Bochum. Millionengewinn, mehr Mitarbeiter: Die Bochumer GLS Bank wartet für 2022 mit guten Zahlen auf. Aber, so heißt es, es gebe mehr als nackte Zahlen.
Die GLS Bank bleibt auf Wachstumskurs, obwohl sie „im letzten Jahr ein sehr anspruchsvolles Umfeld hatte“, wie es bei der Bilanz-Pressekonferenz am Stammsitz in Bochum hieß. Sie hat die Bilanzsumme auf 9,7 Milliarden Euro gesteigert (plus fünf Prozent), verzeichnet für 2022 einen Gewinn von 8,3 Millionen Euro (Vorjahr: 7,4 Millionen Euro), will eine Dividende in Höhe von einem Prozent ausschütten und hat ihre Mitarbeiterzahl deutlich gesteigert.
Neue Vorstandssprecherin betont sozial-ökologische Ausrichtung
„Wir schauen aber nicht nur auf die Zahlen“, betont die neue Vorstandssprecherin Aysel Osmanoglu (45). Sie hat Anfang des Jahres die Nachfolge von Thomas Jorberg angetreten, der lange die Geschicke der Genossenschaftsbank gelenkt hat und dem Vorstand 30 Jahre angehörte. Es gehe um die Wirkung des Geldes, etwa bei der Finanzierung. 1,43 Milliarden Euro hat die GLS Bank im vergangenen Jahr als neue Kredite vergeben – und das ausschließlich in „zukunftsweisenden Branchen“.
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Dabei scheint die Vorstandssprecherin mehr noch als ihr Vorgänger die sozial-ökologische Ausrichtung der Bochumer Bank zu betonen. „Ich werde nicht müde werden, zu sagen, dass wir auch auf die andere Seite der Wirksamkeit unserer Geschäfte schauen.“ Im vergangenen Jahr seien etwa mit Krediten in Höhe von 396 Millionen Euro 1200 neue Wohneinheiten mit einer Fläche von 100.000 Quadratmetern finanziert worden; 65 Prozent davon seien günstiger, als es der jeweilige Mietspiegel ausweist. „Das heißt: Wir schauen bei den Projekten, die wir finanzieren, nicht nur, ob sie nachhaltig sind, sondern auch darauf, ob sie den sozialen Zusammenhalt fördern.“
Ungleiche Verteilung des Eigentums in Deutschland nimmt zu
Schon vor der Pandemie sei Deutschland eines der Länder mit den höchsten Ungleichheiten in Bezug auf die Verteilung des Eigentums gewesen. 80 Prozent des erwirtschafteten Vermögens gingen an die reichsten ein Prozent. 99 Prozent der deutschen Bevölkerung teilten sich somit die restlichen 20 Prozent. Osmanoglu: „Das hat sich auch im letzten Jahr verstärkt. Bei den Belastungen durch die Krise sind vor allem Menschen aus den unteren Einkommensgruppen betroffen.“
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27.000 neue Kunden, zusätzlicher Monatsbeitrag bleibt
27.000 neue Kundinnen und Kunden hat die GLS Bank 2022 für sich gewonnen. Insgesamt sind es nun 350.000. Das Durchschnittsalter der Neukunden beträgt 33 Jahre, das der gesamten Kundschaft liegt bei 40 Jahren.
Die Mitgliederzahl der Genossenschaftsbank ist um 15.000 auf 120.000 gestiegen.
Der vor einigen Jahren in Niedrigzinszeiten eingeführte GLS-Beitrag bleibt, so Vorstandssprecherin Aysel Osmanoglu, weiterhin bestehen. Kunden im Alter bis 28 Jahre bezahlen einen Euro pro Monat, alle anderen fünf Euro im Monat. Etwa zehn Millionen Euro nimmt die Bank damit jedes Jahr ein.
Da durch die Auswirkungen des Corona-Krieges die sozialen Ungleichheiten gewachsen seien, sei es die Aufgabe, die soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu verbinden. Einen Spagat zwischen dem Erreichen ökonomischer Ziele der eigenen Bank und dem Erzielen sozial-ökologischer Effekte sieht die 45-jährige Bochumerin nicht.
250 PV-Anlagen mit einem 100-Millionen-Euro-Kreditpaket finanziert
Und doch spielen klassische Parameter auch für die nach eigenem Bekunden erste und größte sozial-ökologische Bank Deutschlands eine wichtige Rolle. Die 1,4 Milliarden Euro neue Kredite liegen „deutlich über anderen Genossenschaftsbanken“, so Vorstandsmitglied Christina Opitz (63). „Darauf sind wir besonders stolz.“ Sie seien ausschließlich in Vorhaben geflossen, die den grundlegenden Wandel vorantreiben. Osmanoglu: „Wenn ein Projekt den Grundbedürfnissen von Menschen dient, zum Beispiel bezahlbares Wohnen, und zugleich nachhaltig ist, dann ist es zukunftsweisend und das ist die Transformation, die wir brauchen.“
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Mitglieder sollen ein Prozent Dividende bekommen – für das laufende Jahr das Doppelte
Vorschlagen werde der Vorstand der Gesellschafterversammlung im Juni eine Dividende von einem Prozent. Für das laufende Jahr wird eine Ausschüttung von zwei Prozent angestrebt. Eine Anhebung der Guthabenzinsen kündigt die Vorstandssprecherin an. Über die Höhe hüllt sie sich noch in Schweigen.
Bestätigt sieht sich die GLS Bank durch den Erfolg ihres 2022 aufgelegten „Aufdachungsprogramms“. 100 Millionen Euro mit günstigen Kreditkonditionen hat sie dafür bereitgestellt. Damit wurden bundesweit vor allem von Unternehmen etwa 250 Photovoltaikanlagen errichtet.
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Mitarbeiterzahl steigt um zehn Prozent - keine weiteren Filialen
Bemerkenswert ist die Personalentwicklung. 904 Beschäftigte sind derzeit für die GLS Bank tätig. Das ist ein Anstieg um zehn Prozent und die höchste Mitarbeiterzahl in der Geschichte der Bank. Zu ihrem Anspruch gehört offenbar, die Entlohnung der Belegschaft in der Bilanz nicht als Personalkosten zu führen, sondern als „Mitarbeitenden-Einkommen“ zu deklarieren. Die Höhe: 51 Millionen Euro, 2021 waren es noch sechs Millionen Euro weniger. „Und wir suchen noch mehr Menschen, unter anderem um den Kundenservice zu stärken“, sagt Vorstandsmitglied Dirk Kannacher (51). Nicht geplant ist es, weitere Filialen zu eröffnen. 90 Prozent des Geschäfts werden bereits telefonisch und digital abgewickelt.
Dazu gehört auch die Weiterentwicklung der GLS-Banking-App. Mieter dieser „bislang einzigartigen App“, so Dirk Kannacher, können nicht nur ihre Bankgeschäfte erledigen. Über sie informiere die Bank auch „jeden Tag transparent, was wir finanzieren“.