Bochum-Weitmar. Gerne haben drei Familien in Bochum-Weitmar gebaut. Enttäuscht sind sie über die bescheidene Internetgeschwindigkeit – und lange Info-Leitungen.

Sie kommen aus Essen und Herne, sind Wahl-Bochumer und haben sich richtig gefreut, als sie nach langer Suche endlich in Weitmar Baugrundstücke gefunden haben. Am alten Sägewerk stehen die schmucken Häuser der Beckmanns, der Dal Cantons und der Karis’. Aber wenn sie an die vergangenen Monate denken, dann haben sie alle die Faust in der Tasche. Ihr Frust richtet sich gegen die Deutsche Telekom, aber auch gegen die Stadt Bochum.

Mitten in Bochum – und Internet nur als Minimalleistung

Verspätet und verbunden mit vielen Widrigkeiten seien die Telefon- und Internetanschlüsse fertiggestellt worden. „Und am Ende haben wir dann erfahren, dass nur eine Geschwindigkeit bis maximal 16 MBit pro Sekunde möglich sind“, sagt Daniel Dal Canton. „Und das mitten in Bochum.“

Er wie auch seine Nachbarn hatten bei der Telekom Leitungen und Verbindungen beantragt. Mindestens 50 MBit sollten es sein. „Das ist für die heutige Zeit doch normal“, sagt Daniel Dal Canton. „Als Wunsch haben wir eine 100 MBit-Internetverbindung hinterlegt“, sagt Nachbar Christian Beckmann. Das sei für sie ebenso selbstverständlich gewesen wie für Familie Karis. Die hatte zuvor nur wenige Hundert Meter entfernt in der gleichen Straße gewohnt und hatte dort schnelles Internet. Nicht so an der neuen Adresse. „Es heißt, es gebe nicht genügend Ports dafür“, so Beckmann. In die Röhre gucken er und seine Nachbarn zwar nicht. Aber mit der Grundversorgung von 16 MBit seien alle Anforderungen an das Netz kaum zu erfüllen.

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800 Euro Anschlusskosten hätten sie sich sparen können, heißt es

„Und dafür haben wir 800 Euro für den Hausanschluss bezahlt“, sagt Daniel Dal Canton mit einem süffisanten Unterton. „Wir sind äußerst unzufrieden mit dem Informationsfluss und hätten viel früher informiert werden müssen.“ Dann hätten sie sich die Kosten für den Hausanschluss gespart „und hätten direkt einen 5G-Anschluss gebucht“, so der Bauingenieur.

Die Deutsche Telekom sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Mit der Errichtung eines Anschlusses bieten wir eine Grundversorgung zur digitalen Teilhabe an“, so eine Sprecherin auf Anfrage. „Die Leistungsstärke, also Internetgeschwindigkeit, lässt sich im Vorfeld nicht bestimmen.“ Aber: Es würden Produkte mit 16 Mbit und 5G zur Verfügung gestellt.

Internet in Bochum: Familien setzen auf Übergangslösungen

Tatsächlich behelfen sich die Nachbarn mit Übergangslösungen. Christian Beckmann greift vorerst auf die angebotene 5G-Alternative zurück. „Ich finde das nicht besonders toll, weil das wahrscheinlich störungsanfällig ist. Und ich möchte auch keine Antenne auf meinem Dach.“ Trotzdem habe er sie bestellt. Übergangsweise habe er zuvor einen LTE-Router bekommen „Jetzt ist die Leitung da und die ist genauso schnell wie der temporäre Router. Dafür haben wir 800 Euro bezahlt.“

Familie Karis hat einen LTE-Router, der ihr „als Entschädigung zur Verfügung gestellt wurde“, so Sarah Karis. Bei Dal Cantons behelfen sie sich mit einem 5G-Rooter von O2. „Der läuft, aber auch nicht stabil“, sagt Daniel Dal Canton. „Hätte mir die Telekom im Vorfeld gesagt, pass mal auf, ihr kriegt nur 16 Mbit, dann hätte ich mir die 800 Euro gespart und hätte direkt so ein 5G-Ding genommen.“

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Kunden beklagen mangelhafte Auskünfte bei der Telekom

Abgesehen von der aus seiner Sicht bescheidenen Internetgeschwindigkeit und zahlreichen Stolpersteinen beim Verlegen der Leitungen und beim Anschluss ans Netz ärgert ihn, „dass man immer an der langen Leine gehalten wird. Wenn man den Bauherrenservice anruft, kriegt man null Informationen.“ Es werde immer auf die Technikabteilungen verwiesen. Die aber seien nicht zu sprechen.

Erfahrungen, die auch die Nachbarn gemacht haben. „Am schlimmsten ist die Lebenszeitverschwendung“, so Christian Beckmann. „Wie viele Stunden man in der Hotline hängt. Ich habe doch Besseres zu tun als tagelang, wenn man es zusammenzählt, mit den Telekom-Leuten zu quatschen.“

Kritik: Anspruch und Realität passen nicht zusammen

Auch die Stadt könnte sich nach Ansicht der Weitmarer mehr ins Zeug legen. „Vor neun Jahren wurde der Bebauungsplan für dieses Gebiet beschlossen. Bochum will junge Familien ansiedeln, die Stadt will attraktiv sein. Die Rede ist von Gigabit-City. Das geht aber nicht zusammen mit der Realität.“

Nun heißt es, bald würden Glasfaserleitungen verlegt – im ersten Quartal 2024. So jedenfalls hat man es Christian Beckmann in einem der vielen Telefonate mit der Telekom erzählt. Die Aussicht auf deutlich höhere Internetgeschwindigkeiten sei zwar schön, sagen die Familien. „Aber hätte man uns das nicht gleich sagen können? Dann hätten wir uns die Kupferkabel und das Geld dafür doch sparen können.“

Glasfaserausbau „Am alten Sägewerk“ beginnt tatsächlich 2024

Nun, bei der Telekom weiß man nichts zum Glasfaserausbau in Weitmar. Informationen dazu liegen nicht vor, so die Sprecherin.