen.

Zum Start posierten Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD, rechts) und BO-Marketing-Chef Julian Schmitz (links) mit Tänzerinnen von „Stylez Unlimited“ am neuen Selfie-Point vor dem Rathaus.
Zum Start posierten Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD, rechts) und BO-Marketing-Chef Julian Schmitz (links) mit Tänzerinnen von „Stylez Unlimited“ am neuen Selfie-Point vor dem Rathaus. © Stadt Bochum | André Grabowski

Schon kurz nachdem der Selfie-Point eingerichtet wurde, regte sich Kritik an den damit verbundenen Kosten. Die Stadt hält 50 Prozent der Anteile an der Bochum Marketing GmbH. Angesichts der angespannten Haushaltslage erschienen ihm Ausgaben von 100.000 Euro „sehr großzügig bemessen“, sagte Eberhard Kanski, NRW-Vorsitzender des Steuerzahlerbundes, zur WAZ.

Selfie-Point vor dem Bochumer Rathaus – so haben wir berichtet:

Steuerzahlerbund mahnt: „Trends sind kurzlebig“

„Trends sind kurzlebig“, mahnt der Steuerzahlerbund anlässlich der „Schwarzbuch“-Vorstellung nun erneut. „Ob Selfie-Points daher für den Erfolg des Stadtmarketings nachhaltig sind, bleibt abzuwarten.“ Ein Alleinstellungsmerkmal seien sie ohnehin nicht mehr. Bochum und auch Duisburg sollten „eigentlich sparen“.

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Bochum Marketing verweist auf WAZ-Anfrage auf das, was bereits bei der Einweihung kommuniziert worden sei: Der Schriftzug habe das Ziel, „eine wiedererkennbare Landmarke zu werden und positiv auf das Image der Stadt Bochum einzuzahlen“. Er erfreue sich schon im ersten halben Jahr großer Beliebtheit. Allein zwei Beiträge der Instagram-Kanäle @bochum_de und @stadtportalbochum vom beleuchteten Fotospot hätten unlängst mehrere Tausend „Likes“ erzielt.

Bochum Marketing: Viel Wert auf Qualität und Stabilität gelegt

„Ich kann die kritischen Nachfragen zu den Kosten nachvollziehen“, hatte BO-Marketing-Chef Julian Schmitz im Frühjahr eingeräumt. BO-Marketing-Sprecher Christian Krumm betont, dass bei der Produktion viel Wert auf Qualität und Stabilität gelegt worden sei, „was sich natürlich auch im Preis niederschlägt“. Dies sei aber „aufgrund der Erfahrungswerte anderer Städte um das Thema Vandalismus – wie z.B. Bonn, Karlsruhe und Nettetal – wichtig“ gewesen. Die Investition habe sich auch „absolut bezahlt“, weil Instandhaltungskosten „bisher fast gar nicht angefallen sind“.

Sechs Buchstaben, 2,20 Meter hoch und 8,80 Meter breit, stehen als Selfie-Spot vor dem Rathaus Bochum. Der Bochum-Schriftzug hat 100.000 Euro gekostet.
Sechs Buchstaben, 2,20 Meter hoch und 8,80 Meter breit, stehen als Selfie-Spot vor dem Rathaus Bochum. Der Bochum-Schriftzug hat 100.000 Euro gekostet. © WAZ Bochum | Sarah Kähler

Zwischenzeitlich wurde sogar darüber nachgedacht, auch in Wattenscheid einen Selfie-Point einzurichten. Die Verwaltung erteilte dem SPD-Vorschlag in der Bezirksvertretung Wattenscheid im August jedoch eine Absage. „Aus Sicht von Bochum Marketing“ sei es „nicht zielführend, eigene Schriftzüge von Stadtteilen oder Bezirken zu projektieren“.