Bochum. Jedes Jahr werfen Bochumer einen riesigen Berg an Kunststoffverpackungen weg. Laut dem USB scheitert Recycling an mehreren Stellen.
Wer in Bochum verpackungsarm einkaufen möchte, hat es seit diesem Jahr noch schwerer: Der stadtweit einzige Unverpacktladen machte im Juli dicht. Dabei wiegt Bochums jährlicher Berg aus Plastik 14.000 Tonnen. (Zum Vergleich: Der Eiffelturm ist nur rund 10.000 Tonnen schwer.) Diese Menge an Verpackungsmüll werfen die Haushalte jedes Jahr in die Wertstofftonne des USB.
Umweltservice USB: Diesen Plastikberg wirft Bochum Jahr für Jahr weg
Pro Kopf fallen etwa 32 Kilogramm Plastikmüll an, bilanziert der Umweltservice Bochum, damit liegt die Stadt genau im NRW-Schnitt. Bundesweit hat sich die Menge der Kunststoffabfälle von 1991 bis 2019 verdoppelt, belegen Zahlen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung. Trotz steigenden Umweltbewusstseins fällt es Verbrauchern und Lebensmittelproduzierenden also schwer, auf Verpackungen und Kunststoffe im speziellen zu verzichten. (Lesen Sie hier: Mülltrennen in Bochum – diese Rolle kommt Kindern zu)
Der USB sammelt über die „RAU-Recycling am Umweltpark GmbH“ die Wertstofftonne/ Gelben Sack ein – und gibt das dann an die Verwerter der Dualen Systeme (beispielsweise dem Grünen Punkt) weiter.
„Grundsätzlich sollte man Kunststoffe nicht verteufeln. Wenn wir geschlossene Kreisläufe haben, ist das ein guter Stoff zum Recyceln“, unterstreicht USB-Sprecher Jörn Denhard. Wer beim Verpackungskauf statt nach recycelbaren Kunststoffen nach Glasgefäßen greife, würde einem Irrtum aufsitzen. Schließlich wird beim Transport und der Herstellung von Glasflaschen mehr Energie verbraucht, als bei einer Plastikverpackung.
Bochums Plastikberg
In dieser Serie stellen wir Kunststoff und die Problematik von Einweg-Verpackungen in den Mittelpunkt.
Wie viel Plastikmüll wird in Bochum weggeworfen? Welche Mehrweg-Alternativen bieten Supermärkte und Bäckereien an?
Wo finden sich noch Kunststoffe in unserer Umwelt? Wo wird plastikarme Mode angeboten? Wie viel Mikroplastik kann Bochums Klärwerk aus dem Abwasser herausfiltern?
Hersteller verkleben verschiedene Kunststoffe
Nichtsdestotrotz müssten auf der einen Seite (insbesondere Einmal-) Verpackungen reduziert und Mehrwegsysteme etabliert werden. Auf der anderen Seite müsse die Recyclingquote verbessert werden. Damit der Anteil an tatsächlich wiederverwertbaren Kunststoffverpackungen in der Wertstofftonne zunimmt, fehle es bei vielen Verbrauchern noch an Wissen zur Mülltrennung. Doch vor allem liege die Verantwortung auf der Seite der Produzenten, „die eigentlich wiederverwertbaren Plastikverpackungen so miteinander verkleben, dass sie sich letztlich doch nicht recyceln lassen“, erläutert Sarina Bühmann vom USB.
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Bühmann greift nach einer DM-Balea-Duschgel-Flasche und eine Müllermilch-Flasche, die vor ihr auf dem Tisch stehen. Die eigentliche Plastikflasche ist mit einer dünnen bedruckten Kunststofffolie überzogen. „Diese Ummantelung muss der Verbraucher vor dem Wegwerfen entfernen, ebenso den Deckel“, erklärt die USB-Mitarbeiterin. Andernfalls würde die eigentlich 100-Prozent-recycelbare Flasche in der Sortieranlage herausgefiltert und nicht wiederverwertet.
Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht, zeigt ein weiteres Beispiel Bühmanns. Ein Hersteller veganer Lebensmittel habe, um Plastik zu vermeiden, einen Teil einer Aufschnitt-Verpackung durch Papier ersetzt. „Doch die Verbraucher wissen nicht, dass sie nun das Papier- und das Kunststoffteil voneinander abreißen und getrennt entsorgen müssen.“ Des weiteren würden im Männer-Kosmetikbereich häufig schwarze Kunststoffe verwendet, die der Laser in der Müll-Sortieranlage ohnehin nicht erkenne.
„Frustrierend, dass es den Verbrauchern so schwer gemacht wird“
Nur sehr wenige Bürgerinnen und Bürger wüssten von diesen Fallstricken beim Mülltrennen. „Es ist so frustrierend, dass es den Verbrauchern so schwer gemacht wird“, ärgert sich Bühmann. Sie habe kein Verständnis dafür, dass in vielen Unternehmen offenbar die Marketing-Abteilung über die Produktverpackung entscheidet, nicht aber die Zuständigen für Nachhaltigkeit. „Es müsste beim Verpackungsdesign Vorgaben geben, dass die Verpackung aus einer Kunststoffart besteht und als Ganzes verwertbar ist.“
Immerhin kann USB-Sprecher Denhard auch einen positiven Trend bei der Plastik-Sammelmenge erkennen: „In den Pandemiejahren lag die Menge etwas höher. Momentan geht sie deutlich zurück, was vom allgemein zurückhaltendem Konsumverhalten herrührt.“ Wie hoch Bochums Plastikberg weiter anwächst, wenn die derzeitige Krise zu Ende geht und sich die Kauflust erholt, bleibt abzuwarten.
Das rät der USB Verbraucherinnen und Verbrauchern:
- Um Verpackungsmüll zu sparen, sei es sinnvoll, sich Routinen zu schaffen: Wer beispielsweise Stoffbeutel, Obstnetze, Wachstücher oder Dosen für Aufschnitt in das Auto oder den Fahrradkorb legt, hat bei jedem Einkauf seine Mehrfachverpackungen dabei.
- Kunststoffteile sollten auseinandergenommen werden: Jede Folie, Ummantelung, Banderole und jeder Deckel sollte einzeln weggeworfen werden.
- Der Abfall sollte möglichst einzeln und nicht gestaucht weggeworfen werden. Beispielsweise sollten Joghurtbecher nicht ineinandergestellt in die Mehrwegtonne. „Locker geschüttelt“ solle der Gelbe Sack sein.
- Essenziell ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher grundsätzlich Kunststoff- von Restmüll trennen. Wenn Plastik im Restmüll landet, sei die Verschmutzung so groß, dass der Kunststoff einfach verbrannt wird.