Bochum. Das Drama „Blank“ in den Kammerspielen Bochum erzählt von Gewalt und Missbrauch an Kindern. Auf der Bühne dabei ist TV-Star Friederike Becht.

Kindesmissbrauch, Gewalt, Vernachlässigung, Suizid: Es sind harte Themen, die in dem Stück „Blank“ verhandelt werden, das am Samstag, 29. April, seine Premiere in den Kammerspielen in Bochum erlebt. Doch bei aller Schwere und Tragik besitze die Aufführung auch überraschenden Humor und eine Sehnsucht nach Zuwendung und Liebe, verrät die Regisseurin Nora Schlocker. „Es schwingt immer ein wenig Hoffnung mit.“

Theaterpremiere in Bochum greift harte Themen an

Die 40-jährige Schlocker ist Hausregisseurin am Residenztheater in München. Im Schauspielhaus brachte sie zuletzt das Historiendrama „Lorenzaccio“ von Alfred de Musset heraus, das ein spitzfindiges Bühnenbild mitsamt eines riesigen Glaskastens besaß. Einige Zuschauer saßen mit auf der Bühne.

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Dagegen werden die Kulissen ihrer neuen Inszenierung wesentlich karger, aber nicht weniger einfallsreich ausfallen: „Die Schauspieler stehen auf der Bühne wie unter einem Brennglas, der Situation ausgeliefert“, sagt Nora Schlocker. Die Wände können sich bewegen, sie verkleinern und erweitern den Raum. „Das ist wie bei einer optischen Täuschung. Für das Ensemble ist es nicht leicht, sich in diesem Bühnenbild zu behaupten. Das kostet Kraft.“

Etwa 20 kurze Szenen greifen ineinander

„Blank“ (gesprochen: blänk) stammt von der britischen Schriftstellerin Alice Birch und sorgt seit der Uraufführung 2019 schon an einigen Theatern für Furore. Es besteht aus 100 kurzen Szenen, die die Autorin gewissermaßen als Rohmaterial zur Verfügung stellt: „Man kann selbst entscheiden, welche Szenen man nutzt und welche nicht“, sagt Nora Schlocker. Etwa 20 von ihnen sind am Ende in der Bochumer Aufführung gelandet.

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Das Stück besitzt keinen roten Faden oder eine übergeordnete Handlung, sondern wirft viele Schlaglichter: In kurzen Episoden erzählt wird von Kindern, die zwischen Kriminalität, Drogen und Missbrauch aufwachsen, ohne den Schutz von Eltern, die selbst nicht mehr wissen, was Liebe und Geborgenheit bedeutet. „Diese Geschichten beruhen allesamt auf wahren Begebenheiten“, erzählt die Dramaturgin Susanne Winnacker. „Die Autorin hat sie in Gerichtsakten recherchiert, was dem Stück noch eine weitere, beunruhigende Note gibt.“

Die Schauspielerin Friederike Becht erlebte während der Intendanz von Anselm Weber prägende Jahre am Schauspielhaus Bochum. Nach längerer Pause kehrt sie jetzt in dem Drama „Blank“ in die Kammerspiele zurück.
Die Schauspielerin Friederike Becht erlebte während der Intendanz von Anselm Weber prägende Jahre am Schauspielhaus Bochum. Nach längerer Pause kehrt sie jetzt in dem Drama „Blank“ in die Kammerspiele zurück. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Drei Teenager versuchen, das perfekte Instagram-Video über den Mord an einem Mädchen zu drehen. Eine Frau erwacht, als ihre Tochter auf der Suche nach Geld in ihrer Wohnung einbricht. Eine verzweifelte Frau fleht um Einlass in ein Frauenhaus: „Es geht darum, zu beschrieben, wie Missbrauch, Gewalt und Armut sich auf die Menschen auswirkt“, meint Schlocker. „Teilweise ist das toll geschrieben, weil oft nicht viel gesagt wird. Vieles bleibt zwischen den Worten im leeren Raum stehen. Kein Wunder, dass dieses Stück gerade so gehypt wird.“ Auf explizite Gewaltdarstellungen werde auf der Bühne verzichtet.

Friederike Becht kehrt ans Schauspielhaus Bochum zurück

Mit dabei ist die gefeierte Film- und Fernsehschauspielerin Friederike Becht, die nach einigen Jahren mal wieder in Bochum Theater spielt. Auch versierte Darsteller aus dem Bochumer Ensemble wie Konstantin Bühler, Victor IJdens, Romy Vreden und Risto Kübar mischen mit. Die Teenager in dem Stück werden allesamt von Erwachsenen gespielt.

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Eine Besonderheit: Während der gesamten Vorstellung tragen die Schauspieler weiße Masken – und genau darum werden auch die Zuschauer gebeten. „Das Publikum wird aufgefordert, während der Vorstellung Gesichtsmasken aufzusetzen“, sagt Nora Schlocker. „Erst beim Schlussapplaus nehmen alle ihre Masken ab und schauen sich in die Augen.“

Zuschauer sollen das Theater nicht deprimiert verlassen

Trotz der schweren Thematik sollen die Zuschauer den Saal nach der Vorstellung nicht deprimiert verlassen: „Sicher ist das kein leichter Abend, aber es wäre toll, wenn man an Ende einfach mal über das Gesehene nachdenkt“, sagt Susanne Winnacker. „Vielleicht verlässt man das Theater dann mutiger und aufmerksamer als man hineingegangen ist.“

Dauer: ca. eine Stunde und 40 Minuten ohne Pause. Premiere am Samstag, 29. April, um 19.30 Uhr. Wieder am 30. April, 12., 13. und 23. Mai. Karten: 0234 3333 5555