Bochum. Bochum will seinen Biomüll besser nutzen. Im Gespräch ist nun, die Biotonne verpflichtend einzuführen. Auch eine andere Variante wird erwogen.

Graue Tonne, Blaue Tonne, Gelbe Tonne. Bochums Müllsammelsystem ist bislang ein farblicher Dreiklang. Die braune Biotonne nutzen gerade einmal etwa 6000 von 190.000 Haushalten. Das könnte sich bald ändern. Im Gespräch ist ihre verpflichtende Einführung.

Biomüll könnte 4800 Haushalte mit Energie versorgen

Geht es nach den Stadtgestaltern, wird Bochum so schnell wie möglich von der freiwilligen Nutzung der Biotonne zu einem Anschluss- und Benutzungszwang wechseln. Will sagen: Jeder oder so gut wie jeder Haushalt in Bochum müsste dann künftig den Biomüll separat in einer eigenen Tonne sammeln - so wie Papier und Wertstoffe bereits seit geraumer Zeit. Das Argument: „Mit der dann gesammelten Menge an Biomüll ließen sich 4800 Bochumer Haushalte mit Energie durch eine Biogasanlage versorgen“, sagt Ratsmitglied Carsten Bachert. Zugleich ließen sich 6300 Tonnen CO2 einsparen.

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Bacherts Fraktion hat daher einen Antrag im Rat eingereicht, über die obligatorische Biotonne zu entscheiden. Die Verwaltung soll außerdem prüfen, ob der Bau und Betrieb einer Bochumer Biogasanlage bzw. einer Biogasaufbereitungsanlage allein oder gemeinsam mit weiteren Kommunen sinnvoll und möglich sei.

Gebühren für Biotonne bleiben unverändert

„Bochumer Biomüll wird regelmäßig zusammen mit dem Restmüll verbrannt, um Energie zu gewinnen. Der Wirkungsgrad, den Biomüll durch Vergärung in einer Biogasanlage im Rahmen der Gewinnung von Wärme, Gas und Strom erreichen kann, wäre bedeutend höher“, so Volker Steude, Vorsitzender der Fraktion Die Partei/Stadtgestalter. Nur ein verschwindend geringer Teil des in Bochum anfallende Biomülls, der in der selten genutzten Biotonne gesammelt wird, könne in der Biogasanlage im Ennepe-Ruhr-Kreis genutzt werden.

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Bislang setzt Bochum auf die freiwillige Nutzung der 2004 eingeführten Biotonne und in den vergangenen Jahren auch auf die Zugkraft konstanter Gebühren. Ihre Verbreitung hält sich bislang allerdings in Grenzen (Grafik). Nur etwa 2,6 Prozent aller Haushalte nutzen die braune Tonne. Im Jahr 2020 wurden in Bochum insgesamt 15.000 Tonnen organische Abfälle gesammelt.

77 Prozent der NRW-Kommen nutzen Biotonne verpflichtend

Freiwillig wird die Biotonne landesweit aber nicht einmal von einem Viertel der Städte und Gemeinden genutzt. In 306 von 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen, immerhin 77 Prozent, ist sie bereits verpflichtend eingeführt, so die Angabe des NRW-Umweltministeriums.

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Und auch in der Rathaus-Koalition wird über die verpflichtende Einführung nachgedacht. Der Koalitionsvertrag enthält einen Passus, in dem es heißt, der Anschluss- und Benutzerzwang werde erwogen. „Der Antrag der Stadtgestalter ist daher grundsätzlich nicht schlecht“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzender Stefan Pewny. Auch seine Fraktion hat in der Vergangenheit die verpflichtende Einführung gefordert, da eine Erhöhung der Anzahl der Biotonnen durch Freiwilligkeit irgendwann nicht mehr möglich sei, so Pewny 2015 im Gespräch mit dieser Redaktion.

Mehr als ein Drittel Biomüll im Restmüll

Allerdings könne das Ziel, den Biomüll besser zu verwerten statt ihn einfach mit dem Restmüll zu verbrennen, auch anderweitig erreicht werden. Pewny verweist auf verbesserte Sortieranlagen, die es möglich machen, Biomüll aus dem Restmüllberg zu trennen.

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Eine vom städtischen Entsorger USB im Auftrag gegebene Studie soll nun klären, wie hoch der Anteil des Biomülls im Restmüll in Bochum ist. Bundesweit liegt dieser Anteil bei gut einem Drittel. „Mit rund 39 Prozent besteht der größte Teil des Restmülltonneninhalts aus Bioabfällen“, so das Umweltbundesamt. „Dazu gehören Küchen- und Nahrungsabfälle, Gartenabfälle, sonstige organische Abfälle wie Kleintierstreu aus Stroh/Heu.“

Die Lösung: Braune Tonne oder bessere Müllsortierung

Wenn feststeht, wie hoch der Anteil in Bochum ist, gibt es nach Ansicht der Grünen eine gute Entscheidungsgrundlage für die Frage, ob der Biomüll über bessere Sortieranlagen gefiltert oder aber separat gesammelt werden soll. „Das ist natürlich auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit“, so Fraktionschef Pewny. Berücksichtigt werden müsse außerdem, ob es vor jedem Haus genügend Platz für eine oder mehrere weitere Mülltonnen gibt. Eine Entscheidung in dieser Frage könne etwa im Sommer 2024 fallen.