Bochum. Künstler Mark Formanek ließ Bauarbeiter eine Uhr aus Holzlatten errichten, die tickt und tickt. Jetzt wird das Video am Stadtpark Bochum gezeigt.
Ein famoses Video dürfte in den nächsten Wochen die Besucher des Stadtparks in Bochum bestens unterhalten. Genau 24 Stunden lang ist der Film des Videokünstlers Mark Formanek. Darin zu sehen ist die aktuelle Uhrzeit, angezeigt von riesigen Holzlatten wie auf einer meterhohen Digitaluhr.
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Videokunst wird am Stadtpark Bochum gezeigt
Der Clou: Alle paar Sekunden rückt ein fleißiger Bautrupp mit Leitern und Akkuschraubern an – und verändert mit wenigen Handgriffen die Zeitanzeiger. Während die Arbeiter unermüdlich basteln, tickt die Uhr immer weiter. Muss man gesehen haben!
Beginn mit Einbruch der Dunkelheit
Die Videoinstallation „Standard time“ wird am Freitag, 16. Dezember, um 19 Uhr vor dem Haus der Kortum-Gesellschaft (Bergstraße 68a) eröffnet. Reinhard Buskies gibt eine kleine Einführung.
Zu sehen ist der Film bis 12. Januar täglich ab Einbruch der Dunkelheit (ca. 17 Uhr) bis in die Morgenstunden – und er läuft tatsächlich synchron zur aktuellen Uhrzeit. „Wir sind wirklich mal gespannt, was wohl zu Silvester hier los ist“, meint Buskies. Bei Tageslicht können die Projektionen leider nicht gespielt werden.
„Standard Time“, so der Titel, ist der Auftakt zum neuen Videokunstprogramm, das der Kunstverein seit einigen Jahren im Schaufenster des Hauses der Kortum-Gesellschaft direkt gegenüber dem Kunstmuseum organisiert. Jeweils mit Beginn der Dunkelheit kann man hier Videos sehen, die schon manchen Passanten und Spaziergänger zum Staunen brachten.
Teils kuriose, teils witzige Videos
Kuriose, teils witzige, teils nachdenkliche Videos waren hier zu sehen. Eine besondere Popularität erlangte der Weiße Hai, der im Jahr 2020 seine Unterwasser-Runden durchs Schaufenster drehte. Die höchst originelle Videoarbeit von Christine Schulz begeisterte die Besucher gleich scharenweise. Im letzten Jahr waren es drei fliegende Astronauten, die scheinbar schwerelos (in Wahrheit aber an gut sichtbaren Seilen hängend) über die große Fensterfläche baumelten.
Die Idee entstand während der Corona-Zeit: Als die meisten Museen und Galerien schließen mussten, machte der umtriebige Kunstverein, der sonst im Haus Kemnade beheimatet ist, aus der Not eine Tugend: „Wir dachten uns: Wenn die Menschen schon nicht zur Kunst kommen können, dann kommt die Kunst eben zu den Menschen“, sagt der künstlerische Leiter Reinhard Buskies. Während auch in den Jahren davor schon vereinzelte Videos im Schaufenster der Kortum-Gesellschaft gezeigt wurde, wuchs die Aktion daraufhin zu einem richtigen Programm.
Kleine Ameise zieht tote Hummel
„Sequence #3“, so der Titel der Neuauflage, bietet bis Ende März vier spannende Arbeiten, die sich dem Thema Zeit und ihrer Vergänglichkeit widmen. So zeigt die Künstlerin Jana Eske ab 13. Januar 2023 in dem 40 Sekunden kurzen Video „Fracht“ eine kleine Ameise, die rückwärts eine tote Hummel hinter sich herzieht. „Weil ich dich nicht mehr liebe“ (ab 10. Februar 2023) blickt in 21 Minuten auf einen Wertstoffhof, auf dem sich Menschen von ihren liebsten Gegenständen verabschieden müssen. Motto: Alles hat seine Zeit.
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Der Auftakt „Standard time“ spielt mit dem Thema Zeit auf virtuose Weise. Wer selber etwas Zeit mitbringt, dem sei empfohlen, eine Weile vor der Videoarbeit zu verweilen. Denn nicht nur die überlebensgroße Uhr verändert sich ständig, auch drumherum ist einiges los.
Bauarbeiter im Rennen gegen die Zeit
Im Schatten des Berliner Fernsehturms, wo Mark Formanek das Video 2007 drehte, geschieht so manches: Da fahren Autos entlang, da macht ein Neugieriger ein paar Fotos, da erfreut sich ein Dixie-Klo fleißiger Benutzung. Und mittendrin geben die Bauarbeiter ordentlich Gas – im ewigen Rennen gegen die Zeit.
Formaneks populärste Arbeit gibt es übrigens auch als App und DVD. Synchronisiert mit dem Computer und dem Handy wird der Film dann selbst zur Uhr. Tick tack…