Bochum. Nach Jahren mit Corona-Einschränkungen zeigt die Kriminalstatistik wieder gestiegene Fallzahlen. Wie die Polizei sie bewertet – der Überblick.

Nach mehreren Jahren des Rückgangs hat die Kriminalität in Bochum wieder zugenommen. Bochums Polizeipräsident Jörg Lukat spricht bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2022 von der „neuen Normalität“ nach Corona. „Dass es diese Entwicklung geben würde, haben wir schon erwartet.“

Lockdown, Homeoffice – weniger „Tatgelegenheiten“, weniger Taten: Nach dem Langzeit-Tiefpunkt 2021 mit so wenigen Straftaten wie seit 1990 nicht mehr hat sich die Gesamtzahl wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau eingependelt. Es lohnt aber der Blick auf die einzelnen Deliktarten.

Wohnungseinbrüche: Mehr Fälle als 2019

630 Wohnungseinbruchdiebstähle wurden 2022 auf Bochumer Stadtgebiet angezeigt: ein gutes Drittel mehr als im Jahr 2021 – und auch knapp 20 Prozent mehr als noch 2019, im letzten „Vor-Pandemie-Jahr“. Hier fällt der Langzeitvergleich dennoch positiv aus: Noch im Jahr 2015 zählte die Polizei in Bochum 1809 Fälle. In den Folgejahren zeigte die „Ermittlungsgruppe WED“ deutliche Wirkung – die Zahl der Einbrüche sank erheblich, die Aufklärungsquote stieg.

„Wo sich Brennpunkte entwickeln, müssen Schwerpunkte gebildet werden“, sagt Polizeipräsident Lukat. Mehrere Jahre lang legte seine Behörde den Fokus also auf Einbrüche, mit Erfolg. „Dann“, sagt Lukat, „wurde auch deutlich, dass der Schuh anderswo drückt.“

Sexualstraftaten: Kinderpornografie als Ermittlungs-Schwerpunkt

Womit wir bei „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ wären. Hier sind die Fallzahlen auch in den Corona-Jahren nicht zurückgegangen, im Gegenteil: 2022 wurden in Bochum 546 Fälle von Sexualdelikten angezeigt – 40 weniger als im Jahr zuvor zwar, aber fast doppelt so viele wie noch 2019 (282 Fälle). Vor allem in Fällen von Kinderpornografie (161 Anzeigen im Jahr 2022) und sexuellen Missbrauchs von Kindern (53 Anzeigen im Jahr 2022) wird häufiger ermittelt als noch vor der Pandemie.

Seit diesem Jahr hat das Polizeipräsidium Bochum die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der Kinderpornografie explizit zum Schwerpunkt erklärt. In der „Besonderen Aufbauorganisation ‘Tera’“ seien rund 20 Ermittlerinnen und Ermittler ausschließlich damit beschäftigt. Rund 300 Fälle hätten sie 2022 bearbeitet, berichtet der Leitende Kriminaldirektor Ralf Gromann, rund 74 Terabyte Daten seien ausgewertet worden. „Ein Terabyte“, verdeutlicht Gromann, „entspricht rund 250.000 Bildern.“

Computerkriminalität nimmt zu, Straßen- und Gewaltkriminalität nicht

„Es lebt sich recht sicher in Bochum“, sagt Polizeipräsident Jörg Lukat.
„Es lebt sich recht sicher in Bochum“, sagt Polizeipräsident Jörg Lukat. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Und auch Computerkriminalität beschäftigt die Polizei in Bochum zunehmend – darunter fällt zum Beispiel das Ausspähen von Daten. 785 Anzeigen registrierte die Polizei in Bochum im vergangenen Jahr – mehr als doppelt so viele Fälle wie 2019. „Das hängt mit der fortschreitenden Digitalisierung zusammen“, sagt Ralf Gromann. Er fürchte, dass die Tendenz dort steigend sei.

Positiv: Bei der Straßen- und Gewaltkriminalität haben die Fallzahlen im Vergleich zu 2021 zwar zugenommen, liegen aber unter dem Niveau vor der Pandemie. „Es wird keine Gesellschaft ohne Kriminalität geben“, sagt Polizeipräsident Jörg Lukat, aber Quintessenz der jüngsten Kriminalstatistik sei für ihn: „Es lebt sich recht sicher in Bochum.“

Rund 11.000 Tatverdächtige

11 129 Tatverdächtige sind in Bochum im vergangenen Jahr ermittelt worden – gut drei Viertel von ihnen sind Männer, etwa die Hälfte der Verdächtigen war bereits vorher polizeilich bekannt.

Auffällig, so der Leitende Kriminaldirektor Ralf Gromann, sei der Anstieg bei tatverdächtigen Kindern unter 14 Jahren. Im Bereich des Polizeipräsidiums Bochum – also Bochum, Herne und Witten – habe deren Zahl von 610 auf 885 zugenommen. 23 Prozent der Tatverdächtigen unter 21 Jahren seien jünger als 14. „Ein hoher Anteil“, sagt Gromann, „leider auch Landestendenz“. Die Gründe für den Anstieg seien unklar.